Landwirtschaftliche Verbände drängen auf Umsetzung der ZKL-Empfehlungen

Landwirtschaftliche Mitgliedsorganisationen der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) wie die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM), der Bauernverband (DBV) und auch der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) fordern übereinstimmend eine Umsetzung der Ergebnisse der ZKL-Arbeit, setzen jedoch unterschiedliche Akzente bei der Betrachtung der konkreten Ergebnisse der ZKL.

„Es ist gut, dass wir uns nun endlich in der ZKL geeinigt haben“, erklärt Xenia Brand, Bundegeschäftsführerin der AbL und ZKL-Mitglied. Dabei sind für die AbL die Empfehlungen von 2021 nach wie vor vollumfänglich gültig. „Mit dem vorliegenden Papier werden diese nun konkretisiert. Die Debatten waren alles andere als leicht. Geeint hat uns der Wille, in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft, uns auf agrarpolitische Empfehlungen zu einigen, was wir letztendlich geschafft haben. Die Ergebnisse dürfen nicht erneut liegen gelassen und müssen nun umgesetzt werden. Ich fordere die jetzige und kommende Bundesregierung auf, mutig ihre Agrarpolitik an den Leitlinien aus den Empfehlungen von 2021 sowie dem aktuellen Bericht zu orientieren. Denn Zukunft braucht Höfe“, so Brand.

Zu den konkreten Empfehlungen kommentiert Xenia Brand: „Gut ist, dass wir uns erneut auf einen vollständigen Umbau der GAP-Zahlungen hin zu einkommenswirksamer Finanzierung von Umweltleistungen der Bäuerinnen und Bauern verständigt haben. Diesen Pfad gilt es nun konsequent umzusetzen, damit die Bäuerinnen und Bauern endlich ihre Gemeinwohlleistungen entlohnt bekommen.“

Nicht kostendeckende Preise sind für Brand ein Dauerthema in der Landwirtschaft und ein Grund, warum so viele Höfe schließen. „Daher habe ich mich in der ZKL für eine bessere Stellung der Bäuerinnen und Bauern in der Wertschöpfungskette eingesetzt. Geeinigt haben wir uns auf das Umsetzen von Verträgen zwischen den Landwirt:innen und der abnehmenden Hand vor der Lieferung sowie weitere Maßnahmen. Die Bemühungen der aktuellen Bundesregierung dazu wurden allerdings von anderen Interessensvertretern verhindert.“

Dringend geboten ist für die AbL auch eine verlässliche Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung – „sonst werden die Bäuerinnen und Bauern nicht in neue Ställe und aufwändigere Haltungssysteme investieren können. Viel zu lange fordern die Bäuerinnen und Bauern zu Recht schon Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Die kommende Bundesregierung muss die Anhebung der Mehrwertsteuer als geeignetstes Instrument für diese Finanzierung umsetzen“, erklärt Brand mit Verweis auf eine entsprechende Empfehlung in dem ZKL-Papier.

Und auf eine weitere Empfehlung weist sie hin: „Wir brauchen mehr junge Menschen in der Landwirtschaft. Daher ist die Empfehlung, Existenzgründer:innen und Betriebe ohne oder mit wenig Eigenland den Zugang zu Land über einen Freibetrag der Grunderwerbsteuer zu erleichtern, richtig und wichtig. In einem von der AbL beauftragten Gutachten haben Expert:innen im Boden- und Steuerrecht erst kürzlich Vorschläge zur Ausgestaltung erarbeitet und die potenziellen Steuerverluste dieser Maßnahme ermittelt. Das Ergebnis: die Kosten einer Freibetragsregelung in der Landwirtschaft wären vernachlässigbar gering.“

BDM: wichtiger Aspekt Gemeinsame Marktorganisation

„Ein sehr wichtiger Aspekt“ in den Empfehlungen der ZKL-Kommission ist für den BDM „ein eigenes Kapitel für eine „Zukunftsorientierte Gemeinsame Marktorganisation (GMO). Dieses trägt unseren Überlegungen Rechnung, dass die Agrarmarktpolitik zukünftig viel stärker darauf ausgerichtet werden muss, den Betrieben durch eine deutliche Anhebung des Preisniveaus für die von uns erzeugten Agrarprodukte wirtschaftliche Perspektiven zu schaffen. Mehr Wertschöpfung für den Sektor Landwirtschaft über den Markt – das ist ein wichtiger Punkt“, hebt Hans Foldenauer, ZKL-Mitglied und Sprecher des BDM, hervor.

