Der Druck auf landwirtschaftliche Flächen steigt immer mehr. Geplante Infrastrukturprojekte, außerlandwirtschaftliche Investoren, die Land seit Mitte der 2000er Jahre für sich entdeckt haben, und neue Photovoltaikanlagen drängen alle auf den Acker. Steigende Bodenpreise sind Ausdruck dessen. Landwirt:innen in Deutschland haben es immer schwerer, ihren Boden zu sichern oder an neues Land zu kommen. Die AbL Mitteldeutschland fordert daher: „Ackerland in Bäuer:innenhand – jetzt!“ Um dies umzusetzen, hat sich die AbL Mitteldeutschland für 2022 einiges vorgenommen.
Das zentrale Anliegen ist die gemeinwohlorientierte Verpachtung landwirtschaftlicher Nutzflächen. Etwa zehn Prozent beträgt der Anteil landwirtschaftlicher Flächen im Eigentum von Kommunen, Städten, Ländern, der BVVG sowie der Kirchen. Da sich nur 39,7 Prozent des Landes in den Händen der landwirtschaftlichen Betriebe befindet, müssen viele Bäuer:innen Land pachten, um eine wirtschaftliche Existenzgrundlage zu haben. Das Land in öffentlicher Hand ist der Schlüssel dafür, bäuerlichen Betrieben und vor allem landwirtschaftlichen Existenzgründer:innen Zugang zu Land zu ermöglichen. Zum einen, weil zehn Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche immerhin 1,6 Millionen Hektar Land entsprechen, zum anderen aber, weil die Verpachtungsrichtlinien staatlicher und kirchlicher Behörden Vorbild sind für die vielen nicht-landwirtschaftlichen Privatpersonen, denen mit 48,7 Prozent der Großteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland gehört.
Bisher verlaufen die Vergabeverfahren für öffentliches Land oftmals sehr intransparent und nach Gewohnheitsrecht oder Höchstpreis. Damit bevorzugt das jetzige System gerade in den ostdeutschen Bundesländern agrarindustrielle Großbetriebe. Hofgründer:innen sowie bäuerliche, kleinere und ökologisch wirtschaftende Betriebe, die aufgrund extrem steigender Bodenpreise und der Aktivitäten außerlandwirtschaftlicher Investoren bereits unter Druck stehen, haben oftmals das Nachsehen. Die bisherige Praxis fördert somit eine industrialisierte Landwirtschaft, die auf Intensivierung und maximale Erträge setzt, während Biodiversität, Gewässer, Böden, Nutztiere und das Klima leiden. Dem ländlichen Raum geht Wirtschaftskraft verloren.
Die AbL startet ihre Gemeinwohlverpachtungskampagne. Den Anfang machen die Flächen des Bundes, genauer gesagt: der Bodenverwertungs- und -verwaltungs-GmbH, kurz BVVG. Die Behörde mit dem komplizierten Namen ist Nachfolgerin der Treuhandgesellschaft und verwaltet die restlichen „volkseigenen“ land- und forstwirtschaftlichen Flächen der ehemaligen DDR. Von ursprünglich 1,1 Millionen Hektar Land befinden sich nur noch etwa 90.000 Hektar im Eigentum der BVVG – der Rest wurde unter teils skandalösen Bedingungen privatisiert. Kleinere, bäuerliche Betriebe gingen beim Verkauf oftmals leer aus. Die Ampel-Koalition hat sich nun – viel zu spät, aber endlich! – dazu entschlossen, den Ausverkauf öffentlichen Eigentums zu stoppen und (fast) keine weiteren Flächen mehr zu verkaufen (max. 6.000 Hektar können noch veräußert werden). Die Flächen sollen nun an ökologische und nachhaltige Betriebe verpachtet werden.
Dies ist ein später Erfolg für die beharrliche Arbeit der AbL, die sich stets für den Privatisierungsstopp von BVVG-Land eingesetzt hat. Der Kampf ist jedoch längst noch nicht zu Ende. Zu intransparent laufen die Verhandlungen zwischen den Koalitionspartner:innen und verschiedenen Ministerien. Zu schwammig sind die Äußerungen, wer denn nun das Land pachten kann; ein „nachhaltiger Betrieb“ kann vieles bedeuten. Daher bleibt die AbL weiter am Ball. Wir fordern eine transparente Verpachtung des BVVG-Lands nach Gemeinwohlkriterien. Daher werden wir vor dem Finanzministerium in Berlin eine Protestaktion machen und unsere Forderungen zur gemeinwohlorientierten Verpachtung der BVVG-Flächen übergeben.