4%-Stillegung und Regelung für den Fruchtwechsel noch ungeklärt

Auf der Sonder-Agrarministerkonferenz (AMK) zum nationalen Strategieplan der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) haben die Agrarminister:innen und Senator:innen von Bund und Ländern nach eigenen Aussagen den Weg für den Bund freigemacht, um die Genehmigung des Strategieplans durch die EU-Kommission zu bekommen. Keine Einigung erzielte die Konferenz zur Frage der 4%-Stillegung sowie zur Regelung für den Fruchtwechsel. Dazu soll eine Position in einem Zeitraum von 14 Tagen nach der AMK, die am 28. Juli stattfand, gefunden werden. Vor dem Treffen hatte die EU-Kommission es den Mitgliedstaaten freigestellt, die gemäß der GAP-Reform vorgegebene Stilllegungspflicht für 4 % der Agrarflächen 2023 nicht anzuwenden und bei einem Verzicht auf das Fruchtwechselgebot beispielsweise den Anbau von Weizen auf Weizen für zulässig erklärt. Der EU-Beschluss rief deutliche Kritik seitens der Umweltverbände hervor, die daher die AMK im Vorfeld dazu aufriefen, von den durch Brüssel eröffneten Möglichkeiten keinen Gebrauch zu machen.

Die auf der Sonder-AMK geäußerten unterschiedlichen Positionen zu Stillegung und Fruchtwechsel wurden bereits in einer AMK-Mitteilung nach dem Treffen deutlich. „Nach den heutigen Beratungen ist jetzt der Bund ge­fordert, eine möglichst schnelle Genehmigung beim GAP-Strategieplan zu erzielen – im Interesse einer Rechts- und Planungssicherheit für unsere Land­wirtinnen und Landwirte. Die Mehrheit der Länder begrüßen den Vorschlag der EU-Kommission zur vorübergehenden Aussetzung der Regelungen für den Fruchtwechsel (GLÖZ 7) und zu den Stilllegungen von Ackerflächen (GLÖZ 8) ab 2023 und fordern die 1 : 1-Umsetzung in Deutschland. Es ist bedauerlich, in der heutigen Konferenz für diesen Vorschlag keinen einstimmigen Beschluss herbeigeführt zu haben“, erklärt darin der AMK-Vorsitzende, Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister Sven Schulze (CDU). Und auch sein Parteikollege Peter Hauk, Minister für Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz des Landes Baden-Württemberg, nennt es unver­ständlich, „dass einige Länder und der Bund die Entscheidung über die Aussetzung der Konditionalität zu vier Prozent-Stilllegung und Fruchtwechsel wieder verschoben haben. Das kann man keinem Landwirt mehr erklären. Wir befinden uns jetzt in der Ernte und die Äcker liegen blank. Die Landwirtinnen und Landwirte können nicht mehr warten. Sie stehen bereit, um Lebensmittel zur Entspannung der Welternährungslage zu produzieren. Wir hätten hier ein klares einstimmiges Signal an die Landwirtschaft senden müssen. Erfreulich ist, dass wenigstens die sogenannten Schwarzbrachen praktisch vom Tisch sind. Dies war ein zentrales Anliegen von Ba­den-Württemberg, um den Landwirtinnen und Landwirten die Möglichkeit der aktiven Begrünung von Stilllegungsflächen einzuräumen.“

