BayWa mit Sanierungsplan – wer zahlt?

Marktbeobachtungen von Hugo Gödde +++  »Ja, mach nur einen Plan / Sei nur ein großes Licht / Und mach dann noch ’nen zweiten Plan / Geh’n tun sie beide nicht.« An diese bekannte Strophe aus Brechts „Dreigroschenoper“ erinnern die Bemühungen des schwer angeschlagenen bayerischen Agrarkonzerns BayWa, sich am Schopf aus dem Sumpf zu ziehen. Erst ist der Plan des Vorsitzenden Lutz und des Aufsichtsrats um den Chef Nüssel, BayWa vom großen Agrarhändler zu einem internationalen Mischkonzern zu machen, krachend gescheitert und hat einen Verlust von 5 Mrd. € hinterlassen. Nun soll ein Sanierungsplan der Unternehmensberatung Berger die Insolvenz verhindern und „das Schiff wieder flott machen“.

Harte Einschnitte

BayWa will bis 2027 mit einem scharfen Sparkurs die im Sommer befürchtete Insolvenz abwehren. Das Transformationskonzept als Basis eines zweiten Entwurfs des Sanierungsgutachtens sieht eine organisatorische Verschlankung, diverse operative Einsparmaßnahmen und den Verkauf wichtiger internationalen Beteiligungen vor. Die vier Kerngeschäftsbereiche Agrar, Baustoffe, Energie und Technik sollen fortgeführt werden. Mit den Maßnahmen will man die gefährdete Liquidität des operativen Geschäftsbetriebs stärken und Schuldentilgung betreiben.

Die Sanierung „des größenwahnsinnigen Expansionskurses“ (Münchener Merkur) soll zu einem erheblichen Teil auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen werden. Bis 2027 sollen bis zu 1.300 der aktuellen knapp 8.000 Vollzeitstellen abgebaut werden. Der Großteil des Stellenabbaus soll vor allem die Konzernzentrale in München treffen. Rund 40 % der Stellen sollen hier in den nächsten zwei Jahren abgebaut werden. Die Gewerkschaft Verdi rechnet gar incl. der Teilzeitkräfte mit 1500 Stellenstreichungen, das seien 16% der Mitarbeiter. Der Sanierer versuche so, das Ausmaß des Jobabbaus „zu verharmlosen“, hadert Verdi, die Sanierung gehe voll auf Kosten der Mitarbeiter, während die Banken geschont würden. Marktexperten sprechen andererseits davon, dass die Zentrale aufgebläht und quasi ein „Hofstaat des Sonnenkönigs Lutz“ geworden sei.

Das bestehende Netz der Standorte wird auf Nachfrage und Profitabilität überprüft. Mindestens weitere 26 der derzeit gut 400 Standorte seien auch langfristig nicht wirtschaftlich zu betreiben und würden kurzfristig geschlossen. Aber man wolle in der Fläche bleiben.

„Wesentliche internationale Verkäufe“

Neben dem Stellenabbau stehen auch „wesentliche internationale Verkäufe“ auf dem Plan. Insider berichten, dass der holländische Spezialitätenhändler Ceftera, der neuseeländische Apfelkonzern Turners & Growers, die österreichische Raiffeisen Waren Austria (RWA) und die BayWa r.e. für erneuerbare Energie auf der Verkaufsliste stehen. Gerade die BayWa r.e. hatte zuletzt große Verluste geschrieben, galt aber bis heute als Gewinnbringer der Zukunft und war mit großen Hoffnungen der alten (und neuen) Führung verbunden. Bisher wollte man auch mit den Erneuerbaren und Investitionen in Wind- und Solarparks von Spanien bis Kalifornien weitermachen. Offensichtlich will das Konzept mit wesentlichen Teilen des alten „Zockertraums“, des kreditfinanzierten Größenwachstums der Ära Lutz abschließen. Mit den jetzt genannten Unternehmensbereichen will man quasi auf den Kern der „alten BayWa“ zurückkehren. Dabei soll bei dem Expansionskurs, so der „Merkur“, unter anderem auch die Unternehmensberatung Berger zur Seite gestanden haben, die jetzt die scharfe Sanierung und „Gesundschrumpfung“ vorschlägt.

Damit würde der Umsatz um fast zwei Drittel auf 8 Mrd.€ sinken und die Schuldenlast soll, wenn der Plan trägt, von 5 auf 1 Mrd. € reduziert und der operative Gewinn bis 2027 auf 300 Mio. € erhöht werden, so dass dann auch nur noch 100 Mio. € Zinsen pro Jahr zu tragen seien. Zurzeit liegen sie noch bei 400 Mio. €.

Frisches Geld und keine Dividende

Überraschend an den geplanten Verkäufen ist der Ausstieg aus den Erneuerbaren und die Beendigung der 50% Beteiligung an dem österreichischen Agrarhändler RWA. Schließlich hält die RWA-Eigentümerbank 28% der BayWa-Aktien. Der Plan geht davon aus, dass die erwarteten Millionen aus den Verkäufen realistisch sind, weil sie schon weitgehend ausverhandelt seien. Damit könne der Konzern mittelfristig liquide bleiben. Zugleich will man eine Kapitalerhöhung von 150 Mio. € durch die Ausgabe neuer Aktien erreichen. Ob das gelingt, wird in Bankenkreisen kritisch gesehen. Zwar habe die Aktie aktuell einen historisch niedrigen Wert, aber die Anleger müssten davon ausgehen, in den nächsten 3 (oder mehr?) Jahren keine Dividende zu erwirtschaften.

Der Marktbeobachter sieht mal wieder ein übliches Bild der Sanierung. Die Verantwortlichen im Vorstand und Aufsichtsrat, die die existenzielle Krise durch ihren Größenwahn verursacht haben, kommen weitgehend ungeschoren davon. Die Banken, die den Kurs getragen und an den Zinsen gut verdient haben, müssen mit Krediten nachhelfen, die aber – wenn es gut geht – wieder zurückkommen. Es wird ja kein Geld verschenkt. Kein Manager wird seine üppigen Abfindungen zurückgeben müssen. Die Mitarbeiter haben den Sparkurs mit einem enormen Stellenabbau zu tragen. Immerhin wird der Handel in der Fläche, der für viele Landwirte angesichts mangelnder Alternativen wichtig ist, nicht so sehr angetastet. Aber der Traum vom weltweiten Mischkonzern und der internationalen Größe ist geplatzt und hinterlässt viele teure Wunden. Von Angemessenheit oder gar gerechter Schuldverteilung wagt man gar nicht zu sprechen. Ansonsten ist alles erst einmal ein Plan. Ob er realistisch ist und so umgesetzt werden kann, wird sich zeigen.