Der Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI) des Europäischen Parlaments hat Veronika Vrecionová aus der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), die im - infolge der Europawahlen stark angewachsenen - rechten bis rechtsextremen Spektrum des EU-Parlaments angesiedelt ist, zur Ausschussvorsitzenden gewählt. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) fordert mit Blick auf diese Personalentscheidung, dass es „stets eine klare Abgrenzung gegenüber rechtsextremen Positionen geben wird“ und sieht darüber hinaus gewaltige soziale und ökologische Herausforderungen für den Ausschuss und das EU-Parlament.
Veronika Vrecionová hat den Vorsitz von Norbert Lins (CDU, die der Fraktion der Europäischen Volkspartei EVP angehört) übernommen, der zum zweiten, von drei, stellvertretenden Vorsitzenden gewählt wurde. Vrecionová gehört in Tschechien der mitregierenden Partei ODS an (Občanská demokratická strana; Bürgerdemokraten), regiert dort unter anderem auch mit den Christdemokraten zusammen, hat sich im EU-Parlament jedoch der EKR-Fraktion angeschlossen, der unter anderem auch die polnische Pis-Partei und die italienische „postfaschistische“ Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) angehören.
Nach ihrer Wahl sagte Vrecionová: „Ich werde hart daran arbeiten, die Bedingungen für Familienbauern und kleine und mittlere Landwirte zu verbessern. Wir müssen ihnen zuhören, wir müssen die Bürokratie massiv abbauen und die gesamte Gemeinsame Agrarpolitik muss die Tatsache widerspiegeln, dass wir den Beitrittsdialog mit der Ukraine begonnen haben. Persönlich werde ich mich auf den Tierschutz konzentrieren.“
In einem Interview in tschechischen Medien angesprochen auf den möglichen EU-Beitritt der Ukraine erklärt Vrecionová, dass der Beitritt der Ukraine zur Union sicherlich keine schnelle Lösung sein werde, jedoch dringend über eine obligatorische Deckelung der Agrarsubventionen gesprochen werden müsse, ohne die sie sich das nicht vorstellen könne. Die Kappung der Subventionen sei der Schlüssel. Da sieht sie auch in Tschechien Nachholbedarf. Die größten Betriebe würden den größten Teil der Subventionen auffressen, aber es sei wünschenswert, dass das Geld auch bei den kleineren Landwirten ankomme.
AbL: Ankündigungen müssen Taten folgen
Anlässlich der konstituierenden Sitzung des Agrarausschusses im Europäischen Parlament (EP), bei der Veronica Vrecionová von der konservativ-nationalistischen Fraktion EKR als neue Vorsitzende gewählt wurde, betont die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) die Wichtigkeit dieses Ausschusses für die Zukunft der Bäuerinnen und Bauern in Europa und fordert nachdrücklich, dass es „stets eine klare Abgrenzung gegenüber rechtsextremen Positionen geben wird.“
Darüber hinaus sieht die AbL das Parlament und den Ausschuss vor gewaltigen sozialen und ökologischen Herausforderungen. „Angesichts eines voraussichtlich auch zukünftig knappen EU-Agrar-Budgets muss die EU für faire Lebensmittel-Märkte sorgen, damit die Fördergelder voll zur Entlohnung unserer Leistungen für eine intakte Umwelt und mehr Tierwohl eingesetzt werden können. Spätestens die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) nach 2027 muss entsprechend weiterentwickelt werden“, erklärt Martin Schulz, Bundesvorsitzender der AbL.
Den Ankündigungen der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen können und müssen nach Ansicht der AbL jetzt Taten folgen. „Als nächste kurzfristige Schritte sind in der Richtlinie für Unfaire Handelspraktiken (UTP) das Kaufverbot unter Produktionskosten und in der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) der GAP die Vertragspflicht für Milchbäuerinnen und -bauern verpflichtend für alle Mitgliedsstaaten einzuführen“, so Schulz.
Die AbL fordert das neue EP darüber hinaus auf, bestehende gentechnikfreie Qualitätsmärkte nicht zu zerstören. „Das neue EP hat die Chance sich jetzt dafür einzusetzen, dass auch neue Gentechniken strikt reguliert bleiben und so die gentechnikfreie ökologische und konventionelle Lebensmittelerzeugung sowie das EU-Vorsorgeprinzip zu sichern“, äußert der AbL-Vorsitzende abschließend.
Bereits vor der Wahl hatte die AbL die aus Landwirtschaftsperspektive anstehenden Maßnahmen zur neuen EU-Legislaturperiode in einem Forderungspapier veröffentlicht.