Viele Höfe erhalten durch praxisgerechten Umbauweg in der Anbindehaltung

Das Bundeslandwirtschaftsministerium plant, die Regelungen zur Anbindehaltung im Tierschutzgesetz zu ändern. So soll unter anderem eine im Koalitionsvertrag der Ampel genannte Übergangsfrist zur Beendigung der Anbindehaltung von zehn Jahren auf jetzt fünf Jahre verkürzt werden. Anlässlich eines von Tierschutzorganisationen angekündigten Aktionstages gegen die Anbindehaltung am 23.09. unterstreicht die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) noch einmal die Notwendigkeit, einen praxisgerechten Umbauweg mit wirtschaftlichen Perspektiven für die Höfe zu eröffnen.

Dazu erklärt Elisabeth Waizenegger, Milchbäuerin aus Süddeutschland und Mitglied im AbL-Bundesvorstand: „Die Anbindehaltung von Milchkühen ist gerade in Süddeutschland eine immer noch verbreitete Haltungsform. Sie ist Kulturgut und Wirtschaftsgrundlage und sorgt oftmals für ein sehr enges Miteinander zwischen Mensch und Tier. Die AbL hält es aber für entscheidend, einen Unterschied zwischen ganzjähriger Anbindung und der Kombinationshaltung mit regelmäßigen Bewegungsmöglichkeiten z.B. in einem Laufhof oder wenn betrieblich möglich mit Sommerweide zu machen. Gleichwohl steht für die AbL außer Frage, dass eine ganzjährige Anbindehaltung den Ansprüchen der Tiere, ihre arteigenen Verhaltensweisen auszuleben, nicht gerecht wird und nach einer struktur- und sozialverträglichen Übergangsfrist von ca. 10 Jahren mit Härtefallregelungen tatsächlich auslaufen muss."

Knapp die Hälfte aller 51.000 Milchbetriebe in Deutschland wirtschaftet in Bayern. Von diesen ca. 26.000 Betrieben betreibt noch die Hälfte dieser Höfe die Anbindehaltung. Bundesweit werden noch 11,5 Prozent der Milchkühe in der Anbindehaltung gehalten, mit abnehmender Tendenz, davon etwa 8 % in ganzjähriger und 3 % in teilweiser Anbindehaltung, so das Thünen-Institut. „

„Zwischen 2010 und 2020 hat sich die Zahl der Milchviehbetriebe um 40 % reduziert. Damit ein weiterer Strukturbruch vermieden wird, braucht es praxisgerechte Umbauwege für Anbindebetriebe. Auch die Gesellschaft, die Weidemilch so schätzt, sollte ihren Beitrag leisten. Denn wenn Weidehaltung nicht möglich ist, liegt es oft nicht in der Verantwortung der Betriebe, sondern an der starken Zunahme von Verkehr, Verkehrswegen und der Siedlungsentwicklung in den Ortsrandlagen. Auch die Geduld der Autofahrer, hinter einer Kuhherde herzufahren und die ,Kuhfladentoleranz‘ könnten ausgeprägter sein und erschweren den Austrieb“, so die Milchbäuerin.

Die Betriebe, die umbauen müssen, benötigen nach Ansicht der AbL einen Umbauweg mit klaren Kriterien im Tierschutzgesetz, aber auch im anstehenden Tierhaltungskennzeichnungsgesetz. „Die Gesetze müssen parallel entwickelt werden und kohärent aufeinander abgestimmt sein. Ein wesentlicher Grund, dass Betriebe noch nicht umgebaut haben, liegt an fehlenden wirtschaftlichen Perspektiven, auch wenn ein Hofnachfolger vorhanden ist. Die Milcherzeugerpreise sind seit vielen Jahren – mit Ausnahme 2022 – nicht kostendeckend. Die Politik hat es versäumt, Marktrahmenbedingungen zu installieren, um die Produktionsmenge an die Nachfrage anzupassen und den Höfen mehr Verhandlungsmacht zur Durchsetzung höherer Preise zu geben. Ohne eine verlässliche und planbare Finanzierung, kostengünstige Lösungen ohne oder mit geringer Bestandserhöhung werden die Betriebe den notwendigen Umbau nicht vollziehen können und gesellschaftliche wie bäuerliche Herausforderungen werden nicht erreicht“, skizziert Waizenegger die notwendigen Schritte der Politik.

Die „Aktionstage gegen die Anbindehaltung bei Kühen bzw. Rindern und weiterer Qualhaltungen“ wurden initiiert von der Organisation „Deutsche Tier-Lobby – DTL“ und fanden und finden (einzelne Aktionen sollen erst noch stattfinden) in zahlreichen deutschen Städten statt. Bei den Aktionstagen dabei sind laut der DTL unter anderem die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, der Arbeitskreis Tierschutz der SPD, der Ernährungsrat Berlin, die Landestierschutzverbände von Hessen und Niedersachsen, einzelne Orts- oder Kreisverbände der Grünen, von Greenpeace oder von Vier Pfoten. Mehrfach genannt werden sogenannte Streetteams der Tierschutzorganisation Peta, die ganz auf vegane Ernährung setzt.