Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte geht davon aus, dass es in den nächsten Jahren zu einer Reduktion der Tierbestände, insbesondere im Oldenburger Münsterland, einer Hochburg der Tierhaltung in Niedersachsen, kommen wird. Das erklärt sie laut einer Mitteilung des Agrar- und Ernährungsforums (AEF) Oldenburger Münsterland auf der AEF-Mitgliederversammlung in Essen/Oldenburg. „Ich bekenne mich zur Nutztierhaltung in Niedersachsen, sie muss jedoch langfristig regionalbezogen an die Fläche gebunden sein. Das hat auch nochmals der kürzlich veröffentlichte Nährstoffbericht gezeigt“, so die Ministerin, die auf der Versammlung auch deutlich machte, dass die Tierhaltung nicht immer nur auf Effizienz und Hochleistung ausgerichtet sein müsse, sondern ihren Fokus stärker auf Resilienz richten solle. Das verdeutliche auch die enorme Volatilität auf dem Weltmarkt. Sie plädierte dafür, dass sich Landwirtschaft insgesamt unabhängiger aufstellen müsse. Auf Landesebene haben die Umwelt-, Landwirtschafts- und Wirtschaftsministerien eine Taskforce zu Erneuerbaren Energie eingerichtet, die auch für die Landwirtschaft positive Effekte haben werde, da neue Einkommensquellen im ländlichen Raum in Niedersachsen erschlossen werden und Geld in den Regionen bleibe, statt abzufließen. Autarke Energieversorgungen seien für Betriebe der Land- und Ernährungswirtschaft künftig ein Mittel zur Kostenstabilität.
Der Umbau der Tierhaltung sei Thema der Sonder-Agrarministerkonferenz im Mai dieses Jahres. Es bedürfe neben eines dauerhaften Instruments zur Finanzierung des Umbaus auch einer überfälligen Abstimmung zwischen Bau- und Immissionsrecht und den gewünschten Tierwohlmaßnahmen. Landkreise benötigten dringend Handlungshinweise, um Um- und Neubauten für landwirtschaftliche Betriebe zu ermöglichen.
Zukunftsprogramm Diversifizierung als Chance für schweinehaltende Betriebe
Die Ministerin warb auf der Versammlung auch für das vom Ministerium angekündigte und noch in Erarbeitung befindliche Zukunftsprogramm Diversifizierung, mit dem Niedersachsen Schweinehaltern den Umstieg auf andere Betriebszweige erleichtern will. Darüber hinaus gibt es mit dem Agrarinvestitionsförderungsprogramm und der Richtlinie zur Förderung von Investitionen in regionale Verarbeitungs- und Vermarktungseinrichtungen bereits jetzt zwei Instrumente. Diese werden gerade so angepasst, dass abstockende Schweine haltende Betriebe bevorzugten Zugang erhalten können. Ein weiteres Programm ist in Arbeit. Das Land Niedersachsen will das jetzige Förderprogramm des Bundes zum Umbau der Tierhaltung in Richtung zu mehr Tierwohl konstruktiv mit dem Diversifizierungsprogramm ergänzen, so die Ministerin. Es gehe darum, zu verhindern, dass Betriebe nicht nur aus der Tierhaltung aussteigen, sondern ganz aufgeben. Bei der Förderung des Bundes für den Umbau für mehr Tierwohl habe sie sich für eine Ausweitung der förderfähigen Betriebe eingesetzt, was auch zu einer Erweiterung der antragsberechtigten Betriebe geführt habe.
In seiner Eintrittsrede bekannte sich der AEF-Vorsitzende Sven Guericke zur notwenigen Transformation der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Die landwirtschaftlichen Betriebe und die Unternehmen der Branche stünden dafür bereit. Deutlich mahnte er jedoch die fehlende Planungssicherheit an. Die Politik versäume es, langfristige und nachhaltige Rahmenbedingungen für die Zukunft der Branche zu schaffen. Es werde lediglich Stückwerk geliefert, so Guericke. Dabei lägen mit den Empfehlungen der Borchert-Kommission und der Zukunftskommission Landwirtschaft tragfähige und im gesamtgesellschaftlichen Konsens erarbeitete Vorschläge vor. Weder die Vorgängerregierung noch die jetzige Ampelkoalition schaffe es, ein tragfähiges Konzept für den Umbau der Tierhaltung auf den Weg zu bringen. Auch mit dem Entwurf des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes, mit dem Bundesprogramm Tierhaltung sowie mit dem vorliegenden Novellierungsentwurf des Baurechts gelänge es nicht, den Tierhaltern eine dauerhafte Perspektive zu geben.
Dabei seien die Auswirkungen der fehlenden Planungssicherheit auf die gesamte Branche mit ihren vor- und nachgelagerten Bereichen gravierend. Zahlreiche Tierhalter hätten ihre Höfe aufgeben müssen, darunter vornehmlich kleine und familiengeführte Betriebe, die stets das Rückgrat der ländlichen Regionen abgebildet haben.