Auflösung der Borchert-Kommission ist zugleich Chance und Risiko

Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) sieht in der Auflösung der Borchert-Kommission, die die Bundesregierung unterstützen sollte, um in Deutschland eine tierwohlgerechtere Nutztierhaltung zu schaffen, sowohl eine Chance als auch ein großes Risiko. Knackpunkt war für den BDM der Streit um die notwendige Finanzierung, die Tierwohlverbesserungen in der Landwirtschaft ermöglichen sollte.

„Die Auflösung der Borchert-Kommission ist in erster Linie ein konsequenter Schritt. Politisch wurde zwar bereits an technischen Vorgaben für die Umsetzung von Tierwohlmaßnahmen gearbeitet, die zentrale Frage, wie das alles von den Landwirten finanziert werden soll, wurde aber weder unter der vorherigen noch unter der aktuellen Regierung bearbeitet oder beantwortet. Das für uns Landwirte so wichtige Signal der Borchert-Kommission lautete immer: Tierwohl kostet", bekräftigt BDM-Vorsitzender Karsten Hansen. „Das wurde sträflich ignoriert. Als problematisch hat sich gezeigt, dass die vorgelegten Finanzierungsvorschläge einseitig auf abgaben- bzw. steuerfinanzierte Prämienzahlungen ausgerichtet waren. Für die Verarbeitungsindustrie sollten weiterhin die günstigen Beschaffungskosten für Milch und Fleisch erhalten bleiben - das kann auf Dauer nicht funktionieren. Insoweit verstehen wir die Auflösung der Borchert-Kommission als Chance, damit ganz deutlich darauf aufmerksam zu machen, dass die Finanzierung kein Randthema sein kann, sondern eine zentrale Frage für mehr Tierwohl sein muss. Damit steht und fällt die Machbarkeit für die tierhaltenden Betriebe."

„Fakt ist, dass die tierhaltenden Betriebe verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit dringend brauchen, wenn sie in nennenswertem Umfang neue Haltungssysteme planen und finanzieren wollen. Bei Investitionssummen, die im Milchbereich schnell in den Millionenbereich gehen können, müssen die Landwirte eine entsprechende Sicherheit auch gegenüber ihren Banken nachweisen. Für uns stand immer fest, dass Prämien nur ein Anstoß für einen Umbau der Tierhaltung darstellen können. Die dauerhaften Mehrkosten für mehr Tierwohl müssen aber über das Produkt am Markt zu erwirtschaften sein. Dafür haben wir Konzepte vorgelegt, die auf politischer Ebene bisher maximal halbherzig weiterverfolgt werden. Wir sehen die Auflösung der Borchert-Kommission daher als Weckruf, der dringend nötig ist."

„Gleichermaßen stellt die Auflösung aber auch ein erhebliches Risiko für die Tierhalterinnen und Tierhalter dar", warnt Hansen eindringlich. „Planbarkeit, Verlässlichkeit und eine nennenswerte Bezahlung höherer Tierwohl-Kosten sind Fremdworte für Industrie und Handel. Hier werden Vorgaben für mehr Tierwohl nach dem Prinzip „Friss oder stirb" einfach vorgegeben und auch schnell geändert, wenn es gerade opportun scheint. Es kommt dazu, dass sich die Vorgaben von Verarbeitungs- und Handelsunternehmen häufig stark unterscheiden, weil sich jedes Unternehmen im Wettbewerb mit einem einzigartigen Verkaufsargument im Wettbewerb abheben will", so Hansen.

„Tierwohldiskussionen werden auch jenseits der Borchert-Kommission weiter Bestand haben. Schon in unserem eigenen Interesse muss uns daran gelegen sein, dass das Vertrauen in eine gut geführte Tierhaltung nicht verloren geht. Der Schaden, der entsteht, wenn Fleisch und Milch mit Tierleid assoziiert werden, ist um Einiges größer als die Kosten schrittweiser Veränderungen hin zu mehr Tierwohl."