Özdemir: EU-Beschluss mit heißer Nadel gestrickt und mit logischen Fehlern

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) zeigt sich mit dem Ergebnis der AMK sehr zufrieden. „Ich bin sehr zufrieden, dass die Länder unseren Kurs beim GAP-Strategieplan unterstützen und wir nun endlich weitermachen können. Das ist ein wichtiges politisches Signal in zwei Richtungen: Nach Brüssel zur EU-Kommission und für die Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland, die nun die verdiente Planungssicherheit bekommen. Was wir nun in Brüssel einreichen, ist soweit abgestimmt mit der Kommission, dass die Genehmigung nur noch Formsache ist. Wir können jetzt die nötigen Anpassungen in den Verordnungen zu den Direktzahlungen und zur Konditionalität angehen. Für die Wiedereinreichung des Strategieplans sind wir zudem auf die aktualisierten Zuarbeiten der Länder beispielsweise zu Konkretisierungen bei der zweiten Säule oder bei den Finanztabellen angewiesen.“ Mit Blick auf  das Aussetzen von Stilllegung und Fruchtwechsel, findet er „es schade, dass einige Länder versucht haben, den GAP-Strategieplan in Geiselhaft zu nehmen. Umso dankbarer bin ich, dass die AMK darauf nicht eingegangen ist. Bedauerlich ist es, dass einige Bundesländer trotz größtmöglicher Transparenz und einer eindeutigen Faktenlage so tun, als sei die nationale Umsetzung der Ausnahmegenehmigung der EU-Kommission nur reine Formsache. Brüssels Entscheidung ist mit heißer Nadel gestrickt und hat einige logische Fehler: So muss, wer bestimmte Ökoregelungen oder Agrarumweltmaßnahmen anwenden will, die Mindeststandards von GLÖZ 7 und GLÖZ 8 trotzdem einhalten. Mit diesen und anderen Problemen beschäftigen sich gerade auch andere Mitgliedsstaaten.“

Nach Ansicht des Ministers verdienen es die Bäuerinnen und Bauern sowie die Umwelt, „dass wir uns genau anschauen, wie sich Entscheidungen auswirken. Wer jetzt hier so tut, als wäre das nur ein Handstreich und wir hätten sofort mehr Lebensmittel ohne negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Planung der Landwirte sowie Folgen für die Böden und Artenvielfalt, der macht es sich zu einfach. Entscheidungen mit weitreichenden Folgen sollte man nicht übers Knie brechen – daher werden wir jetzt gemeinsam mit den Ländern die offenen Fragestellungen, die die EU-Verordnung aufwirft, klären und dann einen innerhalb der Bundesregierung abgestimmten Vorschlag zum weiteren Vorgehen machen.“

Und auch die Wissenschaft sollte nach Ansicht des Ministers ernstgenommen werden, „wenn wir es ernst meinen mit der Ernährungssicherung für die Weltbevölkerung.“ Kurzfristige Mengensteigerung seien nicht nachhaltig. „Forscher sagen uns deutlich, dass wir die Verbrauchsseite anschauen müssen, Stichwort: Tank, Trog und Tonne. Diese Konkurrenz zulasten der Ernährung muss aufgelöst werden. So könnten wir allein in Deutschland mehr Menschen satt bekommen, als mit allen Stilllegungsflächen in Europa zusammen. Laut Thünen-Institut könnten auf der Fläche, die wir für Bioenergieerzeugung nutzen, rund 10 Millionen Tonnen Getreide angebaut werden. In Deutschland verfüttern wir jährlich 25 Millionen Tonnen Getreide an Nutztiere. Und – umgerechnet in Getreideeinheiten – werfen wir jährlich mehr als 10 Millionen Tonnen Getreide in die Tonne. Pragmatismus heißt: Sich all das anzuschauen und Lösungen zu finden,“ so Özdemir nach der AMK.

Ähnlich sieht es auch der grüne Landwirtschaftsminister in Sachsen, Wolfram Günther: „Den grün geleiteten Agrarressorts sind zwei Punkte wichtig. Erstens haben wir in der AMK einvernehmlich die Basis geschaffen, dass Deutschland seinen GAP-Strategieplan wieder einreichen kann. Der Bund hat nun das politische Mandat dazu. Das heißt, wir haben die offenen Fragen der EU zum deutschen Strategieplan geklärt und uns dazu politisch abschließend verständigt. Das ist ein enorm wichtiges Signal für die Landwirtinnen und Land­wirte. Sie haben damit ein großes Stück betriebswirtschaftliche Planungssicherheit.
Mit Blick vor allem auf Flächenstilllegungen ab 2023 sind wir zudem an einer sachgerechten, praktikablen und schnellen Lösung interessiert. Allerdings zeigte sich, dass wir hier noch Klärungsbedarf haben und Fakten brauchen. Das betrifft Aspekte der globalen Ernährungssicher­heit und der biologischen Vielfalt genauso wie Fragen des praktischen Vollzugs durch die Be­triebe, aber auch der Einkommenswirkung der ersten Säule und hier vor allem der Öko-Regelun­gen. Diese offenen Fragen wollen wir in den kommenden 14 Tagen klären.“

