BDM-Aktionen „Wir baden aus, was die Politik versäumt!“

Unter dem Motto „Wir baden aus, was die Politik versäumt“ stand die bundesweite Aktion der Milchbäuerinnen und Milchbauern des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) e.V. anlässlich des Weltmilchtags am 1. Juni, die in Hannover am 30. Mai ihren Auftakt hatte und am 31. Mai in Berlin, Düsseldorf, Stuttgart, Schwerin sowie am 1. Juni in Kiel und München fortgesetzt wurde. Unterstützende Worte kommen von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die zum zeitgleich zum Weltmilchtag stattfindenden Weltbauerntag Respekt, Wertschätzung und langfristige Perspektiven für die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern fordert.

Nach den Milchmarktkrisen 2009, 2012 und 2015/16 mit immensen Verlusten für die Landwirte stehen die Milchbäuerinnen und -bauern nun vor der Milchmarktkrise 4.0. – verursacht durch ein zunehmendes Marktungleichgewicht, das sich bereits seit Mitte 2022 abzeichnete, so der BDM.

„Wir weisen auf diese Marktsituation, die sich seit einigen Monaten auch in massiv fallenden Erzeugerpreisen realisiert, seit Mitte 2022 deutlich hin“, betont BDM-Vorstandsvorsitzender Karsten Hansen. „Statt aber rechtzeitig aktiv zu werden und große Verluste für die Bauern zu verhindern, stellt sich die Politik blind und taub und wiederholt damit exakt die gleichen Fehler wie in den vergangenen drei großen Milchmarktkrisen. Und so wie es aussieht unterscheidet sich das Nicht-Handeln der jetzigen Regierung kein bisschen vom Nicht-Handeln der CDU/CSU-geführten Regierung. In einem überlaufenden Milchmarkt baden die Bäuerinnen und Bauern, denen die Milch bildlich bis zum Hals steht, dieses Nicht-Handeln ganz allein aus. Molkereien und Handel verdienen weiter an der billigen Milch. Das verdeutlichen wir mit unserer Aktion.“

Schon bei 43 Cent/kg Milch können gerade noch die variablen Kosten der Milchproduktion gedeckt werden. Die Milcherzeugerpreise haben dieses Preisniveau in vielen Fällen aber bereits unterschritten. „Wir befinden uns damit angesichts gestiegener Produktionskosten bereits bei 43 Cent auf Krisenniveau. Das negiert die Politik. Auch das Argument, man habe doch in den vergangenen Monaten gut verdient, klingt wie ein Hohn, wenn man sich vor Augen hält, dass wir in den letzten 15 Jahren das erste Mal einen Gewinn erwirtschaften konnten“, zeigt sich Hansen verärgert. „Wir fordern kein Geld und wir fordern kein Zurück zu einer Quote – wir fordern eine organisierte, befristete Reduzierung der EU-Milchmenge auf freiwilliger Basis. In der Gemeinsamen Marktordnung der EU ist das Kriseninstrument des Freiwilligen Lieferverzichts gegen Entschädigung bereits vorgesehen. Es müsste nur aktiviert werden!“

Hansen weiter: „Es ist wirklich Irrsinn: Wir diskutieren über nötige Aufschläge für Tierwohl und Klimaschutz und gleichzeitig schaut man zu, wie Kapital, das für die Weiterentwicklung der Betriebe dringend benötigt wird, einfach durch Nichtstun verbrannt wird. Auch unter dem Aspekt des Klima- und Ressourcenschutzes wäre es sinnvoller, Milchmengen rechtzeitig einzudämmen statt sie zu produzieren und billigst auf dem Weltmarkt zu verschleudern. Wir fordern die Politik auf, endlich ihrer Verantwortung gerecht zu werden.“

Unterstützende Worte kommen von Elisabeth Waizenegger, Milchviehhalterin im AbL-Bundesvorstand: „Der Milchpreis war zwar kurzzeitig gewinnbringend für die Betriebe, sinkt aber seit Mitte letzten Jahres wieder. Die Preise reichen teilweise nicht mehr aus, um die Kosten zu decken. Das machen auch eindrücklich die aktuellen Aktionen der Bäuerinnen und Bauern deutlich, die der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter initiiert. Auf EU-Ebene fordern Organisationen verbändeübergreifend in einem offenen Brief Marktbeobachtung und bei Bedarf das Aktivieren der Marktkriseninstrumente. Dafür muss sich Landwirtschaftsminister Özdemir jetzt auf EU-Ebene stark machen. National kann er ebenfalls umgehend handeln und den Artikel 148 umsetzen, der Bäuerinnen und Bauern mehr Möglichkeiten bietet, auf Augenhöhe mit den Molkereien zu verhandeln. Auch eine wirkliche Honorierung der Weidehaltung etwa durch eine zusätzliche Öko-Regelungen würde zumindest einem Teil der Milchviehbetriebe zusätzliche Perspektiven bieten und diese tierwohl- und biodiversitätsfördernde Art der Bewirtschaftung in Wert setzen.“

AbL zum Weltbauerntag

Zum ebenfalls am 1. Juni stattfindenden Weltbauerntag fordert der Landwirt und AbL-Bundesvorsitzende Martin Schulz Respekt, Wertschätzung und langfristige Perspektiven für die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern. „Die Arbeit von uns Bäuerinnen und Bauern verdient Respekt, Wertschätzung und langfristige Perspektiven. Viel zu häufig haben die politisch Verantwortlichen in der Vergangenheit notwenige Weichenstellungen zum Umbau der Tierhaltung und für eine Ökologisierung des Ackerbaus und der Grünlandwirtschaft auf die lange Bank geschoben. Es galt stets das Dogma der Exportorientierung und Kostenführerschaft. Damit muss Schluss sein. Im Europäischen Green-Deal und den mit ihm verbundenen Strategien für die Landwirtschaft wird der ökologische Wandel mit wirtschaftlichen Perspektiven für uns Bäuerinnen und Bauern verbunden. Anstatt diese nun unter dem Deckmantel der Ernährungssicherheit auf den Prüfstand zu stellen, muss der Green-Deal weiterverfolgt und mit Leben gefüllt werden.“

07.06.2023
Von: FebL/PM

BDM-Aktion in Düsseldorf und Schwerin. Fotos: BDM