BDM und MEG Milch Board begrüßen Antrag der Linken zum Milchmarkt

Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM), die MEG Milch Board und der Verband der Freien Bauern begrüßen den Antrag der Linksfraktion im Bundestag, wonach die Bundesregierung den Abschluss von Milchlieferverträgen bei fester Vereinbarung von Menge, Preis und Lieferzeitraum unabhängig von der Rechtsform der Beteiligten verpflichtend einführen soll.

In dem Antrag heißt es unter anderem: „Nur durch eine Stärkung der Position von Bäuerinnen und Bauern in der Wertschöpfungskette kann eine nachhaltige Milcherzeugung sichergestellt werden und die sozial-ökologische Transformation des Sektors gelingen. Eine strategische Neuausrichtung der Lieferkette beim Lebensmittel Milch muss am Ziel der Versorgungssicherung durch regionale Wertschöpfung in stabilen, kooperativen Wirtschaftskreisläufen orientiert sein. Dafür werden transparente Milchlieferbeziehungen, faire Preise, ein solidarisches Genossenschaftswesen, eine nachfrageorientierte Milchmengenregulierung in Krisenzeiten und ein gemeinwohlorientiertes Kartellrecht gebraucht. Die Bundesregierung hat die Möglichkeit, durch einfache Umsetzung von EU-Recht und die Novellierung des Agrarorganisationen-und-Lieferkettengesetzes einen großen Schritt in diese Richtung zu gehen.“

Der BDM verweist auf den Abschluss der Konferenz zur „Zukunft der Milchviehhaltung in Deutschland“ am 31. August, bei dem das BMEL einen Vorstoß angündigte, die Milchviehhaltung über eine Gestaltung der Milchlieferbeziehungen zu stärken – insbesondere durch die Umsetzung des Art. 148 GMO in nationales Recht, die von einem breiten Bündnis der Milchviehhalterinnen und Milchviehhaltern schon seit langem gefordert wird. Dazu wolle man auch die Koalitionspartner ins Boot holen.

Nach Ansicht des BDM wird dieser Vorstoß nun auch durch einen eigenen Antrag der Linken im Bundestag flankiert, der neben der nationalen Umsetzung des Art. 148 GMO noch weitere darüber hinaus gehende Maßnahmen zur Stärkung der Milcherzeugung enthält.

„Was für andere Branchen eine Selbstverständlichkeit ist, muss endlich auch in der Milchviehhaltung Einzug halten: Vor der Milchlieferung müssen Menge, Preis, Laufzeiten und Qualitäten vertraglich geregelt sein“, betont BDM-Vorstandsvorsitzender Karsten Hansen. „Wann immer man Branchenfremden erzählt, dass wir Milchviehhalter unsere Milch abliefern ohne vorher zu wissen, was wir dafür einen Monat später erhalten werden, blicken wir in ungläubige Gesichter. Das muss endlich ein Ende haben.“

„Die jetzt vorliegenden Vorstöße sind ein erster Schritt in die richtige Richtung“, erklärt BDM-Vorstandsmitglied Manfred Gilch. „Auch das Bundeskartellamt hat die aktuelle Praxis der Milchpreisbildung schon mehrfach kritisiert, also müsste jedem, der sich für die Preisbildung in einem freien Markt stark macht, jeder Schritt hin zu mehr Wettbewerb und ausgeglicheneren Kräfteverhältnissen ein besonderes Anliegen sein. Wir fordern daher alle Parteien auf, im Sinne der Milchviehhaltung parteiübergreifend jeden Vorstoß hin zu mehr Wettbewerb im Milchmarkt konstruktiv zu unterstützen.“

Der BDM warnt davor, dass die aktuellen Vorschläge, die in unzähligen Gesprächen über alle Parteigrenzen hinweg bereits als unterstützenswerte Option beurteilt wurden, nun parteipolitischem Gezänke zum Opfer fallen. „Das ist ein sicherer Weg, um die ohnehin schon deutliche Parteienverdrossenheit noch weiter zu befeuern. Die im Wahlkampf von allen versprochene Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft darf nicht nur eine oft bemühte Worthülse sein“, so Gilch.

„Mit Art. 148 GMO in der aktuellen Fassung ist es ohnehin noch längst nicht getan, aber seine Umsetzung ist ein erster Schritt, der gegangen werden muss. Weitere Schritte müssen folgen, um der Milchviehhaltung zu ermöglichen, gewinnbringende Milchpreise über den Markt zu erwirtschaften“, ergänzt Karsten Hansen.

