Der im Nachgang der Sonderagrarministerkonferenz (AMK) vom 28. Juli 2022 eingeleitete Umlaufbeschluss, der eine vorübergehende Aussetzung des Fruchtwechsels (GLÖZ 7) und der Stilllegung landwirtschaftlicher Flächen (GLÖZ 8) vorsieht, ist einstimmig angenommen worden. Dazu erklärt der Vorsitzende der AMK, Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister Sven Schulze: "Ich begrüße den einstimmigen Beschluss von Bund und Ländern. Damit leistet Deutschland einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Ernährungssicherheit und setzt ein Zeichen der Solidarität in Zeiten knapper Ressourcen." Und abschließend: „Unsere Landwirtinnen und Landwirte haben jetzt endlich Planungssicherheit."
Was genau das laut einem jetzt vorgelegten Verordnungsentwurf für die Praxis, für die Ökologischen Vorrangflächen (ÖVF), bedeutet, erläutert im nachfolgenden Beitrag, den wir mit freundlicher Genehmigung von www.oekolandbau.nrw.de wiedergeben, Dr. Thomas Böcker von der Landwirtschaftskammer NRW.
Bund und Länder haben nun auch offiziell beschlossen, dass die Konditionalitäten-Regelungen GLÖZ 7 (Fruchtwechsel) und GLÖZ 8 (Erbringung von nichtproduktiven Flächen in Höhe von 4% – Konditionalitätenbrache) im Jahr 2023 ausgesetzt oder zur Produktion freigegeben werden. Der Bund wird kurzfristig die EU-Kommission hiervon in Kenntnis setzen. Die Diskussion darüber ist schon seit einiger Zeit in den Fachmedien zu verfolgen. Die Aussetzung dieser beiden Regelungen soll bei der Ernährungssicherung helfen. Ein erster Gesetzesentwurf liegt nun vor.
Demnach gilt für das Jahr 2023:
1. GLÖZ 7 wird für das Jahr 2023 nicht angewandt, das heißt, die Regelungen zum Fruchtwechsel gelten erst ab 2024. Somit ist zum Beipsiel ein Anbau von Weizen nach Weizen (Stoppelweizen) in 2023 möglich.
2. GLÖZ 8 wird für den Anbau von Kulturen, die der menschlichen Ernährung dienen sollen, freigegeben. Der Beschluss umfasst ausdrücklich nur den Anbau von Getreide, Leguminosen und Sonnenblumen auf den Konditionalitätenbrachen. Für Raps, Rüben, Kartoffeln und Gemüse beispielsweise gilt diese Ausnahme für 2023 folglich nicht! Des Weiteren sind Mais (Getreide), Soja (Leguminosen) und KUP ausdrücklich ausgenommen.
Flächenverlust vermeiden
Gleichzeitig soll es zu keinem Verlust von Flächen kommen, die bereits mehrere Jahre stillgelegt wurden und daher bereits dem Arten- und Klimaschutz dienen. Ein Anbau darf deshalb nicht auf Konditionalitätenbrachen erfolgen, die bereits in den Jahren 2021 und 2022 aus der Produktion genommen waren und sind (in beiden Jahren). Somit gilt die Freigabe der Produktion nicht auf Stilllegungsflächen. Zu den Stilllegungsflächen zählen laut Gesetzesentwurf die verschiedenen ÖVF-Brachen, wie Honigbrache oder ÖVF-Pufferstreifen, Brachen im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen und sonstige Brachen.
Antragsteller müssen im Jahr 2023 somit auch weiterhin die 4 %-Konditionalitätenbrache erfüllen. Sie können aber alle Ackerflächen, die zum Getreide-, Leguminosen- und Sonnenblumenanbau dienen, als Konditionalitätenbrache mit Erzeugung angeben, sofern diese Flächen nicht in 2021 und 2022 stillgelegt waren. Des Weiteren können Sie auch weiterhin Ihre Bracheflächen als Konditionalitätenbrache geltend machen – sofern Sie im Jahr 2023 welche haben.
