Greenpeace: „Da geht mehr, Herr Özdemir.“

„Unzureichende Vorhaben für Tierhaltung & Kennzeichnung. Auch die Chance, einen geregelten Abbau der Tierbestände mit Förderung des Umbaus zu verbinden, wurde verpasst. Da geht mehr, Herr Özdemir.“ Dieses Fazit zur Sonder-AMK zum Umbau der Nutztierhaltung zieht Greenpeace auf Twitter. Bessere Haltungsbedingungen mit weniger Tieren in den Ställen sehen laut einer Umfrage auch die Bundesbürger:innen als vorrangige Aufgabe des Ministers und auch das Bundesverfassungsgericht könnte für maßgebliche Änderungen in der Schweinehaltung sorgen.

Mit einem drei Meter hohen aufblasbaren Schwein in einem Kastenstand protestierte Greenpeace zu Beginn der Sonder-Agrarministerkonferenz vor der Landesvertretung Schleswig-Holstein für ambitioniertere Veränderungen in der Tierhaltung und bei der Tierhaltungskennzeichnung. Das geplante Kennzeichen informiere nicht eindeutig, unter welchen Haltungsbedingungen Schweine gelebt haben. So kann Fleisch mit dem Label „Auslauf/Weide“ von Tieren stammen, die ihre ersten Lebenswochen in tierschutzwidrigen Kastenständen verbracht haben.

„Mit Cem Özdemir versucht sich nun bereits der dritte Bundesagrarminister an einer staatlichen Kennzeichnung von Fleisch, mit ziemlich magerem Ergebnis. Statt die eigenen landesspezifischen Befindlichkeiten im Auge zu haben, müssen die Agrarminister:innen der Länder jetzt Verantwortung übernehmen und dafür sorgen, dass Verbraucher:innen Klarheit beim Einkauf erhalten und der Umbau der Tierhaltung endlich vorankommt“, erklärt Martin Hofstetter, Greenpeace-Landwirtschaftsexperte, vor der Sonder-AMK.

Sich um bessere Haltungsbedingungen mit weniger Tieren in den Ställen zu kümmern, sieht auch eine klare Mehrheit der Bundesbürger:inen (82 Prozent) als vorrangige Aufgabe von Landwirtschaftsminister Özdemir. Das zeigt eine repräsentative Umfrage von Kantar im Auftrag von Greenpeace. Die verpflichtende staatliche Kennzeichnung der Tierhaltungsbedingungen sehen 80 Prozent der Befragten als fast ebenso wichtige Aufgabe.

„Wenn die Politik nicht bald deutliche Verbesserungen beim Tierschutz durchsetzt, werden sich die Menschen noch viel stärker von Schweinefleisch abwenden, als sie es in den letzten Jahren bereits getan haben. Darüber sollten sich die versammelten Agrarminister:innen im Klaren sein“, so Hofstetter.

Bundesverfassungsgericht kann für bessere Schweinehaltung sorgen

Mit der in diesem Jahr erwarteten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Normenkontrollklage könnte nach Ansicht von Greenpeace die jetzt übliche Haltung von Schweinen in viel zu engen Ställen, auf Vollspaltenböden und ohne ausreichendes Tageslicht und frische Luft als verfassungswidrig gelten und verboten werden. Betroffen wären davon Fleischprodukte, die bei der staatlichen Kennzeichnung als „Stallhaltung“ bzw. „Stallhaltung plus“ gelabelt werden sollen.

„Ein fortschrittliches Urteil würde nicht nur mehr Tierwohl bedeuten. Auch die Fleischkennzeichnung würde deutlich übersichtlicher, denn von den aktuell geplanten fünf Haltungsformen blieben nur drei übrig“, erklärt Hofstetter.

Eine „ähnlich schwierige Zukunft“ für die Milchviehhaltung, wenn nicht …

Eine „ähnlich schwierige Zukunft“ wie in der Schweinehaltung ist für den Greenpeace-Landwirtschaftsexperte auch in der Milchviehhaltung möglich, wenn nicht vorher gegengesteuert wird. In der aktuellen Ausgabe der Unabhängigen Bauernstimme schreibt Hofstetter in einem Kommentar: „Ich glaube, dass bei der Milch kein Weg daran vorbeigeht, in Zukunft auf Qualität, Tierwohl und gute Grundfutterverwertung zu setzen. Die Nutzung des Grünlandes übers Kuhmaul ist eine Win-win-win-Lösung, für Tierwohl, Artenvielfalt und Klima. Dass Weidemilch sich auch für die Milcherzeuger rechnet, dafür sollten wir uns gemeinsam gegenüber Milchwirtschaft, LEH und Politik einsetzen. Ansonsten könnte der Milcherzeugung eine ähnlich schwierige Zukunft drohen wie der Schweinehaltung.“