AbL fordert: Umbau der Nutztierhaltung realistisch, verlässlich und planungssicher für Höfe gestalten

Der „Umbau der Nutztierhaltung“ ist das Thema der Sonder-Agrarministerkonferenz am kommenden Freitag, dem 5. Mai. Im Vorfeld der Konferenz fordert die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) von den Landesagrarministerinnen und -ministern trotz „guter Ansätze“ deutliche Änderungen an den bisher von der Bundesregierung vorgelegten Plänen zum Umbau. Deutliche Kritik an den bisherigen Plänen aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium übt Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD). Tierschutzorganisationen fordern von der Sonder-AMK insbesondere dem Gesetzentwurf für eine Tierhaltungskennzeichnung nicht zuzustimmen.

Mit Blick auf die bevorstehende Sonder-AMK erklärt der AbL-Vorsitzende Martin Schulz: „Die Agrarministerinnen und -minister sind jetzt am Zug. Die bisherigen Vorlagen der Ampelregierung zum Umbau der Tierhaltung beinhalten bereits gute Ansätze. Es fehlt aber ein verlässlicher Rahmen für die Tierhaltung. Schon seit Jahren fragen sich besonders sauenhaltende Betriebe, wie sie sich zukunftsfähig aufstellen können. Wenn sie jetzt umfangreiche bauliche Veränderungen vornehmen, wissen sie nicht, ob es in wenigen Jahren noch regelkonform ist, oder ob sie erneut kostenintensiv umbauen müssen. Wie und wofür es dabei Förderung geben wird, ist außerdem noch zu unklar, als können.“ Die aktuellen Gesetzesentwürfe und der vorliegende Entwurf des Bundesprogramms gehen nach Ansicht der AbL nach wie vor an der Realität auf den landwirtschaftlichen Betrieben vorbei. Statt die Höfe tierwohlgerecht umzubauen, werde häufig ein Neubau erforderlich sein. Nur selten sei es jedoch vom Betriebsablauf und finanziell auf den Höfen leistbar, auf der grünen Wiese komplett neu zu bauen.
„Die AbL fordert die Agrarministerinnen und -minister auf, sich für deutliche Änderungen stark zu machen. Konkret heißt das, dass die Gesetzesentwürfe zur Tierhaltungskennzeichnung und zum Ordnungsrecht rasch nachgebessert werden und in diesem Zuge auch die Sauenhaltung mitaufgenommen werden muss. Auf diesen Betrieben sind die anzugehenden Veränderungen am gravierendsten“, so Schulz. Gleichzeitig bleibe es Verbrauchertäuschung, wenn das halbe Schweineleben in der Tierhaltungskennzeichnung nicht auftaucht.
„Alle schweinehaltenden Betriebe brauchen hinsichtlich der Tierwohlkriterien mehr Praxisnähe, Verlässlichkeit und Klarheit. Für die Förderung, für die es in den Entwürfen des Bundesprogramms Vorschläge gibt, muss dringend Planungssicherheit geschaffen werden. Das heißt, es braucht langfristige Verträge. Die Borchert-Kommission hat 20 Jahre vorgeschlagen, davon ist der derzeitige Entwurf meilenweit entfernt“, erklärt der AbL-Vorsitzende. Das im Entwurf des Bundesprogramms betriebliche Förderobergrenzen eingeführt werden sollen und damit bäuerliche und kleiner strukturierte Betriebe gestärkt werden, begrüßt die AbL und sie fordert die Agrarminister:innen auf, das zu unterstützen. Ebenso muss ein Umgang mit Auslandsware und Downgrading gefunden werden. Zudem bräuchte es ein gezieltes Beratungsprogramm, damit die Betriebe mit einem so grundlegenden Umbau vor Ort nicht alleine gelassen werden. Außerdem fordert die AbL die Agrarminister:innen auf, sich für einen marktpolitischen Rahmen einzusetzen, damit Erzeuger:innen am Markt teilnehmen und faire Preise erwirtschaften können."

Backhaus: BMEL bürdet Risiko für Baumaßnahmen dem Landwirt auf

Deutliche Kritik am politischen Kurs des Bundeslandwirtschaftsministeriums und der Bundesregierung hat Landwirtschaftsminister Till Backhaus auf der jährlichen Generalversammlung des Milchkontroll- und Rinderzuchtverbandes in der Viehhalle in Güstrow/Mecklenburg-Vorpommern geübt.

