Ergebnisse der Borchert-Kommission müssen Fundament für Umbau der Nutztierhaltung sein

Das verkündete Ende der Arbeit der Borchert-Kommission hat zu zahlreichen Reaktionen geführt. Eine verbindende Gemeinsamkeit: Die Empfehlungen der Borchert-Kommission sollten weiterhin die Grundlage für den Umbau der Nutztierhaltung bilden und ein Appell an die Politik, sie endlich umzusetzen.

Der AbL-Vorsitzende Martin Schulz bedauert die Auflösung der Borchert-Kommission und mahnt für eine zukunftsfähige Tierhaltung insbesondere eine ausreichende Finanzierung an. Die AbL bedauert die Auflösung der Borchert-Kommission sehr. Insbesondere die Arbeitsgruppen hätten sofort ihre Arbeit wieder aufnehmen können, um schnell Tierwohlrichtlinien für die einzelnen Tierarten weiter auszuarbeiten. Die AbL sieht die Gefahr, dass sich die unterschiedlichen Vertreter der Kommission wieder auseinanderdividieren. Das alles macht einen Umbau der Tierhaltung, dem Özdemir in seiner Amtszeit die höchste Priorität eingeräumt hat, nicht einfacher. Auf der politischen Tagesordnung steht das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz für die Sauenhaltung und für weitere Tierarten. Auch das Tierschutzgesetz und damit verbunden die Regelungen für Schwänzekupieren und Anbindehaltung sollen geändert werden. Für eine zukunftsfähige Tierhaltung mit vielen Betrieben, muss Minister Özdemir in diesen Prozessen die vorliegenden Ergebnisse der Borchert-Kommission hinsichtlich Finanzierung und die bereits erarbeiteten Tierwohlrichtlinien der Arbeitsgruppen als politische Grundlage nutzen. Ohne eine ausreichende Finanzierung, die verlässlich und planbar ist, werden die Betriebe den notwendigen Umbau nicht vollziehen können und gesellschaftliche wie bäuerliche Herausforderungen werden nicht erreicht.“

Neuland: Gerne zu Fragen der Finanzierung weitergearbeitet

Bedauern kommt auch von Jochen Dettmer, Vorstandssprecher von NEULAND e.V., dem Verein für tiergerechte und umweltschonende Nutztierhaltung. "Ich bedauere den nicht einstimmigen Beschluss der Mitglieder des Kompetenznetzwerkes, die Arbeit der Kommission zu beenden, und sehe auch keine Notwendigkeit dazu. Gerade eine solche Multi-Stakehoder-Kommission hätte weiterarbeiten müssen. Ich hätte gerne als Leiter der AG-Ökonomie im Kompetenznetzwerk mit der AG zu aktuellen Fragen der Finanzierung des Umbaues der Tierhaltung gearbeitet. Ich hoffe, dass das BMEL möglichst bald eine neue Kommission einberuft."

Auch Bauernverband bedauert Ende der Borchert-Kommission

Die Beendigung der Arbeit der Borchert-Kommission bedauert auch der Veredelungspräsident des Deutschen Bauernverbandes und Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes, Hubertus Beringmeier: „Die Borchert-Kommission hat erstmalig ein Gesamtkonzept für einen Umbau der Tierhaltung in Deutschland vorgelegt. Die Entscheidung zur Auflösung des Gremiums bedauere ich sehr, obgleich ich diesen Schritt nachvollziehen kann. Insbesondere die Frage der Finanzierung ist bis heute ungeklärt – besonders der Koalitionspartner FDP muss sich hier bewegen!“

Beringmeier sieht die Änderungen im Bau- und Umweltrecht als erste Schritte in die richtige Richtung – allerdings müsse die Frage der Finanzierung schnellstmöglich geklärt werden. „Als Bauernverband standen wir von Anfang an hinter der ganzheitlichen Umsetzung der Empfehlungen der Borchert-Kommission – die Umsetzung dieser Empfehlungen muss auch nach Auflösung des Gremiums weiterverfolgt werden“, so Beringmeier.
Der Deutsche Bauernverband sieht in der Nicht-Umsetzung der Borchert-Kommissions-Vorschläge eine vertane Chance.