„Nach kontroversen Debatten, ob überhaupt die Notwendigkeit besteht, die GMO trotz mehrfacher Anpassungen in den letzten 10 Jahren erneut anzupacken, ist es gelungen, das Beharren von Vertretern der Agrarwirtschaft aufzubrechen, die es beim Status Quo belassen wollten. In der abschließenden Verhandlungsrunde verständigte man sich auf folgenden für uns wichtigen Abschlusstext: „Um auf schwere Marktkrisen in Zukunft besser vorbereitet zu sein, ist das bestehende EU-Sicherheitsnetz für Agrarmärkte auf deren Wirksamkeit zu prüfen und sollten neue innovative Maßnahmen entwickelt werden. Weiterhin sind innovative Instrumente zu entwickeln, mit denen die Marktstellung der landwirtschaftlichen Erzeuger:innen gestärkt werden kann.“ Weiter heißt es, dass die Entwicklung und mögliche Umsetzung von neuen Mechanismen und Instrumenten zur Stabilisierung der Märkte und Unterstützung der Erzeuger mit allen Beteiligten der jeweils betroffenen Wertschöpfungskette abgestimmt werden sollte.

Ein weiterer für den BDM wichtiger Aspekt ist die Vereinbarung, dass der im Rahmen der bestehenden GMO schon geschaffene Rahmen zur Unterstützung der landwirtschaftlichen Erzeuger zielgerichtet zu nutzen ist“, fasst Foldenauer zusammen. „In diesem Zusammenhang wird auch erwähnt, dass verbindliche Lieferverträge mit konkreten Angaben über Menge, Qualität, Preis und Laufzeit des Vertrages national umgesetzt werden sollten.“

„Ohne die sehr große Unterstützung der von LsV, AbL, BÖLW entsandten ZKL-Mitglieder sowie auch der eindeutigen Positionierung der Umwelt- und Naturschutzverbände wäre dieses für die Erzeugerinnen und Erzeuger elementare Kapitel 4 nicht in die strategischen Leitlinien und Empfehlungen einzubringen gewesen. Dafür gebührt ihnen ein besonderer Dank“, erklärt Hans Foldenauer.

„Es hat sich einmal mehr gezeigt, wie wichtig eine Verständigung und auch Zusammenarbeit über Verbandsgrenzen und auch über den reinen Agrarsektor hinweg ist, wenn wir eine Agrarpolitik wollen, die uns unabhängig macht von Basis- und Grundprämien wie auch von den Interessen der Verarbeitungs- und Ernährungsindustrie“, zeigt sich BDM-Bundesvorsitzender Karsten Hansen überzeugt.

„Dass es trotz aller Diskussionen gelungen ist, einen breiten Konsens für notwendige, konkrete Veränderungsschritte hin zu einer zukunftsorientierten Landwirtschaft zu finden, wie von der Politik nach den Bauernprotesten eingefordert, bindet diese nun umso mehr, diese Schritte auch wirklich anzugehen und umzusetzen. Das gilt ausdrücklich für alle Parteien unabhängig von ihrer Regierungsbeteiligung für die nahe Zukunft! Wer sich glaubwürdig für die Interessen der Landwirtschaft einsetzen will, muss diesen Konsens aktiv aufgreifen“, fordert Karsten Hansen nachdrücklich.

