AbL fordert von BayWa: Jetzt die Belange der Bauernschaft nach vorne stellen

Laut einem Bericht der „Wirtschaftswoche“ braucht die BayWa kurzfristig 500 Mio. bis 600 Mio. Euro, um ihren Zahlungsverpflichtungen in den kommenden zwölf Monaten nachzukommen. Zwar sollen erste Aktionäre Finanzmittel in zweistelliger Millionenhöhe bereitgestellt haben, die Möglichkeit einer Insolvenz ist damit jedoch noch nicht abgewendet. Insgesamt werden in den Medien als Finanzschulden 5,4 Mrd. Euro genannt plus noch weitere hohe Verbindlichkeiten. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) fordert vor diesem Hintergrund, dass die BayWa jetzt die Belange der Bauernschaft nach vorne stellen muss. Kritik übt die AbL auch am Bauernverband respektive dessen Präsidenten, Joachim Rukwied, in seiner Funktion als Aufsichtsratsmitglied der BayWa. Der Deutsche Bauernverband und sein Präsident sowie auch der Bayerische Bauernverband hüllen sich bis dato mit konkreten Aussagen zur Situation um die BayWa und die Kontrollfunktion des Aufsichtsrates in Schweigen. Die Berichterstattung wird den landwirtschaftlichen Wochenblättern überlassen, die die Rolle des Aufsichtsrates aber ebenfalls nicht unter die Lupe nehmen und wenn der erwähnt wird, als Aufsichtsratsmitglied beispielsweise lediglich den Vorsitzenden Gregor Scheller, Verbandspräsident und Vorstandsvorsitzender des Genossenschaftsverbandes Bayern e.V. nennen.

„Für die AbL ist es erschütternd zu sehen, wie katastrophal es um die Finanzen der BayWa steht. Wir Bäuerinnen und Bauern sind gerade mitten in der Ernte und wissen nicht mal, ob unser Erntegut überhaupt bezahlt wird, wenn wir an die BayWa liefern,“ sagt Lucia Heigl, stellvertretende AbL-Bundesvorsitzende aus Bayern. „Außerdem ist auch völlig unklar, ob wir Zugriff auf unsere Gelder haben, die im Rahmen von An- und Verkäufen bei der BayWa noch offen sind.“ Für Heigl ist es bei dieser astromischen Summe der Finanzschulden kaum vorstellbar, dass diese Krise nicht schon früher absehbar gewesen sein soll. „Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes ist im Aufsichtsrat der BayWa und sollte die Zahlen kennen. Er hat uns Bäuerinnen und Bauern zu keinem Zeitpunkt gewarnt. Aus unserer Sicht müssen folgende Fragen unmittelbar geklärt werden: Wie werden die Gelder und die Bezahlung der Ernten von uns Bäuerinnen und Bauern sichergestellt? Funktionieren eigentlich die internen Kontrollmechanismen dieses Konzerns? Hätte diese Krise abgewendet werden können? Wer ist dafür verantwortlich? Durch diese heftige Krise des Agrarkonzerns sind auch zahlreiche bäuerliche Höfe finanziell bedroht. Der Bauernverband sitzt in verschiedenen Gremien der Genossenschaften etwa auch der größten Molkerei Deutschen Milchkontor. Wie bei der BayWa ist er auch dort nicht seiner Aufgabe nachgekommen bäuerliches Kapital und Einkommen zu schützen, sondern hat auf Exportorientorientierung mit Billigware gesetzt, statt sich für kostendeckende Erzeugerpreise stark zu machen. Um bäuerliche Betriebe zu stärken, sind dezentrale Strukturen und regionale Wertschöpfungsketten zielführend,“ erklärt Heigl.

Der Aufsichtsrat mit Joachim Rukwied und auch der EU-Abgeordneten Monika Hohlmeier (CSU) hat noch Ende März dem gesamten Vorstand „das uneingeschränkte Vertrauen“ ausgesprochen und ihm „keinerlei Verstöße gegen die Prinzipien guter Unternehmensführung“ attestiert. Für Beobachter und Analysten völlig unverständlich, dass zu diesem Zeitpunkt noch keine Kenntnisse über die Finanzschieflage auf dem Tisch gelegen haben sollen. Die FAZ wirft dem Aufsichtsrat vor, „dem Treiben tatenlos zugesehen“ zu haben.

Kaum abzuschätzen sind laut AGRA Europe die Folgen für die Landwirtschaft. „Wir können und wollen uns dazu nicht äußern“, hieß es seitens des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) auf Anfrage von AGRA Europe. Mit Blick auf die laufende Ernte und deren Vermarktung erklärte der Verband, dass er seinen Mitgliedern empfehle, generell darauf zu achten, und zwar unabhängig an welchen Landhändler sie lieferten, dass der verlängerte und erweiterte Eigentumsvorbehalt vereinbart sei. Dieser stehe zum Beispiel in den Einheitsbedingungen des deutschen Getreidehandels und in den meisten Geschäftsbesorgungsverträgen der Erzeugergemeinschaften.

Und auf eine weitere Bedeutung für die Landwirtschaft weist die Vizepräsidentin und bayerische Landesgeschäftsführerin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Daniela Bergdolt, angesichts des abgestürzten Kurses der BayWa-Aktie hin: „Die BayWa ist ein besonderes Unternehmen. Viele Landwirte sind dort gleichzeitig Kunden und Aktionäre. Nicht selten ist die BayWa Aktie wichtiger Teil der Altersvorsorge," sagt Bergdolt.

01.08.2024
Von: FebL/PM

Lucia Heigl fordert die BayWa auf, jetzt die Belange der Bauernschaft nach vorne zu stellen. Foto: Nuernberger/AbL