Neue Verpachtungskriterien der BVVG tragen erste Früchte

Seit letztem Jahr verpachtet die BVVG ihr Land nach Gemeinwohlkriterien. Dies ist ein fundamentaler Einschnitt in die bisherige Praxis der BVVG und ein riesiger Erfolg der AbL. Nun stehen Verhandlungen an, um das Verfahren auch für die nächsten Jahre festzuschreiben.

Nach ihrer Gründung 1992 verwaltete die 1996 in die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) umbenannte Treuhand-Gesellschaft etwa 1,1 Millionen Hektar Agrarland. Sie hatte den Auftrag, die ehemaligen volkseigenen landwirtschaftlichen Flächen der DDR zu privatisieren. In der Folge verkaufte sie viele Flächen bis 2010 vor allem vergünstigt an Bestandspächter:innen, danach insbesondere zum Höchstpreis an die Meistbietenden. Öffentliches Eigentum, mit dem der Staat gestalten könnte, wurde wie in so vielen anderen Bereichen und Ländern privatisiert. Übrig geblieben sind inzwischen noch etwa 91.000 Hektar.

Die AbL hat schon lange gefordert, dass die BVVG die Privatisierung von Agrarflächen beendet und stattdessen gemeinwohlorientiert verpachtet. Gemeinwohlverpachtung ist eine transparente Vergabepraxis von Agrarflächen, die sich am Gemeinwohl der Gesellschaft orientiert. Die Vergabe erfolgt nach Kriterien, etwa an ortsansässige Betriebe, die regional und bedarfsorientiert vermarkten, Tier-, Umwelt-, und Naturschutzleistungen erbringen, Arbeitsplätze schaffen und damit wirtschaftlich und sozial eine tragende Säule in der Gesellschaft einnehmen. Auch die Förderung von Existenzgründung gehört dazu. Ein erster Erfolg war es daher, dass die Ampelkoalition das Ende der Privatisierung und stattdessen eine Verpachtung an „ökologische und nachhaltige Betriebe“ als Ziel in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben hat. Insbesondere die FDP um Finanzminister Lindner stellte diese Vereinbarung jedoch immer wieder in Frage, sodass es u.a. Protestaktionen vor dem Finanzministerium und eine groß angelegte Unterschriftenaktion der AbL brauchte, um sie zum Einlenken zu bringen. Über 150.000 Menschen unterschrieben etwa die Petition „Lindners Vertragsbruch: Ausverkauf öffentlichen Eigentums stoppen!“ der beiden AbL-Landwirtinnen Dorothee Sterz und Gesine Langlotz.

Im Juni 2023 dann der erste Durchbruch: Die Regierung erließ neue „Grundsätze für das Flächenmanagement der BVVG“. Zunächst nur als Pilotphase für das laufende Jahr, da die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt in letzter Sekunde Bedenken anmeldeten und ihre Unterschrift verweigerten.

In den neuen Grundsätzen ist u.a. geregelt, dass von den restlichen 91.000 ha Land etwa 25.500 ha als Naturschutzflächen ins Nationale Naturerbe übergehen sollen. Bis 2024 können zudem noch maximal 6.000 ha privatisiert werden. Hierbei geht es vor allem um Rechtsansprüche nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG). Die restlichen, immerhin noch knapp 60.000 ha Land werden seit letztem Jahr nach Gemeinwohlkriterien vergeben. Bei der Erarbeitung dieser hat die AbL kräftig mitgewirkt; der Kriterienkatalog der AbL für eine gemeinwohlorientierte Verpachtung diente als Diskussionsgrundlage in den Verhandlungen zwischen den verschiedenen Parteien, Ministerien und Verbänden.

Von nun an wird Land nicht mehr an den höchstbietenden Betrieb oder den, der es schon immer genutzt hat, vergeben. Die Kriterien, die die BVVG nun nutzt, umfassen etwa, ob der Betrieb Existenzgründer ist, ob es ein regionaler oder ein ökologischer Betrieb ist. Auch Schafhalter:innen, Betriebe mit Tierschutzlabel oder Betriebe, die Hecken anlegen, Moore wiedervernässen oder andere Naturschutzleistung erbringen, können Punkte sammeln. Der gebotene Preis spielt nach wie vor eine Rolle. So muss ein Betrieb mindestens 60 % des veröffentlichten Orientierungswertes bieten; zudem bekommen die drei höchstbietenden Betriebe Pluspunkte. Das Kriterium „Preis“ ist also erfreulicherweise nur noch eines unter vielen, hätte aber nach Ansicht der AbL ganz aus der Liste verschwinden können. Auch soziale Kriterien wie der Arbeitsplätzebesatz oder Fragen der Direktvermarktung hätten berücksichtig werden können. Nichtsdestotrotz ist der Kriterienkatalog umfangreich, relativ ambitioniert und fortschrittlich.

Nun hat die BVVG erste Ergebnisse veröffentlicht. Durch die relativ späte Einigung musste die BVVG in recht kurzer Zeit 26.000 Hektar Land auslaufender Pachtverträge neuverpachten. Leider umfassen die Ergebnisse nur die Frage, ob es ökologisch wirtschaftende Betriebe sind. So gingen laut BVVG 56 Prozent der über Ausschreibungen neu verpachteten Fläche an ökologisch wirtschaftende Betriebe. Der ökologisch bewirtschaftete Pachtflächenanteil an BVVG-Fläche stieg damit auf rund 30 Prozent. Nach unserer Informationslage, u.a. aus Erfahrungsberichten von AbL-Betrieben, bekamen auch häufig Junglandwirt:innen bzw. Existenzgründer:innen den Zuschlag für Flächen, auf die sie vorher keine Chance hatten. Der durchschnittliche Pachtpreis der BVVG war leicht rückläufig. Kostete ein Hektar 2022 noch durchschnittlich 447 Euro, lag der Preis 2023 bei 437 Euro. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber damit liegt die BVVG nach wie vor deutlich über den Durchschnittswerten in Ostdeutschland.

Aktuell wird nun zwischen Finanzministerium, Landwirtschaftsministerium, der BVVG und den ostdeutschen Bundesländern verhandelt, ob und wie die Pilotphase verlängert wird. Die AbL versucht natürlich auch hier, sich Gehör für ihre Positionen zu verschaffen. Privatisierung von öffentlichem Eigentum soll dauerhaft gestoppt werden, und das zarte Pflänzchen der Gemeinwohlverpachtung erhalten und stetig verbessert werden.