Die Stimmung bei den meisten politischen Parteien ist sehr angespannt.
Die Angst vor einem Rechtsdruck bei den anstehenden EU-Wahlen ist groß und gerechtfertigt. Viele Wähler sind unzufrieden mit der aktuellen Politik. Ob das immer angebracht ist, lasse ich mal dahingestellt. Der Protest der Bauern, der sich letztendlich am geplanten Aus der Dieselrückvergütung und der Befreiung von der Kfz-Steuer entlud, machte die Politik dann zusätzlich nervös. Auch auf EU-Ebene machten die Bäuerinnen und Bauern ihrem Unmut dann Luft und forderten u. a. eine Entschärfung der EU-Vorgaben aus der letzten Agrarreform. Tatsächlich sind die Dieselrückvergütung, die Kfz-Steuerbefreiung und die EU-Anforderungen in Form der GLÖZ-Standards überwiegend einkommenswirksam und für die allermeisten Betriebe nicht mal eben auszugleichen. Erst recht nicht, wenn die Preise für Agrarprodukte wieder auf das Niveau von vor dem Ukraine-Krieg gefallen sind, die Preise für Betriebsmittel aber vielfach nicht zurückgenommen wurden.
Die Kommission hat auf die Proteste sehr schnell reagiert und wesentliche Teile ihrer Grundanforderungen zur Erlangung der EU-Prämien zurückgenommen. Allen voran wurde die Verpflichtung zur vierprozentigen Brache abgeschafft.
Die Kommission legte den Mitgliedsstaaten nahe, die Brache als Ökoregelung mit finanziellen Anreizen anzubieten, allerdings sind mit 1.300 Euro für das erste Prozent und 500 Euro für das zweite Prozent stillgelegter Ackerfläche nur diese wirklich interessant. Ab dem dritten bis zum sechsten Prozent gibt es dann noch 300 Euro, was in den meisten Gegenden Deutschlands nicht einmal dem Pachtpreis entspricht. Eine Aufweichung der Fruchtfolgeregelung, der Verpflichtung zur Winterbegrünung und des Grünlandumbruchverbots ist für die Mitgliedstaaten ebenfalls im Angebot. Der Bauernverband feiert die Erfolge auf europäischer Ebene, konnten die Forderungen zum Agrardiesel in Deutschland doch nicht umgesetzt werden. Richtig ist sicherlich, dass Umweltleistungen, welche die Betriebe am Markt nicht vergütet bekommen, ausgeglichen werden müssen. Das Einführen der Ökoregelungen als Anreizkomponente ist sicherlich auch ein richtiger Schritt, um die EU-Zahlungen an die Betriebe weiterhin rechtfertigen zu können. Allerdings müssen dann auch alle Betriebstypen die Möglichkeit haben, mit gesellschaftlichen Leistungen Geld zu verdienen, zumal das Geld bei der Einkommensgrundsicherung von 270 Euro auf 160 Euro gekürzt wurde. Leider gibt es bei der Reform Verlierer und das sind im Wesentlichen die Grünlandbetriebe mit Weidetierhaltung, wenn sie nicht vier Kennarten nachweisen können. Dabei wäre es einfach und dringend geboten, für diese Betriebe eine Weideprämie einzuführen. Auch für die Ackerbaubetriebe, die sich auf den Weg machen wollen und im Sinne des Green Deals Pflanzenschutzmittel und Düngemittel reduzieren wollen, muss es mehr Anreize geben. Technisch ist heute ohne chemischen Pflanzenschutz schon vieles möglich. Es ist aber leider mit wesentlich mehr Arbeit und höheren Maschinenkosten verbunden und daher für die konventionellen Betriebe unwirtschaftlich. Nährstoffüberschüsse zu vermeiden ist ein weiteres Feld, welches mit finanziellen Anreizen zu unterstützen ist.
Das Hauptproblem auf EU-Ebene ist aber, dass man sich scheut, Regeln zur gemeinsamen Marktordnung einzuführen, die die Landwirte vor Erzeugerpreisen unter deren Gestehungskosten schützen. Wenn Lebensmittelkonzerne Milliardengewinne verkünden können, dann zeigt das, dass in der Gesamtwertschöpfungskette für Lebensmittel scheinbar genug Geld verdient wird, es aber an einer gerechten Verteilung hapert.
Wir Bäuerinnen und Bauern müssen in der Politik viel mehr auf den Schutz des Klimas und der Biodiversität drängen. Wir werden die erste Berufsgruppe sein, die unter deren negativen Veränderungen zu leiden hat und später aber auch alle Verbraucherinnen und Verbraucher. Wir brauchen dringend eine GAP, die sich für faire Erzeugerpreise und für eine angemessene Entlohnung von Umweltleistungen einsetzt. Damit diese Forderungen umgesetzt werden können, braucht es dringend ein starkes, demokratisches EU-Parlament. Damit der gefürchtete Rechtdruck ausbleibt, ist es wichtig, am 9. Juni wählen zu gehen und eine demokratische Partei zu unterstützen.