Backhaus: Notwendigkeit einer fachlichen Prüfung und der rechtssicheren Umsetzung nachvollziehbar

Der Landwirtschaftsminister in Mecklenburg-Vorpommern, Till Backhaus (SPD), betonte in der AMK-Mitteilung, nach dem AMK-Beschuss: „Natürlich hätte ich mir für die Land­wirtinnen und Landwirte diesen Schritt schon viel früher gewünscht. Die Ernte läuft bereits und die Landwirtschaft muss wissen, woran sie im nächsten Jahr ist. Hier geht es um sehr viel Geld für diese systemrelevante Schlüsselbranche und auch für den ländlichen Raum.

Der neue GAP Strategieplan ist nun konkretisiert und kann damit zeitnah der EU-Kommission vorgelegt werden. Damit weiß die Landwirtschaft bald, mit welchen Prämien sie im nächsten Jahr für welche Umweltmaßnahmen rechnen kann. Ich bedanke mich bei meinen Fachkolleginnen und Kollegen für die konstruktive und ernsthafte Diskussion. Es war allen Beteiligten klar, dass wir dringend zu einem Ergebnis kommen mussten und das haben wir mit dem heutigen Beschluss erreicht. Im Herbst erwarten wir die Genehmigung des Plans.“ Zu Stillegung und Fruchtwechsel sagte er hier nichts, wurde dazu aber in einer Pressemitteilung seines Ministeriums in Mecklenburg-Vorpommern deutlicher. Der zentrale Diskussionspunkt heute war der Vorschlag aus der EU-Kommission, die Zwangsstillegung von 4% der Nutzungsfläche für ein Jahr auszusetzen. Ich bin der Meinung: Ja, wir sollten unter den aktuellen Bedingungen die Möglichkeit nutzen und auf den Flächen dringend benötigte Nahrungsmittel produzieren. Für mich ist hierbei wichtig, dass es nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben, dem wachsenden Hunger in der Welt etwas entgegenzusetzen, sondern dass wir in Deutschland einen entscheidenden Beitrag dazu leisten werden. Um es einmal plastisch zu machen: Durch die Nutzung der Brache wäre es möglich, etwa 4 Millionen Tonnen Getreide mehr zu produzieren. Das entspricht immerhin 10 % der regulären Getreideproduktion in Deutschland. Durch die Aussetzung der Zwangsstillegung hätten Landwirte die Freiheit zu entscheiden: Stilllegen und dafür Prämien erhalten oder ackerbaulich nutzen. Das wird letztlich auch eine ökonomische Entscheidung sein. Eine endgültige Entscheidung ist dazu heute nicht gefallen. Der Bund ist jedoch aufgefordert, die Auswirkungen des EU-Vorschlags zu prüfen, hinsichtlich der Auswirkungen aus Ernährungssicherung, Biodiversität und Nutzung des Finanzbudgets und innerhalb der nächsten 14 Tage dazu einen Umlaufbeschluss vorzulegen. Ich hätte mir heute schon Klarheit in dieser Frage gewünscht - insbesondere im Hinblick auf die Planungssicherheit für die Landwirte, aber ich kann auch die Notwendigkeit einer fachlichen Prüfung und der rechtssicheren Umsetzung nachvollziehen.“, so Minister Backhaus.