MEG Milch Board: Kommen jetzt Spielregeln am Milchmarkt?

Die MEG Milch Board begrüßt den Antrag der Bundestagsfraktion der Linken, Art. 148 VO 1308/2013 übergreifend sowohl für Privatmolkereien als auch für Genossenschaften unter der Prämisse umzusetzen, dass für jedes Kilogramm Milch, das die Höfe verlässt, zuvor ein Kaufvertrag abgeschlossen sein muss, der die konkrete Menge in kg über eine bestimmte Laufzeit sowie einen konkreten Preis in Cent je kg regelt. „Damit werden die Erzeuger und Erzeugerinnen endlich in die Lage versetzt, eigenverantwortlich zu handeln, ihr wertvolles Lebensmittel bedarfsgerecht zu produzieren und im besten Fall gebündelt über Erzeugervereinigungen zu einem gewinnbringenden Preis zu veräußern“, sagt Frank Lenz, 1. Vorsitzender der MEG Milch Board. Laufzeit, Mengen, Preise und Qualitäten sowie sonstige Vertragsbestandteile können, wenn Art. 148 GMO wie oben beschrieben umgesetzt wird, durch die Marktteilnehmer vereinbart werden. „Dass diese marktwirtschaftliche Selbstverständlichkeit, Mengen und Preise zu vereinbaren, nun möglich werden soll, ist für uns Milchbäuerinnen und Milchbauern ein großer Erfolg“, so Lenz weiter.

Aus Sicht der MEG Milch Board, die in den vergangenen Jahren zahlreiche wissenschaftliche Expertisen über die Funktionsweise des Milchmarktes in Auftrag gegeben hat, ist eine Vertragsverpflichtung, die konkrete Vereinbarungen über Mengen und Preise vorschreibt, ein geeignetes Mittel, den Markt zu stabilisieren und Sicherheit und Fairness für alle Beteiligten in der Lieferkette zu erzeugen. Den logischen Erfordernissen haben sich nun viele Politiker geöffnet. Umso erfreulicher ist es, dass die Bundestagsfraktion der Linken sowie das grün geführte BMEL die dringende Erforderlichkeit des Handelns erkannt haben und das EU-Recht wirksam umsetzen möchten, denn Art. 148 GMO lässt ohne weiteres eine nationale Umsetzung zu, die konkrete Preis- und Mengenvereinbarungen vorsieht.

„Es ist längst überfällig, dass es zur Vertragspflicht kommt“, konstatiert Lenz, denn bevor die Umsetzung des Art. 148 GMO über Jahre ins Stocken geriet, hatten die Agrarminister der Länder sich bereits zustimmend geäußert, und die damalige Oppositionsfraktion der Grünen hatte in der letzten Legislaturperiode einen vergleichbaren Antrag gestellt. „Die Politik erkennt nun die Notwendigkeiten und würde mit der Umsetzung des Art. 148 GMO das lächerliche System, in dem der Milcherzeuger einen durch den Abnehmer festgelegten Preis diktiert bekommt, vom Kopf auf die Füße stellen“, so Lenz.

Ebenso zu begrüßen sind aus Sicht der MEG Milch Board die weiteren angekündigten Anträge, mit denen ein EU-weites Frühwarnsystem mit einem freiwilligen Lieferverzicht gegen Entschädigung etabliert und Vorschläge zur Ermöglichung einer fairen Preisgestaltung in der Lieferkette erarbeitet werden sollen. „Für den Fall von Preisverfällen durch nicht durch die Marktteilnehmer*innen zu beeinflussende äußere Einflüsse ist es erforderlich, zusätzlich zu den konkreten Verträgen über ein europäisches Sicherungsinstrument zu verfügen, um die Märkte im absoluten Notfall über eine Mengenreduktion gegen Entschädigung zu stabilisieren“, ergänzt Lenz. „Und dass die mehrheitlich gewählten Repräsentanten über Maßnahmen nachdenken, die in unserem Land und in der EU zu fairen Lieferbeziehungen führen und die industrielle Ausbeutung der Erzeugerinnen und Erzeuger beenden können, ist aus meiner Sicht eine Selbstverständlichkeit“, fügt Lenz hinzu.

Die MEG Milch Board steht im Rahmen des politischen Prozesses, den es nun einzuleiten gilt, jederzeit gern mit ihrer Expertise rund um die Funktionsweise des Milchmarktes zur Verfügung.

