Die Verbände-Plattform zur Gemeinsam Agrarpolitik der EU (GAP), in der Organisationen aus Landwirtschaft, Umwelt-, Natur-, Klima-, Verbraucher- und Tierschutz sowie der Entwicklungszusammenarbeit kooperieren, hat zum Beginn der neuen EU-Legislaturperiode in Brüssel ihre Ziele, Forderungen und Vorschläge für die kommende GAP-Reform zur Diskussion gestellt.
Die Stellungnahme mit dem Titel „ZUKUNFT GESTALTEN“ (DE/EN) sieht im Kern vor, dass mit Beginn der kommenden Förderperiode alle Fördermittel der GAP für eine einkommenswirksame Honorierung klar definierter Leistungen der Bäuerinnen und Bauern in den Bereichen Umwelt-, Natur-, Klima-, und Tierschutz eingesetzt werden. Bei der Mittelvergabe müssen außerdem stets wirtschaftliche und soziale Kriterien berücksichtigt werden. Zur Vereinfachung der GAP schlagen die Verbände vor, die bisherigen Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) sowie die Öko-Regelungen auf Antragsebene zusammenzuführen und kohärent aufeinander abzustimmen. Für die Förderung von Junglandwirt:innen muss aus Sicht der Plattform zukünftig obligatorisch eine konzeptbasierte, nicht flächengebundenen Existenzgründungsprämie angeboten werden. Die Verbände halten es zudem weiterhin für dringend notwendig, dass alle Betriebe, die Agrar-Förderung erhalten, schlanke aber effiziente Basisvorgaben im Bereich der Fruchtfolgegestaltung, des Dauergrünlanderhalts, der Bereitstellung von nicht produktiven Flächen sowie zum Schutz von Feuchtgebieten einhalten. Eine hohe Bedeutung misst die Plattform der Organisation der Agrarmärkte (GMO) bei. Mit einem Bündel an Maßnahmen sollen Bäuerinnen und Bauern zukünftig in die Lage versetzt werden, die Agrarmärkte im Gleichgewicht zu halten und dadurch gewinnbringende Preise zu erzielen.
Ihre Ziele, Forderungen und Vorschläge stellte die Verbände-Plattform im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung in Brüssel vor, an der u.a. die Staatssekretärin des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Silvia Bender, die Europaabgeordnete Maria Noichl, Michael Pielke von der Europäischen Kommission und Kilian Delbrück vom Bundesumweltministerium (BMUV) teilnahmen. Die Verbände-Plattform wurde auf dem Podium vom Vorsitzenden des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Olaf Bandt und dem Sprecher für Agrarpolitik und Milchviehhalter der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Ottmar Ilchmann, vertreten.
Olaf Bandt betonte auf der Veranstaltung: „Auch in der laufenden Förderperiode ist es bislang nicht gelungen, die GAP zum Motor für den notwendigen Umbau der Landwirtschaft zu machen. Spätestens ab 2028 muss sich dies ändern. Alle GAP-Fördermittel müssen für eine einkommenswirksame Honorierung von klar definierten Umwelt-, Natur-, Klima-, und Tierschutzleistungen eingesetzt werden. Nur so kann die Wirksamkeit der Agrarpolitik in diesen Bereichen so erhöht werden, wie es notwendig ist. Das Umsteuern in der GAP muss auch passieren, weil sich die umfangreichen öffentlichen Ausgaben für die Landwirtschaft in der Zukunft ansonsten nicht mehr begründen lassen.“
Ottmar Ilchmann ergänzte: „Vollständig qualifizierte Direktzahlungen werden in der landwirtschaftlichen Praxis nur dann auf eine breite Akzeptanz stoßen, wenn Sie auf gewinnbringende Erzeugerpreise aufbauen. Bauern wollen nicht von Subventionen abhängig sein, sondern wollen von der Erzeugung ihrer Produkte leben können. Aktuell machen die Agrarprämien für viele Betriebe aber einen umfangreichen Anteil ihres Einkommens aus. Es ist daher unverzichtbar, dass die Transformation der Agrarprämien mit einer Reform der Europäischen Marktordnung verknüpft ist, die landwirtschaftliche Betriebe endlich in die Lage versetzt, mit Molkereien, Schlachthöfen und Mühlen auf Augenhöhe zu verhandeln. Die gestrigen Vorschläge der Europäischen Kommission zur Weiterentwicklung der Europäischen Marktordung und der Vorschlag des BMEL zur Umsetzung des Artikel 148 sind hierfür richtige und wichtige erste Schritte, denen rasch weitere folgen müssen.“
Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) setzt den Rahmen für die Landwirtschafts- und Umweltpolitik in allen europäischen Mitgliedstaaten. Kein Politikfeld verfügt über mehr Budget, keines ist bedeutsamer für die Gestaltung der Agrarmärkte. Mit den anstehenden Entscheidungen zur Ausgestaltung des nächsten EU-Haushalts bis 2034 (MFR) und der GAP nach 2027 werden somit die Weichen für die Zukunft gestellt. In der laufenden Förderperiode der GAP von 2021 bis 2027 wird sie rund 385 Mrd. Euro an Agrargeldern verausgaben. Diese Summe entspricht ca. einem Drittel des EU-Haushaltes. Für viele Bäuerinnen und Bauern machen die Fördermittel der GAP zwischen 30 und 60 Prozent Ihrer Einkünfte aus. Die GAP ist zudem das am weitesten vergemeinschaftete Politikfeld der EU.
„Mit diesem Papier rufen die zeichnenden Verbände die politisch Verantwortlichen zu einem grundlegenden Strategie- und Politikwechsel in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union und deren Umsetzung in Deutschland auf. Sowohl der grundsätzliche Ausstieg aus den weitestgehend pauschalen Direktzahlungen als auch die vollständige Qualifizierung der Zahlungen für die Honorierung konkreter Leistungen im Sinne des Gemeinwohls sind bereits im Abschlussbericht (2021) der Zukunftskommission Landwirtschaft ( ZKL ) Konsens.“ So steht es im Vorwort der Stellungnahme.
Die zeichnenden Verbände sind: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. (AbL), Biokreis e.V., Bioland e.V., Bischöfliches Hilfswerk Misereor e. V., Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), BUND Naturschutz in Bayern e.V., Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW), Bundesverband Beruflicher Naturschutz e.V. (BBN), Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. (BDM), Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e.V., Bündnis Junge Landwirtschaft e.V. (BJL), Demeter e.V., Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH), Deutscher Berufs und Erwerbs Imker Bund e.V. (DBIB), Deutscher Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF) e.V., Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR), Deutscher Tierschutzbund e.V., Deutscher Verband für Landschaftspflege (DVL) e.V., Die Freien Bäcker - Zeit für Verantwortung e.V., EuroNatur - Stiftung Europäisches Naturerbe, Germanwatch e.V., Greenpeace e.V., Michael Succow Stiftung , Partner im Greifswald Moor Centrum, NaturFreunde Deutschlands, Naturland - Verband für ökologischen Landbau e.V., Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU), Netzwerk Solidarische Landwirtschaft e.V., NEULAND e.V., PROVIEH e.V., Renate Benthlin – Stiftung für Nutztierschutz, Schweisfurth Stiftung, Slow Food Deutschland e.V., Verband Deutscher Naturparke e. V. (VDN), Weidewelt e.V., WWF Deutschland, Zukunftsstiftung Landwirtschaft