GLÖZ: Es besteht dringender Handlungsbedarf

Die Bundesregierung hat entschieden, die verpflichtende Stilllegung von Flächen für ökologische Zwecke (Gemeinsame Agrarpolitik GAP/GLÖZ 8) für 2024 erneut auszusetzen und einen Vorschlag der EU-Kommission 1: 1 umzusetzen. Nach deutlicher Kritik seitens der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwitschaft (AbL) und einzelner Naturschutzverbände (die Bauernstimme berichtete) bedauert jetzt auch der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) die Entscheidung, sieht der Deutsche Naturschutzring (DNR) darin ein Einknicken der Bundesregierung vor den Interessen der Agrarlobby und wird hier nach Ansicht des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) mit riesiger Kraftanstrengung über Ausnahmen und Details verhandelt, die der Dimension der strukturellen Probleme in der Landwirtschaft und auch der Dimension der bäuerlichen Proteste nicht ansatzweise gerecht werden.

Die Entscheidung der Bundesregierung, die verpflichtende Flächenstilllegung (GLÖZ 8) erneut auszusetzen, kommentiert Maria Noichl MdEP und DVL-Vorsitzende: „Der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) bedauert die Entscheidung der Bundesregierung, die verpflichtende Stilllegung von Flächen für ökologische Zwecke (GAP-Förderung; GLÖZ 8) ein weiteres Jahr ohne adäquate Kompensation auszusetzen. In der Agrarflur sind Kipppunkte des Biodiversitätsverlustes bereits erreicht. Dringender Handlungsbedarf besteht! Es ist frustrierend, dass der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen noch immer ein „Schönwetter-Thema“ ist. Es werden dadurch bestehende Chancen verweigert, betriebswirtschaftlich interessante Angebote für landwirtschaftliche Unternehmen zu entwickeln. Die Entscheidung der Bundesregierung wäre nur dann zu befürworten, wenn gleichzeitig praktikable Alternativen beschlossen würden, mit denen die Situation der Biodiversität wirksam verbessert und damit zugleich auch freiwillig Geld verdient werden könnte. Das ist leider nicht geschehen!“

Der DVL schlägt vor, die Öko-Regelungen in Verbindung mit den Agrar-Umweltprogrammen gezielter zu nutzen und „unseren Landwirtinnen und Landwirten einen bundesweiten Katalog an fachlich hochwertigen und einkommenswirksamen Maßnahmen anzubieten. Der DVL hat hierzu im Sinne der GAP-Verordnung mit der Gemeinwohlprämie gute Vorarbeit geleistet und diesen Angebotskatalog zusammengestellt. Andere Mitgliedstaaten verfolgen denselben Ansatz. Sie haben bereits ein derart punktebasiertes Honorierungssystem für die Öko-Regeln eingeführt. Der DVL erinnert an den gesellschaftlichen Konsens der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL), ‚die flächengebundenen Direktzahlungen aus der 1. Säule der GAP schrittweise und vollständig in Zahlungen umzuwandeln, die konkrete Leistungen im Sinne gesellschaftlicher Ziele betriebswirtschaftlich attraktiv werden lassen.‘ Was in der ZKL vereinbart wurde, ist die Richtschnur für die Zukunft. Dass in der Praxis vor Ort Landwirtschaft und Naturschutz erfolgreich an einem Strang ziehen, zeigt die kooperative Zusammenarbeit innerhalb der fast 200 Landschaftspflegeverbände in Deutschland“, so Noichl.

DNR: Bundesregierung lässt sich von Bauernprotesten einschüchtern und opfert Biodiversitätsflächen

Deutliche Worte zur Entscheidung der Bundesregierung findet DNR-Geschäftsführer Florian Schöne. „Die Bundesregierung knickt tatsächlich vor den Interessen der Agrarlobby ein und beugt sich dem Druck der radikalen Proteste. Während das dramatische Artensterben in den Agrarlandschaften ungebremst voranschreitet, verzichtet Landwirtschaftsminister Özdemir auf ein zentrales Instrument zur Bekämpfung der Biodiversitätskrise. Damit fällt das Umweltniveau der Grundanforderungen sogar noch hinter das „Greening“ der letzten EU-Förderperiode zurück. Als gäbe es keine internationalen Verpflichtungen zum Schutz der biologischen Vielfalt, opfert die Bundesregierung die letzten Rückzugsräume für bedrohte Arten und folgt damit dem populistischen Schlingerkurs der EU-Kommission.“