ISN: Das Ende war absehbar

Dass die Borchert-Kommission sich heute gezwungen sah, ihre Brocken hinzuwerfen, ist nach Ansicht der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) bitter – insbesondere für die Schweinehalter. „Aber das heutige Ende war bereits länger absehbar“, so die ISN. Denn inhaltlich sei seit Beginn der Legislaturperiode eh so gut wie nichts mehr gelaufen. Alle Gesetzesvorhaben, wie das Tierhaltungskennzeichengesetz, seien ohnehin an weiten Teilen der Kommission vorbei, im stillen Kämmerlein entstanden – mit all seinen bekannten Konstruktionsfehlern. „Für die Bundesregierung ist das ein Armutszeugnis, daran ändert auch Minister Özdemir mit seiner abschließenden Lobhudelei nichts. Der Wille der Bundesregierung, zu echten Lösungen im Sinne der betroffenen Wirtschaft, vor allem der Schweinehalter, zu kommen, fehlt unter dieser Bundesregierung von Anfang an“, so das Fazit von ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack. Schließlich sei ja auch genau dieser fehlende Wille ein wesentlicher Grund für das Ende der Kommission. Staack ergänzt: „Der Bundesminister sollte sich ehrlich machen: Er will nach eigener Aussage die Tierhaltung zukunftsfest aufstellen. Zeitgleich wird aber der Rotstift beim Bundesprogramms Nutztierhaltung u.a. in den Bereichen Tierwohl und Nachhaltigkeit angesetzt. Wie will man einen Wirtschaftszweig zukunftsfest aufstellen, wenn man zugleich die Fördertöpfe für die wissenschaftlichen Untersuchungen der Zukunftsthemen kappt? Wirtschaftsfeindlicher kann politisches Handeln kaum aussehen!“

BUND: Auflösung der Borchert-Kommission falsches Signal

Für den BUND ist die laut BUND mit großer Mehrheit beschlossene Auflösung des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung ein falscher Schritt. Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und langjähriges Mitglied der Kommission, kommentiert den Beschluss: "Die Auflösung ist ein falscher Schritt. Die Borchert-Kommission könnte genau jetzt dazu beitragen, dass der Umbau der Tierhaltung in der Ampelkoalition Priorität bekommt. Sie könnte insbesondere Bundesfinanzminister Christian Lindner und die FDP-Fraktion daran erinnern, den Umbau nicht weiter auf Kosten der Landwirtinnen und Landwirte zu blockieren. Umso bedauerlicher ist es, dass die Kommission sich heute ihrer Möglichkeiten zur Einflussnahme selbst beraubt. Denn der gefundene Konsens in der Kommission ist kostbar. Die Vorhaben zur Nutztierhaltung der Bundesregierung sind in einer fragilen Phase. Als Kommission wären wir es den kommenden Generationen und den tierhaltenden Betrieben schuldig weiterzuarbeiten. Das wäre gerade jetzt wichtig, da erste Gesetze für die Umsetzung auf dem Tisch liegen oder bereits beschlossen wurden.“ Der BUND fordert, dass die Bundesregierung nun nach Einführung der ersten Stufe der verpflichtenden Tierhaltungskennzeichnung und den Änderungen im Baugesetzbuch zügig die nächsten Schritte für den Umbau der Tierhaltung anpackt. „Dazu ist jetzt die Einführung einer Tierwohlabgabe oder Steuer zur dauerhaften und auskömmlichen Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung notwendig. Wir als BUND werden als kritischer Begleiter bei diesen Vorhaben mitwirken", so der BUND-Vorsitzende. Derzeit scheitert die Bereitstellung eines ausreichenden Finanzrahmens nach Ansicht des BUND vor allem an der FDP, die sich sowohl gegen eine Aufstockung der Mittel im Bundeshaushalt stemmt, wie auch weiter alternative Möglichkeiten einer Finanzierung blockiert, etwa über eine Tierwohlabgabe.