Schwarz: Insgesamt zufrieden

Insgesamt zufrieden mit Blick auf die AMK zeigte sich laut Agra Europe (AgE) der erst vor Kurzem vom Bauernverband in das Amt des Landwirtschaftsministers in Schleswig-Holstein gewechselte Werner Schwarz mit den Ergebnissen. „Wir haben in der AMK einvernehmlich die Basis geschaffen, dass Deutschland seinen GAP-Strategieplan wieder einreichen kann“, erklärte er gegenüber AgE. Dazu habe der Bund nun das politische Mandat, nachdem Bund und Länder die offenen Fragen der EU-Kommission zum deutschen Strategieplan geklärt und sich dazu politisch abschließend verständigt hätten. Für die Landwirtinnen und Landwirte sei das ein enorm wichtiges Signal. Differenziert äußerte sich Schwarz laut AgE im Hinblick auf eine mögliche zeitliche Verschiebung der Regelungen zur Flächenstilllegung und zum Fruchtwechsel. Schleswig-Holstein sei an einer sachgerechten und praktikablen Lösung interessiert. Deshalb begrüße man grundsätzlich den Brüsseler Vorschlag, die Standards zu GLÖZ 7 und 8 ausnahmsweise auszusetzen. „Wir erwarten allerdings eine enge Abstimmung des Bundes mit den Ländern in Bezug auf die Prüfung möglicher Wechselwirkungen sowohl für die Öko-Regelungen als auch für die Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) der Zweiten Säule“, betonte der Minister. Es sei wichtig, dass die landwirtschaftlichen Betriebe für ihre aktuellen Anbauplanungen die erforderlichen Rahmenbedingungen für 2023 frühzeitig kennen würden.

Brüssel billigt Aussetzung der Regelungen zum Fruchtwechselgebot und zur Stilllegungspflicht

Kurz vor der AMK hat die EU-Kommission den Mitgliedstaaten das Aussetzen der Stilllegungsverpflichtung und des Fruchtwechsels für das nächste Jahr eröffnet. Die Kommission geht dabei von 1,5 Mio. Hektar aus, die zusätzlich genutzt werden können und erklärt: „Jede in der EU erzeugte Tonne Getreide wird einen Beitrag zur weltweiten Ernährungssicherheit leisten.“ Der Anbau von Mais und Soja soll aber auf diesen Flächen nicht erlaubt sein, da sie in erster Linie für Tierfutter genutzt würden. Auf deutliche Kritik stößt die Entscheidung bei Umweltverbänden und dem grünen EU-Abgeordneten Martin Häusling.

„Die Entscheidung der EU-Kommission, Regelungen zum Fruchtwechsel und zu nicht-produktiven landwirtschaftlichen Flächen für 2023 EU-weit auszusetzen, ist ein herber Schlag für den Natur- und Artenschutz. Damit werden auch die wenigen verbliebenen Rückzugsorte für die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft aufs Spiel gesetzt. Wer Brachen 2023 in eine intensive landwirtschaftliche Nutzung überführt, kann nicht damit rechnen, dass die Arten 2024 auf Knopfdruck zurückkehren. Hier wird mit einer kurzfristigen Maßnahme enormer Schaden an der Biodiversität in Kauf genommen. Statt diese ökologisch wertvollen Flächen aufzugeben, sollten die großen Potenziale für mehr Nahrungsmittelproduktion in der Reduzierung der Anbaufläche für Tierfutter und Agrokraftstoffe genutzt werden,“ kommentiert Lavinia Roveran, Koordinatorin für Naturschutz und Agrarpolitik beim Deutschen Naturschutzring (DNR).

Gemeinsam mit BUND, DUH, NABU und dem WWF Deutschland fordert daher der DNR in einem offenen Brief die Teilnehmer:innen der Sonder-AMK dazu auf, die Vorschläge der EU-Kommission mit Nachdruck zurückzuweisen und in Deutschland jetzt einen Prozess für eine konsequente und vollständige Reform der GAP ab 2028 einzuleiten.

In dem Schreiben unterstreichen die zeichnenden Verbände die Wirkungslosigkeit der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) im Kampf gegen die sich verschärfende Klima- und Biodiversitätskrise. Agrar- und Ernährungssysteme werden stetig anfälliger für Krisen und Ausfälle. Der überwiegende Teil der produzierten Agrarrohstoffe sei derzeit überdies für die tierische Produktion bestimmt oder fließe in „ineffiziente Technologien wie die Herstellung von Agrokraftstoffen“, so die Verbände. Massiv kritisieren sie die Ankündigung der EU-Kommission, wichtige Umweltstandards, wie die Regelung GLÖZ 7 zum Fruchtwechsel und die Regelung GLÖZ 8 zu nichtproduktiven Flächen und Landschaftselementen, für ein Jahr auszusetzen. Dies sei angesichts der Biodiversitäts- und Klimakrise genau der falsche Weg, da die Wirkung auf die Erträge nur sehr gering ist, der ökologischer Schaden sich aber auf Jahre auswirkt, so die Verbände.

