Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) will die Stellung der deutschen Landwirtinnen und Landwirte am Milchmarkt stärken. Sie sollen laut BMEL dabei unterstützt werden, auf Dauer auskömmliche Preise für ihre wertvollen Produkte zu erzielen. Dafür legt das BMEL einen 4-Punkte-Plan zur Milchviehhaltung vor, der auch vorsieht den Artikel 148 auf den Weg zu bringen. Für die Abl wäre damit endlich ein erster Schritt zu einer Verbesserung der Marktposition der Milcherzeuger erreicht. Der Bundesverband Deutscher Milchviehhaletr (BDM) „ermuntert“ den Minister, dies endlich auch zu tun. In dem Plan sind außerdem Maßnahmen für eine nachhaltige und möglichst klimafreundliche Milcherzeugung vorgesehen.
Vor allem um die wirtschaftliche Ausgangsbasis der Milchbäuerinnen und Milchbauern zu verbessern, wird das BMEL nach eigenen Worten die nationale Anwendung des Artikel 148 der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) zur Gestaltung der Lieferbeziehungen auf den Weg bringen. Dieser Artikel biete für den Sektor Milch und Milcherzeugnisse die Möglichkeit, eine Vertragspflicht mit bestimmten Bestandteilen national festzulegen, etwa was Preise und Liefermengen betrifft. Die Milcherzeugerinnen und -erzeuger erfahren oft erst Wochen nach der Ablieferung, welchen Preis sie für ihre Milch erhalten. Die Gestaltung der Lieferbeziehungen ist laut BMEL daher ein Baustein, um die Kräfteverhältnisse in der Wertschöpfungskette zugunsten der Milcherzeuger besser auszubalancieren. Das BMEL will zudem auch über Marktmaßnahmen mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz in der Milcherzeugung fördern. Überdies prüft das BMEL mögliche Ansätze, um die Transparenz auf dem Markt für regional gekennzeichnete Produkte zu verbessern.
Der 4-Punkt-Plan sieht darüber hinaus vor, die Diversifizierung der Absatzstrukturen zu fördern und die Bedeutung des Grünlands für die Ernährungssicherung und Biodiversität, für die Kulturlandschaft und den Tourismus noch deutlicher hervorzuheben. Schließlich ist auch die Unterstützung der Forschung für eine nachhaltigere Milcherzeugung sowie die Zucht robuster Nutztierrassen dem BMEL ein zentrales Anliegen, so das BMEL.
AbL: Es wäre endlich ein erster Schritt
„Die Umsetzung von Artikel 148 wäre endlich ein erster Schritt zu einer Verbesserung der Marktposition der Milcherzeuger“, erklärt Ottmar Ilchmann, Milchbauer und Landesvorsitzender der AbL in Niedersachsen. Wichtig ist für ihn die Einbeziehung der Genossenschaftsmolkereien. „Dass aus dieser Ecke so massiver Widerstand kommt, ist nicht weiter verwunderlich. Die Molkereien müssten raus aus ihrer Komfortzone, die es so in keinem anderen Wirtschaftsbereich gibt, und könnten nicht mehr das gesamte Marktrisiko auf die Erzeuger abwälzen. Ich hoffe, Minister Özdemir bleibt standhaft auch gegen den DBV, der in dieser Frage konsequent gegen die Interessen der Milcherzeuger arbeitet“, so Ilchmann.
BDM: Endlich Bewegung
Endlich scheint tatsächlich Bewegung in die nationale Umsetzung des Art. 148 GMO zu kommen, heißt es beim Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) mit Blick auf den 4-Punkte-Plan. Bereits seit rund 10 Jahren ermöglicht Art. 148 GMO den europäischen Mitgliedsstaaten, den Abschluss von Verträgen mit konkreten Vereinbarungen über Preise, Mengen, Qualitäten und Laufzeit zwischen Verarbeitern und Milcherzeugern verbindlich vorzugeben.
Mit seinem 4-Punkte-Plan „Zukunftsfähige Milchviehhaltung stärken“ bekräftigt das BMEL nach Ansicht des BDM nun noch einmal seine Ankündigung zum Ende seiner Milchkonferenz, die Ende August 2023 stattfand, die Umsetzung des Art. 148 GMO in nationales Recht vorantreiben zu wollen.
„Wir können das Bundesagrarministerium in seinem Bestreben, endlich die Marktstellung der Milcherzeuger zu verbessern, nur ermuntern, dies endlich auch zu tun“, erklärt BDM-Vorsitzender Karsten Hansen. „Wenn das jetzt nicht geschieht, kann sich Bundesagrarminister Cem Özdemir mit seiner Amtsvorgängerin Julia Klöckner in eine Reihe stellen als „Ankündigungsminister“. Immer wieder hatte die Bundesministerin Klöckner mit der Umsetzung in nationales Recht gedroht, aber nie gehandelt.“
Um die Marktstellung der Milcherzeuger in einem ersten Schritt verbessern zu können, bedarf es hinsichtlich des Art. 148 GMO aber ganz konkreter Vorgaben, auch darauf weist BDM-Vorsitzender Karsten Hansen mit Nachdruck hin:
„Um die Marktstellung der Milcherzeuger wirklich zu verbessern, brauchen wir neben der Umsetzung des Art. 148 GMO noch weitere Schritte: Wir brauchen zum einen Instrumente, mit denen aufziehenden Milchmarktkrisen wirksam begegnet werden kann, zum anderen muss der Landwirtschaft ermöglicht werden, ein effizientes Marktmanagement zu betreiben“, fordert BDM-Vorstand Manfred Gilch. „Der Milchmarkt ist europäisch, darum brauchen wir EU-weit wirkende Instrumente, die in der Lage sind, ein weitgehendes Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage herzustellen“, so Gilch weiter.
„Daran zu glauben, dass auf Molkereiebene ein Interesse an ausgeglichenen Marktsituationen besteht, ist ein Irrglaube. Schon minimale Mengen zu viel auf dem Markt sorgen für eine schlechte Verhandlungsposition der Erzeuger – mit der Folge, dass der Käufer bzw. Abnehmer die Vertragsbedingungen diktiert. Das wissen die Verarbeiter aus eigener Erfahrung mit dem Handel.“