Tierschutzbund: Konsens der Borchert-Kommission darf nicht ad acta gelegt werden

Die Ergebnisse der Borchert-Kommission müssen auch nach der Beendigung der Arbeit der Kommission der Bundesregierung als Richtschnur gelten. Das fordert der Deutsche Tierschutzbund. Der war nicht Mitglied der „Borchert-Kommission“, aber hat sich nach eigenen Worten mit Fachexpertise in den begleitenden Arbeitsgruppen engagiert. Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, kommentiert: „Die Ergebnisse der Borchert-Kommission waren ein entscheidender Durchbruch, auch und gerade, weil sie von der gesamten Breite aller gesellschaftlichen Akteure im Agrarsektor getragen und erarbeitet wurden. Alte Gräben wurden überwunden, es wurde verantwortungsvoll um Kompromisse gerungen und ein tragfähiger Konsens zur „Nutztier“-Haltung der Zukunft erarbeitet.“

Das Ende der Kommission dürfe nicht bedeuten, dass die Ergebnisse jetzt ad acta gelegt werden. „Die Kernerkenntnis bleibt gültig und muss der Bundesregierung auch nach dem Ende der Borchert-Kommission weiter als Richtschnur dienen: Die landwirtschaftliche Tierhaltung muss grundlegend umgebaut werden, sonst wird diese keine gesellschaftliche Akzeptanz erfahren und keine Zukunft haben. Die Bundesregierung ist mehr denn je gefordert, endlich eine verlässliche und nachhaltige Strategie für den Umbau der Tierhaltung vorzulegen, die auch der von der Zukunftskommission Landwirtschaft einstimmig vorgegebenen Prämisse „weniger Konsum, weniger Produktion“ folgt. Dass eine solche Strategie bisher fehlt, ist mindestens fahrlässig und ignorant – insbesondere von der FDP, die offenbar bei den notwendigen Fördergeldern blockiert. Aber das gilt auch für die SPD und die Grünen, denn ein Tierhaltungskennzeichen alleine ist noch lange keine Strategie“, so Schröder.

BÖLW: Bundesregierung muss Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung sichern

Die Borchert-Kommission hat nach Ansicht des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) den Weg für den notwendigen Umbau der Tierhaltung bereitet. abgeschlossen. Kommissionsmitglied und Vorstand Landwirtschaft des BÖLW, Hubert Heigl, kommentiert: „Die Borchert-Kommission hat mit ihren Empfehlungen dem notwendigen Umbau der Tierhaltung in Deutschland den Weg bereitet. Sie hat im Konsens mit verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen festgestellt, dass sich Tierhaltung verändern muss, wenn sie eine Zukunft und gesellschaftliche Akzeptanz haben will. Gut ist, dass von Seiten der Bundesregierung mit der Einführung einer Tierhaltungskennzeichnung begonnen wurde, die ein wichtiger Bestandteil des Konzeptes der Borchert-Kommission ist. Es besteht jedoch die Gefahr, dass der Umbau und damit die Perspektive für eine bessere Tierhaltung abgewürgt wird, da die notwendige Finanzierung nicht ausreicht. Landwirtschaftsminister Özdemir und Finanzminister Lindner müssen den Vorschlag der Kommission aufgreifen, eine Abgabe für Fleisch als Gegenfinanzierung einzuführen. Dafür liegt ein tragfähiges Konzept auf dem Tisch. Die Abgabe kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die zu geringen bereits eingeplanten Bundesmittel zu ergänzen.“

Wichtig bleibe, dass Bio Teil des Umbaukonzeptes ist, denn die Bio-Tierhaltung zeichne sich durch besonders strenge Haltungsregeln aus: „Über 17.000 Bio-Tierhalterinnen und -halter in Deutschland sorgen für viel Platz im Stall und auf der Weide, eine deutliche Minderung des Antibiotikaeinsatzes und für viel betriebseigenes beziehungsweise regionales Bio-Futter. Für Bio-Tiere gilt zudem die Flächenbindung, so dass nur so viele Tiere gehalten werden, wie Böden und Gewässer vertragen. Bio-Tiere bekommen Öko-Futter, das ohne chemisch-synthetische Pestizide angebaut wird und dies schützt die Tiere, die nicht im Stall stehen, wie Bienen, Wachtel und Kiebitze“, erklärt Heigl.

23.08.2023
Von: FebL/PM

Die Ergebnisse der Borchert-Kommission müssen Fundament für Umbau der Nutztierhaltung sein, lautet die Forderung nach dem verkündeten Ende der Arbeit der Kommission. Foto:FebL