DBV betont Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe

DBV-Vizepräsident und ZKL-Mitglied Dr. Holger Hennies zeigt sich erleichtert, dass – trotz erheblicher Kontroversen kurz vor dem Abschluss der ZKL – doch noch eine Einigung im Sinne der Landwirtschaft und der Umwelt gefunden wurde: „Es liegt jetzt in den Händen der nächsten Bundesregierung, die Empfehlungen der ZKL aufzugreifen und aus den Ergebnissen Lösungen für eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft zu finden“, so Hennies.

Folgende Punkte und Empfehlungen sind aus Sicht des DBV wichtige Ergebnisse, um die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe zukünftig zu stärken:

  • Wichtige Klarstellung: „Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Resilienz des Agrar- und Ernährungssektors sind gleichberechtigte Kernaufgaben der künftigen Agrarpolitik.“
  • Forderung nach Regulierungsabbau: „In der Landwirtschaft und im Gartenbau ist inzwischen eine Regelungsdichte erreicht, die landwirtschaftliche Betriebe und Behörden überfordert.“
  • Kooperation als grundsätzliches Prinzip für Naturschutz, Anreizsysteme und Fördermaßnahmen anstelle pauschaler rechtlicher Vorgaben.
  • Verpflichtender Ausgleichsanspruch für Naturschutzauflagen oberhalb der Anforderungen der guten fachlichen Praxis.
  • Deutliche Verschlankung der Düngeregelungen und Entlastungen für Betriebe in den Roten Gebieten.
  • Gemeinsame Agrarpolitik im Sinne der Betriebe weiterentwickeln, vollständiger Abbau der Konditionalität.
  • Einzelbetriebliches Risikomanagement durch Risikorücklage stärken.
  • Agrardiesel auf europäischem Niveau besteuern.
  • Perspektiven für erneuerbare Kraftstoffe in der Landwirtschaft schaffen.
  • Umbau der Tierhaltung weiterentwickeln und substanziell finanzieren.
  • Baurecht und Immissionsrecht effizienter und einfacher gestalten.
  • Von Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft gemeinsam entwickelte Standards zukünftig stärker nutzen und nicht durch staatliches Handeln konterkarieren.

BÖLW: Umbau endlich anpacken

Die BÖLW- Vorstandsvorsitzende Tina Andres begrüßt, dass die Beratungen der „neuen" ZKL den Abschlussbericht der „alten" ZKL vom Herbst 2021 bestärken. „Jener drängt auf die Notwendigkeit eines grundlegenden Umbaus des Agrar- und Ernährungssystem. Die Ernährungswirtschaft und Politik stehen in der Pflicht, diesen Umbau endlich zu umsetzen“, so Andres, die froh ist, „dass die ZKL die Notwendigkeit bekräftigt hat, den Einsatz umweltgefährdender Pestizide zu mindern. Richtig ist auch, dass wir die Tierhaltung umbauen müssen – nicht allein wegen des unermesslichen Leids der Tiere, sondern auch, um der Überlastung der Böden und Gewässer durch Gülle-Einträge vorzubeugen. Wir begrüßen, dass sich alle ZKL-Mitglieder dafür einsetzen, dass die Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf tierische Produkte erfolgen soll. Eine darauf gegründete sichere Finanzierung gibt den umbauwilligen Tierhaltern Perspektive und trägt dazu bei, dass die Preise in Richtung der wahren Kosten der Tierhaltung gehen. Wichtig ist, dass besonders tiergerechte Haltungsformen wie Bio unterm Strich günstiger und nicht teurer werden."

Richtig ist nach Ansicht von Andres auch, dass die Mitglieder der ZKL die Zahlungen von Agrargeldern stärker an ökologische Leistungen der Höfe koppeln und die sogenannten Direktzahlungen abschaffen wollen. „Wir als Bio-Branche stehen für konsequente Nachhaltigkeit, Artenschutz und Tierwohl und hätten uns dementsprechend gewünscht, dass die ZKL deutlich wirksamere Veränderungen unterstützt. Mehr als 50.000 Unternehmen allein in Deutschland zeigen vorbildlich, dass und wie dieser Umbau gelingen kann. Eine ökologische Ernährungswirtschaft ist keine Frage der Haltung, sondern des Überlebens!"