„Klima-, Arten- und Hungerkrise dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wir brauchen Biodiversitäts- und Klimaschutz mehr denn je, um Ernährungssicherheit zu gewährleisten“, sagt Johann Rathke, Koordinator für Agrarpolitik bei WWF Deutschland. Es sei unverantwortlich, die derzeitig angespannte Versorgungslage als Vorwand zu nehmen, um die wenigen Umweltstandards zu schleifen. Die Agrarministerinnen und Agrarminister müssen endlich parteipolitische Befindlichkeiten ablegen und sich einer ernsthaften und sachlichen Problemlösung zuwenden, fordert Rathke für den WWF. „Zweifellos ist die Situation schwierig, weil es sich um eine vielschichtige Krise handelt. Aber die Empfehlungen der Wissenschaft sind eindeutig. Wir brauchen mehr Arten- und Klimaschutz in Deutschlands und Europas Landwirtschaft und den Abbau geopolitischer Hemmnisse für eine bessere Versorgung mit Lebensmitteln auf globaler Ebene“, so Rathke.

Häusling: Kommission ergibt sich dem Lobbydruck und baut Luftschlösser

Als unsinnig, kontraproduktiv und überflüssig bezeichnet, Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischem Parlament und Mitglied im Umweltausschuss, die Ankündigung der EU-Kommission, die aus ökologischen Gründen geplante Nichteinsaat von vier Prozent des Ackerlands sowie Regelungen zum Fruchtwechsel vorübergehend auszusetzen.

„Mit dieser nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich unsinnigen Entscheidung verabschiedet sich die Kommission endgültig von ihren vollmundigen Ankündigungen zum Schutz der Artenvielfalt. Wer glaubt, mit einer solchen Aussetzung nennenswerte Zusatzerträge zu produzieren, irrt. Und zwar schon deshalb, weil ein großer Teil der sogenannten Stilllegungen auf wüstenartigen Böden in Ländern wie Spanien und Portugal stattfinden würde. Dort aber Weizen anbauen zu wollen, um die etwaigen globalen Engpässe ausgleichen zu wollen, ist eine Illusion.“

Die Kommission operiert nach Ansicht von Häusling, wenn sie von 1,5 Millionen Hektar zusätzlicher Fläche spricht, mit falschen Zahlen und schürt Hoffnungen hinsichtlich erwartbarer Mehrerträge, die aus der Luft gegriffen sind. „Denn auch hierzulande sind angeblich reaktivierbare Flächen eher im Grenzertrag zu finden, von daher unproduktiv und ohne nennenswerten Effekt für die Produktion. Zudem weiß jeder Landwirt, dass sich etwa die Aufgabe einer abwechslungsreichen Fruchtfolge über kurz oder lang rächt. Er weiß, dass dies letztlich nicht zu mehr Geld in seiner Kasse führt, sondern lediglich den Pestizidverbrauch steigert. Damit ist weder ihm noch der Natur gedient, sondern nur der Agrarchemieindustrie,“ so Häusling.
Tatsächlich knicke die Kommission unter dem Druck der Agrarlobby, denen Auflagen zum Schutz unserer Natur und damit unserer Lebensgrundlagen schon immer ein Dorn waren, jämmerlich ein.
„Was sind die verheißungsvollen Aussagen der Kommission zu Pestizidreduktion und Artenvielfalt noch Wert? Statt mit Brachflächen, Blühstreifen oder Hecken dem Artenschwund etwas entgegenzusetzen, wie in den Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen (GLÖZ) vorgesehen, räumt sie das Feld. Das nenne ich verantwortungslos, denn die Kommission gibt den Kampf gegen den Verlust der Biodiversität endgültig auf“, erklärt Häusling abschließend.