Brachflächen zurück in die Produktion
Es ist auch weiterhin möglich, dass Brachen wieder in die Produktion genommen werden, so zum Beispiel Umbruch und Anbau von Getreide, auch wenn diese bereits 2021 und 2022 stillgelegt wurden. Eine Brache (2021 und 2022) als Konditionalitätenbrache mit der Erzeugung von Getreide, Leguminosen oder Sonnenblumen zu nutzen, ist jedoch nicht möglich. Außerdem muss laut Gesetzesentwurf im Falle eines Umbruchs einer bestehenden Brache die tatsächliche Stilllegung auf alternativen Flächen erbracht werden (ohne Anbau-Ausnahme!). Deshalb werden in den meisten Fällen bestehende Brachen als Konditionalitätenbrache ohne Produktion in 2023 fortgeführt werden.
Dazu hier ein Beispiel: Ein Betrieb hatte 2021 und 2022 auf 2 % der Betriebsfläche mehrjährige Brachen. Die Konditionalitätenbrache könnte sich somit 2023 aus den 2 % der Vorjahresbrachen und 2 % Getreideanbau auf der Brache zusammensetzen. Auch wäre es möglich, 4 % der Fläche stillzulegen – egal, wo im Betrieb. Der Betrieb könnte 2023 allerdings nicht auf 4 % der Konditionalitätenbrache Getreide erzeugen.
Stilllegungen prüfen
Hinsichtlich der Umsetzung dieser Regelungen im Rahmen des nächstjährigen Antragsverfahren wird es wahrscheinlich nötig sein, dass Antragsteller ihre Konditionalitätenbrachen im Flächenverzeichnis trotz Bewirtschaftungsfreigabe entsprechend kennzeichnen. Es ist zu prüfen, ob mindestens 4 % der Ackerfläche als Stilllegung vorhanden ist, auch wenn auf der Fläche zum Beispiel Getreide angebaut wird. Es ist möglich, Getreideanbauflächen 2023 als Konditionalitätenbrache zu kennzeichnen und somit die 4 %-Forderung zu erfüllen. Die Prüfung, ob eine Fläche in den Jahren 2021 und 2022 bereits stillgelegt war, hat flächenscharf unabhängig vom Bewirtschafter zu erfolgen - das heißt, auch bei einem Bewirtschafterwechsel bleibt der Status der Stilllegung 2021 und 2022 für eine Fläche erhalten.
Besonderheit Öko-Regelungen
Wenn im Betrieb Flächen für die Konditionalitätenbrache 2023 der Erzeugung dienen, ist eine gleichzeitige Teilnahme an der freiwilligen Stilllegung im Rahmen der Öko-Regelung im Jahr 2023 nicht möglich. Diese Einschränkung beinhaltet auch die Anlage von Blühstreifen und -flächen im Rahmen der Öko-Regelungen. Inwieweit diese Einschränkungen auch den AUM-Bereich betreffen, ist bisher noch nicht geklärt. Es ist auf jeden Fall 2023 weiterhin möglich, dass eine Konditionalitätenbrache aus der Produktion genommen wird und beantragt werden kann. Dieses wäre zum Beispiel der Fall, wenn eine Teilnahme an der freiwilligen Stilllegung im Rahmen der Öko-Regelungen beabsichtigt ist oder eine Brache aus den Jahren 2021 und 2022 als Konditionalitätenbrache (ohne Erzeugung) fortgeführt werden soll.
Auch wenn die Ausnahmeverordnung noch nicht final beschlossen ist, so haben Bund und Länder zumindest ihre Zustimmung signalisiert. Damit ist nun die Rechtssicherheit hinsichtlich der Aussetzung von GLÖZ 7 und die Produktionsfreigabe für GLÖZ 8 gegeben.