Landwirt:innen der AbL fordern fairen, transparenten Zugang zu Land von Gemeindevertreter:innen

Gleichzeitig in 30 deutschen Städten haben Bäuerinnen und Bauern der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) sowie der jungen AbL (jAbL) vor Rathäusern und Verwaltungen für eine gemeinwohlorientierte Verpachtung öffentlicher Flächen demonstriert. Sie forderten ein transparentes Vergabeverfahren für kommunales Pachtland und kritisierten die bisherige Vergabepraxis nach Höchstgebot und Gewohnheitsrecht. Bei den Kundgebungen überreichten die Landwirt:innen den von der AbL erarbeiteten Kriterienkatalog für eine gemeinwohlorientierte Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen, der die Kommunalpolitik bei der zielgerichteten Auswahl von bäuerlichen, zukunftsorientiert wirtschaftenden Pächter:innen unterstützen soll. Die dezentralen Trecker-Kundgebungen waren der diesjährige Höhepunkt der AbL-Kampagne “Gemeinwohlverpachtung jetzt!”.

Dorothee Sterz, Kampagnenkoordination, Landwirtin und Sprecherin der jungen AbL, kommentiert im Rahmen der Proteste: “Mit über 30 Aktionen deutschlandweit in Orten wie Erfurt, Kassel, Dresden, Köln und Garmisch-Partenkirchen konnten wir heute ein starkes Signal für eine zukunfts- und gemeinwohlorientierte Landwirtschaft setzen. Städte und Kommunen haben eine enorme Gestaltungskraft, die sie viel besser nutzen können. Sie sollten Betriebe fördern, die wirklich für das Gemeinwohl arbeiten, etwa durch Direktvermarktung vor Ort, Schaffung von regionalen Arbeitsplätzen oder besonders boden- und klimaschonendem Arbeiten. Gleichzeitig sind wir Existenzgründerinnen auf einen transparenten Zugang zu Land angewiesen – sonst können wir keine Betriebe gründen.”

Bei der Hauptaktion in Erfurt übergaben Vertreter:innen der AbL Mitteldeutschland einen Präsentkorb an Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD). Mit der Erarbeitung von lokal angepassten Verpachtungskriterien ist die Stadt beispielhaft vorangegangen. Auf den 1000 Hektar städtischer Eigentumsfläche können nun gesunde Lebensmittel für die Menschen vor Ort erzeugt werden, unabhängig von globalen Lieferketten.

Oberbürgermeister Bausewein freute sich über die Anerkennung: "Wir hoffen, dass wir in Erfurt als gutes Beispiel vorangehen und andere Kommunen dazu animieren können, diesen Weg auch einzuschlagen." In Erfurt erfolgt die Verpachtung nach einem Punktesystem, in dem die regionale Herkunft der Pachtinteressierten, die Bewirtschaftungsform, soziale Aspekte (z.B. Existenzgründer innerhalb der ersten fünf Jahre oder solidarische Landwirtschaft), biodiversitätsfördernde Maßnahmen/Natur- und Artenschutz sowie Tierhaltung (z.B. gentechnikfreie Fütterung) je nach betrieblichem Vorkommen mit einer unterschiedlich hohen Punktezahl versehen und zu einer Gesamtpunktzahl addiert werden.

Nicht nur Kommunen und Städte sondern auch die Bundesregierung greift aktuell das Thema Verpachtung öffentlicher Flächen auf. Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) haben kürzlich mitgeteilt, die Flächen der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) in Zukunft, wie im Koalitionsvertrag angekündigt, nicht weiter zu privatisieren. Stattdessen sollen nun nachhaltige Verpachtungskriterien entwickelt werden.
 

29.11.2022
Von: FebL/PM

Aktionen in Erfurt, wo AbL Mitteldeutschland-Vorsitzender Michael Grolm und die dortige Geschäftsführerin Anne Neuber einen Präsentkorb an Oberbürgermeister Andreas Bausewein übergeben haben, und in Eberswalde/Brandenburg sowie Köln/Nordrhein-Westfalen. Fotos: Micha Grolm; AbL Nordost; AbL NRW