Freie Bauern: Milchlieferbeziehungen gehören auf die Tagesordnung

Die Freien Bauern haben sich nach eigenen Worten bei der Linksfraktion dafür bedankt, dass diese mit ihrem Antrag „Milcherzeugung in Deutschland retten – Marktmacht der Konzerne brechen“ eine Reform der Milchlieferbeziehungen auch auf die Tagesordnung des Bundestages gebracht hat. „Nachdem sich die Agrarminister vergangene Woche in Kiel nicht zu einer klaren Stellungnahme durchringen konnten, wegen der Blockadehaltung der unionsgeführten Ministerien, bietet dieser Antrag jetzt die Chance auf intensive parlamentarische Befassung“, freut sich Peter Guhl von der Bundesvertretung der Freien Bauern. Der Antrag flankiere damit das Vorhaben der Bundesregierung, eine Vertragspflicht mit Vorab-Vereinbarung von Mengen und Preisen durchzusetzen und auf diese Weise die bislang weitgehend rechtlosen Milcherzeuger gegenüber den Molkereikonzernen zu stärken, so der 58jährige Landwirt aus dem mecklenburgischen Vorderhagen: „Und er stellt die Öffentlichkeit her, die notwendig ist, damit die Verhinderer aus Ministerialbürokratie, Milchindustrie und Bauernverband nicht erneut hinter verschlossenen Türen alles zerreden können. Die unerhörte Ausbeutung der Milcherzeuger muss endlich auf den Tisch – und endgültig abgeschafft werden.“

Gegenwärtig werden die Landwirte nach Ansicht der Freien Bauern gezwungen, ihre gesamte Milch an nur eine Molkerei zu liefern ohne zu wissen, welchen Preis sie Monate später dafür erhalten. „Diese in den Genossenschaftssatzungen verankerte Praxis ist nicht nur sittenwidrig, sondern mit ein Grund für die ständige Überproduktion und Preismisere auf dem Milchmarkt“, kritisiert Guhl. Genau genommen handle es sich nicht einmal um einen Markt, denn nirgendwo sonst in der Wirtschaft könne eine Seite allein den Preis bestimmen, beklagen die Freien Bauern. Guhl: „Dieses System stammt aus dem dörflichen Genossenschaftswesen des 19. Jahrhunderts, es passt einfach nicht mehr angesichts der enormen Marktmacht multinationaler Konzerne, die keine Verbindung zu ihren Rohstofflieferanten haben.“
Die Reform der Milchlieferbeziehungen entziehe sich der parteipolitischen Verortung, hofft Guhl auf eine sachliche Debatte im Bundestag: „Von der grünen Bundestagsfraktion vor zwei Jahren aus der Opposition heraus gefordert, ist mehr Wettbewerb um den Rohstoff Milch eigentlich ein urliberales Anliegen, das der einzige sozialdemokratische Länderagrarminister bereits in der Milchkrise 2016 durchsetzen wollte. Dass ausgerechnet die Union jetzt Genossenschaftsmacht verteidigt und die Linken Marktwirtschaft beantragen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.“ Die Freien Bauern wünschen sich, dass die Bundesregierung das Vorhaben konsequent voranbringt, der Antrag der Linksfraktion komme dafür genau zur richtigen Zeit.

Der Antrag der Linken

In dem Antrag der Linken wird der Bundestag aufgefordert:
1. Artikel 148 VO (EU) Nr. 1308/2013 in Deutschland im Rahmen der Verordnungsermächtigung in § 53 Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz umzusetzen und damit den Abschluss von umfassenden schriftlichen Milchlieferverträgen bei fester Vereinbarung von Menge, Preis und Lieferzeitraum unabhängig von der Rechtsform der Beteiligten verpflichtend einzuführen;
2. sich auf EU-Ebene für die Einrichtung eines Frühwarnsystems für Marktverwerfungen und auf der Grundlage von Artikel 219 ff. VO (EU) Nr. 1308/2013 für ein solidarisches System der Milchmengenregulierung einzusetzen, welches in Zeiten des Preisverfalls einen freiwilligen Lieferverzicht gegen staatliche Entschädigung ermöglicht, um durch eine Verringerung der Angebotsmenge den Milchmarkt zu stabilisieren und steigende Verluste für Milcherzeuger zu verhindern;
3. Vorschläge zu erarbeiten, wie der Verkauf von Lebensmitteln unter den Produktionskosten als unlautere Handelspraktik im Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz verankert werden und im Sinne von Artikel 39 Absatz 1b des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union zu angemessenen Preisen beitragen kann.