Anlässlich des heute beginnenden Bauerntages des Deutschen Bauernverbandes in Münster unter dem Motto „Perspektiven schaffen – Zukunft bauen“ benennt die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) die notwendigen agrarpolitischen Weichenstellungen, um Perspektiven und eine Zukunft für die landwirtschaftlichen Betriebe zu erreichen, und grenzt sich dabei beispielsweise in Fragen der Gentechnik auch eindeutig von Positionen des DBV ab. Die Botschaft: Qualitätslandwirtschaft stärken statt industrielle Agrarstrukturen.
Die Bundesregierung und vor allem Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir sind gefordert, dem starken Strukturwandel und dem Höfesterben in der Landwirtschaft etwas entgegenzusetzen. Es gilt jetzt, die regionale Wertschöpfung im ländlichen Raum zu stärken und den gesellschaftlichen wie auch ökonomischen Mehrwert von Bauernhöfen mit Qualitätserzeugung von Lebensmitteln und Arbeitsplätzen vor Ort nicht aufzugeben. Den Wettbewerbsvorteil der gentechnikfreien Lebensmittelerzeugung gilt es zu sichern.
Dazu erklärt der AbL-Vorsitzende Martin Schulz: „In der Schweinehaltung haben innerhalb eines Jahres 10,8 Prozent der Betriebe aufgehört. In der Milchviehhaltung sind die Zahlen ebenfalls dramatisch. In nur einem halben Jahr haben 1.221 Höfe aufgegeben. So darf es nicht weitergehen. Die jahrzehntelange Exportorientierung im Interesse der Agrarindustrie hat die tierhaltenden Betriebe in die jetzige Lage gebracht. Dauerhafte Kostenunterdeckung auf den Höfen hat sie in die Intensivierung getrieben. Trotzdem sind häufig genug die Wertschöpfung aber eben auch Klimaschutz und Tierwohl auf der Strecke geblieben. Damit ist die Landwirtschaft in die Kritik breiter Teile der Gesellschaft geraten. Der Umbau zu einer gesellschaftlich akzeptierten Tierhaltung kann und muss bäuerliche Betriebe stärken. Bäuerinnen und Bauern können Klimaschutz und Tierwohl, aber nicht unter Kostensenkungsdruck. Wenn jetzt nicht endlich die Weichen für eine langfristige und verbindliche Förderung gestellt werden, bleiben agrarindustrielle Strukturen übrig und mit ihnen entleerte ländliche Räume. Es braucht marktpolitische Maßnahmen, damit Erzeuger:innen auf Augenhöhe verhandeln können und der Kauf von Lebensmitteln unter Produktionskosten verhindert wird.“
Und mit Blick auf die Gentechnik führt Elisabeth Waizenegger vom Bundesvorstand der AbL weiter aus:
„Für uns Bäuer:innen ist klar, mit den neuen Gentechniken werden wir weder die Klima- noch die Hungerkrise lösen. Das sind rein hypothetische Industrieversprechen, denen wir nicht auf den Leim gehen werden. Wir werden für das Recht auf gentechnikfreie Lebensmittelerzeugung eintreten, vom Saatgut bis zum Teller, konventionell und ökologisch. Den Wettbewerbsvorteil der gentechnikfreien Lebensmittelerzeugung lassen wir uns nicht nehmen. Nur so wird es Wahlfreiheit geben – für alle. Dafür brauchen wir Schutzmaßnahmen, Kontrollmöglichkeiten und klare Haftungsregelungen. Die Politik, die Gesellschaft und wir Bäuer:innen sind gefordert, sich dafür stark zu machen.“
Bereits im Vorfeld des Bauerntages hatte der DBV-Präsident Joachim Rukwied im Agra Europe-Interview zu den geleakten Plänen der EU-Kommission zur Deregulierung des Gentechnikrechts erklärt, dass sie in die richtige Richtung gehen, längst überfällig seien und der Zugang zu neuen Züchtungsmethoden wie CRISPR/Cas erforderlich sei. Zur Begründung nannte er so Pflanzenschutzmittel einsparen und die mit dem Klimawandel einhergehenden Anbaurisiken reduzieren zu können. Der Einsatz der neuen Züchtungstechniken dürfe allerdings nicht dazu führen, dass das Verbot für Patente auf Pflanzen aufgeweicht werde. Würden durch neue Züchtungsmethoden entstandene Pflanzen unter Patentschutz stehen, würde der DBV Nein sagen.