„Tierhaltung gehört zwingend zur Landwirtschaft dazu – und das flächendeckend in ganz Mecklenburg-Vorpommern. Und sie muss wettbewerbsfähig betrieben werden können. Wir alle wollen einen Wandel in der Tierhaltung hin zu mehr Klimaschutz und weniger Emissionen. Allerdings werden die erheblichen Umbaumaßnahmen nur zustande kommen, wenn der Staat umstellungswillige Landwirte auf diesem Weg unterstützt und Planungssicherheit bietet“, so Backhaus.

Dies sei mit den gerade vorgelegten Richtlinienentwürfen der Bundesregierung zum Umbau der Tierhaltung nicht der Fall. „Im Gegenteil: Sie befeuern die Entwicklung, dass die Tierhaltung mehr und mehr aus Deutschland verschwindet. Mecklenburg-Vorpommern ist schon jetzt die viehärmste Region Deutschlands und verliert weiter massiv im Bereich Tierhaltung. Viele Tierhalter haben bisher auf die Zusagen der Bundesregierung vertraut, die Kosten sowohl für den Umbau von Ställen als auch die höheren Produktionskosten finanziell zu unterstützen. Die Gesetzesentwürfe des BMEL bieten den Landwirten jedoch keinerlei Verlässlichkeit oder Garantien, sondern bürdet das komplette Risiko für die Baumaßnahmen komplett dem Landwirt auf“, erklärt der Minister.

Auch „die unausgereifte Tierhaltungskennzeichnung des BMEL“, die zunächst für Schweinefleisch gelten soll, benachteilige deutsche Nutztierhalter im europäischen Wettbewerb, da sie Auflagen erfüllen müssen, die für die Nachbarstaaten so nicht gelten. Die Bundesregierung nehme damit sehenden Auges in Kauf, dass Ware, die nicht nach den deutschen Standards erzeugt wurde, auf den deutschen Markt schwemmt.

Tierschutzbund: Entwurf birgt Risiko, dass tierschutzwidrige Haltungssysteme zementiert werden

Mehrere Tierschutzorganisationen fordern in einem Brief von den Agrarministerinnen und -ministern der Länder den Einsatz für eine nachhaltige, zukunftsfeste und tiergerechte Transformation der Landwirtschaft. Von zentraler Bedeutung ist ihrer Ansicht nach dabei der Entwurf für ein Tierhaltungskennzeichnungsgesetz, an dessen Umsetzung die Länder maßgeblich beteiligt sein werden und der immer noch viele Mängel enthalte.

„Der Gesetzentwurf für eine Tierhaltungskennzeichnung in seiner jetzigen Form wird nicht dazu beitragen, die Nutztierhaltung in Deutschland artgerecht umzubauen, wie es die Ampel-Regierung in ihrem Koalitionsvertrag versprochen hat. Der Entwurf birgt sogar das Risiko, dass tierschutzwidrige Haltungssysteme zementiert werden und eine Entwicklung hin zu einem Mehr an Tierschutz blockiert wird", kritisiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.

Da die Bundesländer unter anderem für die Kontrolle der Umsetzung des Gesetzes zuständig sein werden, richtet der Deutsche Tierschutzbund im Schulterschluss mit vier anderen Tierschutzorganisationen seinen Appell an die zuständigen Agrarministerinnen und -minister: Diese werden aufgerufen, den Gesetzentwurf in der derzeitigen Form nicht zu unterstützen. Stattdessen sollen sie die Bundesregierung auffordern, den Entwurf den Regierungsfraktionen erneut zur Beratung zu stellen, um einen tiefgreifenden Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung, wie ihn auch die Gesellschaft erwartet, anzustoßen.

Folgende Tierschutzorganisationen haben den Brief des Deutschen Tierschutzbundes mitgezeichnet: Bundesverband Tierschutz e.V., Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V. und Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V.

 

 

03.05.2023
Von: FebL/PM

Die Gesetzesentwürfe zur Tierhaltungskennzeichnung und zum Ordnungsrecht müssen rasch nachgebessert werden und in diesem Zuge auch die Sauenhaltung mitaufgenommen werden. Foto: FebL