Mit der Entscheidung bricht Özdemir nach Ansicht von Schöne nicht nur sein Versprechen aus dem Jahr 2022, dass die bisherige Ausnahme zu GLÖZ 8 ausdrücklich nur für das Jahr 2023 galt. „Ungehört verhallen auch die zahlreichen Appelle aus Zivilgesellschaft, Umweltverbänden und Wissenschaft, die sich in den letzten Wochen eindeutig für den Erhalt der Brachflächen-Regelung ausgesprochen haben. Wenn sich Bundeskanzler Scholz nun auch noch gegen eine Weiterentwicklung und bessere Ausstattung der Öko-Regelungen stellt, verabschiedet sich die Regierung nicht nur von internationalen Biodiversitätszielen, sondern auch vom Konsens der Zukunftskommission Landwirtschaft“, kritisiert der DNR-Geschäftsführer.

BDM: Murks bleibt Murks!

Nach Ansicht des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter BDM e.V. wird mit Blick auf die GLÖZ-Diskussionen mit riesiger Kraftanstrengung über Ausnahmen und Details verhandelt, die der Dimension der strukturellen Probleme in der Landwirtschaft und auch der Dimension der bäuerlichen Proteste nicht ansatzweise gerecht werden.

„Wir stellen fest, dass die aktuelle GAP, die noch von CDU/CSU und SPD verhandelt wurde und als nichts weniger als Systemwandel gepriesen wurde, schon jetzt krachend gescheitert ist, obwohl sie erst 15 Monate in Kraft ist“, erklärt BDM-Vorstandsvorsitzender Karsten Hansen. „Ergebnis ist eine wahre Bürokratieflut, andauernde Diskussionen über Ausnahmen und eine überforderte Landwirtschaftsverwaltung, die selbst nicht mehr durchblickt, was nun wie gilt und was bei der Antragsstellung alles beachtet werden muss. Diese GAP ist weder ökonomisch noch ökologisch ein Erfolg. Zudem wird die konventionelle Milchviehhaltung in der aktuellen GAP unangemessen benachteiligt. Milchbäuerinnen und -bauern finden kaum einen Weg, über den erbrachte ökologische Leistungen im Rahmen der Ökoregelungen vergütet werden könnten. Für uns muss daher logische Schlussfolgerung sein, diesen Irrweg schnellstmöglich zu beenden und sofort, d.h. außerhalb des regulären Zeitplans, die nächste GAP-Reform auf den Weg zu bringen. Weitere Auseinandersetzungen und Kraftanstrengung in ein vermurkstes Modell zu stecken, ist keine erfolgversprechende Option!“

„Alles auf Null und die GAP neu und praktisch umsetzbar angehen“ – das ist jetzt erforderlich“, bekräftigt auch BDM-Vorstand Manfred Gilch. „Es gibt längst brauchbare Vorschläge, wie die Agrargelder künftig einzusetzen sind, wie sie ohne riesigen Bürokratiewust für die Landwirte gesichert werden können und – vor allem – wie damit Geld verdient werden kann. Wenn das der Fall ist, werden auch die ökologischen Effekte weitaus größer sein. Ein elementarer Gesichtspunkt muss angesichts einer weiterhin angespannten Finanzsituation außerdem berücksichtigt werden – so auch das Ergebnis der Zukunftskommission Landwirtschaft und der Verbände-Plattform: Die Gemeinsame Marktordnung muss so weiterentwickelt werden, dass die landwirtschaftlichen Betriebe über den Verkauf ihrer Produkte eine wirtschaftliche Perspektive schaffen können.“

06.03.2024
Von: FebL/PM

Ökologische Leistungen der Bauern und Bäuerinnen entlohnen. Bildquelle: DVL