„Jetzt ist die Zeit“ lautete das Motto des diesjährigen evangelische Kirchentages in Nürnberg und die AbL, hauptsächlich mit Vertreter:innen der AbL Mitteldeutschland, Bayern und der jungen AbL, nahm teil, um das Thema Gemeinwohlverpachtung in die etwa 325.000 Hektar Agrarland besitzende evangelische Kirche zu tragen – und sie hatte damit Erfolg. Neben einer Regenwurm-Aktion (der Bauernstimme-newsletter berichtete) wurden insbesondere Infostände, drinnen und draußen, zu Gesprächen mit Kirchenmitgliedern genutzt, um über das Thema Boden, Landvergabe der Kirchen und Gemeinwohlverpachtung zu informieren. Am Abend der Begegnung, auf den über 130.000 Menschen kamen, informierte die AbL an ihrem Stand zum Thema „Kirchenland und Gemeinwohlverpachtung“ Kirchenmitglieder unter anderem darüber, dass sie über einen entsprechenden Antrag ihre Kirchengemeinde zur Verpachtung ihrer Flächen nach Gemeinwohlkriterien bewegen können.
Auf dem Kirchentag haben AbL und junge AbL gemeinsam mit dem Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KDA) der Nordkirche auch eine Resolution eingebracht. In dieser Resolution werden die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und ihre Gliedkirchen aufgefordert, ihr Land gemeinwohlorientiert zu verpachten. Statt nach Höchstgebot oder stets an Bestandspächter:innen sollen sie das Land transparent ausschreiben und nach verschiedenen Gemeinwohlkriterien vergeben. So sollen eher Betriebe, die boden- und klimaschonend wirtschaften, direkt vermarkten, gute Arbeitsplätze schaffen und das Tierwohl achten sowie Existenzgründer:innen bevorzugt zum Zuge kommen.
Diese Resolution "Schöpfung bewahren - Kirchenland gemeinwohlorientiert verpachten" wurde auf der Veranstaltung „Freiheit in planetaren Grenzen: Wie viele Regeln braucht der Klimaschutz?“ eingebracht und mit überwältigender Mehrheit der rund 2000 anwesenden Menschen angenommen: 96 % aller Anwesenden stimmten mit Ja!
Das ist nach Ansicht der AbL „wirklich ein großer Erfolg“, der zeige, „dass unsere Forderungen anschlussfähig sind und in der Gesellschaft ankommen.“ Einschränkend müsse allerdings gesagt werden: die Resolution ist nicht bindend für die EKD. „Wir als AbL müssen jetzt dranbleiben und alle Bischöfe der Landeskirchen, die Vorsitzende der EKD und weitere Adressaten in der Kirche anschreiben, über die verabschiedete Resolution informieren und sie auffordern, diese umzusetzen. Der Kirchentag und die dortigen Begegnungen haben uns insgesamt aber viel Rückenwind gegeben für eine Gemeinwohlverpachtung von Kirchenland – dies gilt es nun zu nutzen“, beschreibt Jan Brunner, Geschäftsführer AbL Mitteldeutschland, die jetzt anstehenden Herausforderungen.
Thüringen verpachtet als erstes Bundesland gemeinwohlorientiert
In der Resolution wird auch Bezug genommen auf das Land Thüringen, das seit 2023 als erstes Bundesland die landeseigenen Flächen gemeinwohlorientiert verpachtet. Anstatt einer Flächenvergabe an Bestandspächter, vergibt Thüringen seine Flächen nun an die Bäuerinnen und Bauern, die ihre Produkte direkt vermarkten, Arbeitsplätze im Betrieb schaffen oder Tiere halten. Auch Existenzgründer und Junglandwirtinnen werden besonders berücksichtigt. In einem Katalog sind alle Vergabekriterien wie die Anzahl von Arbeitsplätzen pro Hektar mit Punkten beziffert. Das Verfahren läuft so ab, dass die sich bewerbenden Betriebe Angaben zu allen Kriterien machen. Der Betrieb mit den meisten Punkten erhält dann die Fläche. Dabei wurden allerdings ein paar Hürden eingebaut, die verhindern sollen, dass zu viel Bewegung in die Pachtvergabe kommt. So werden beispielsweise nur Flächen ab 10 ha Größe nach dem neuen Punktesystem ausgeschrieben, kleinere Flächen verbleiben bei den Altpächtern. Gleichzeitig wird darauf geachtet, dass der Pachtflächenverlust keine Betriebe trifft, die ohnehin schon viele Flächen verlieren. Auch Investitionen, die sich nur mit einer bestimmten Flächengröße rentabel abzahlen lassen, werden im Punktesystem berücksichtigt. "Wir sind sehr froh, dass das Land Thüringen als erstes Bundesland seine Flächen nach einem transparenten Vergabeverfahren verpachtet und damit seiner Vorbildfunktion nachkommt. Endlich haben auch landwirtschaftliche Existenzgründer und -gründerinnen die Chance, Agrarland des Freistaats Thüringen zu pachten. Durch die Einschränkung, dass die Gemeinwohlkriterien nur bei Flächen ab einer Größe von 10 Hektar angewendet werden, bleiben viele Pachtverträge unangetastet. Hier muss das Landwirtschaftsministerium unbedingt nachbessern. Dennoch hoffen wir, dass dieses Modell auch in anderen Bundesländern viele Nachahmer findet", so Anne Neuber, Geschäftsführerin der AbL Mitteldeutschland.