Das Bundesgericht in Australien hat den australischen Molkereikonzern Lactalis Australia Pty Ltd zur Zahlung von 950.000 A$ (576.840 Euro) Strafe verurteilt, weil das Unternehmen zum Nachteil der Milchbauern gegen den 2020 von der Regierung eingeführten verpflichtenden Verhaltenskodex für die Milchwirtschaft verstoßen hat. Angestrengt wurde das Verfahren von der Australischen Kommission für Wettbewerb und Verbraucherschutz (Australian Competition and Consumer Commission;ACCC).
Vorgeworfen wurde dem Konzern, vereinbarte Verträge einseitig kündigen zu können, auch wenn keine wesentlichen Verstöße der Landwirte vorliegen. Der Vertrag hätte der Molkerei gestattet, die Vereinbarung einseitig zu beenden, wenn der Landwirt nach ihrer Ansicht eine „öffentliche Verunglimpfung“ von Verarbeitern, Schlüsselkunden oder anderen Interessengruppen begangen hätte. Jetzt stellte das Gericht fest, dass Klauseln wie diese das wesentliche Ziel des Kodexes angreifen, und obwohl es keine Beweise für einen tatsächlich erlittenen Schaden gab, sei es möglich gewesen, dass sie "eine abschreckende Wirkung auf die Landwirte hatten, die ihnen unterlagen".
Das Bundesgericht stellte außerdem fest, dass Lactalis gegen den Kodex verstoßen hat, indem es seine Milchlieferverträge nicht auf seiner Website veröffentlichte und stattdessen von den Landwirten verlangte, dass sie sich für den Erhalt ihrer Milchlieferverträge per E-Mail anmelden.
"Der Kodex wurde eingeführt, um den Milcherzeugern zu helfen, fundierte Entscheidungen darüber zu treffen, an wen sie ihre Milch verkaufen, indem er für Transparenz bei den Preisvereinbarungen sorgt und es ihnen ermöglicht, die Vereinbarungen mit verschiedenen Verarbeitern rechtzeitig zu vergleichen", erklärte der stellvertretende ACCC-Vorsitzende, Mick Keogh.
Der Verhaltenscodex (Dairy Code) ist ein verbindlicher Branchenkodex, der das Verhalten von Milchbauern und Milchverarbeitern im Umgang miteinander regelt und am 1. Januar 2020 in Kraft trat.
Verträge über Mengen, Preise und Qualitäten
Gemäß dem Milchkodex muss ein Verarbeiter bis 14.00 Uhr am 1. Juni eines jeden Jahres seine Standard-Milchlieferverträge auf seiner Website veröffentlichen. Für jeden exklusiven Milchliefervertrag, den ein Verarbeiter veröffentlicht, muss er den Landwirten auch eine nicht-exklusive Lieferoption anbieten.
Der Milchkodex verlangt von den Verarbeitern, dass sie Milch nur im Rahmen eines Milchliefervertrags kaufen. Alle Vereinbarungen müssen dem Kodex entsprechen, indem sie eine Reihe von Schlüsselanforderungen erfüllen, darunter sind
- die Festlegung eines Mindestpreises für die Milch,
- sie müssen aus einem einzigen Dokument bestehen,
- die Festlegung von Qualitäts- und Mengenanforderungen, einschließlich Testverfahren, und
- die Festlegung der Umstände, unter denen die Parteien die Milchlieferungsvereinbarung einseitig kündigen können - damit die Verarbeiter einseitig kündigen können, müssen die genannten Umstände einen "wesentlichen Verstoß" durch den Landwirt beinhalten.
Die Veröffentlichungspflichten des Milchkodex gelten für alle Verarbeiter, die im vorangegangenen Geschäftsjahr einen Gesamtjahresumsatz von 10 Millionen Dollar oder mehr erzielt haben.
Lactalis Australia erklärte, dass es den Milchkodex voll und ganz unterstütze. Die Verstöße seien im ersten Jahr nach der Einführung passiert und seien „unbeabsichtigt und rein technischer Natur“ gewesen. Es läge „kein bewusster Versuch vor, irgendeinen Vorteil in unseren vertraglichen Milchliefervereinbarungen mit australischen Milchbauern zu erlangen“. Es habe danach auch keine Beanstandungen mehr gegeben.
Lactalis Australia ist einer der größten Milchverarbeiter Australiens und Tochterunternehmen der französischen Lactalis-Gruppe, die nach eigenen Worten „die weltweit führende Unternehmensgruppe in der Milchbranche und der größte Käsehersteller Europas“ ist. In Deutschland ist der Konzern insbesondere mit den Marken Président, Galbani und Salakis „als führende Marken“, wie es seitens des Konzerns heißt, etabliert. Ferner ist der Molkereigigant in Deutschland durch mehrere Gesellschaften an mehreren Standorten vertreten. Mitte 2017 hatte das Unternehmen beispielsweise die Molkerei Omira in Ravensburg übernommen.