Die neuen verschiedenen Haltungsformen in der Milchwirtschaft (etwa des Lebensmitteleinzelhandels, der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft oder QM+) prasseln derzeit unkoordiniert auf die Milchviehbetriebe ein. Dabei ist die Finanzierung der Mehrkosten, die den Höfen entstehen, absolut unzureichend. Obwohl die aktuellen Milchpreise gestiegen sind, ist weder ein kostendeckendes Preisniveau für Höfe erreicht noch eine Stabilität. Ein jetzt vorgelegtes
Positionspapier der AbL „Bäuerinnen und Bauern gestalten Umbau der Milchkuhhaltung“ zeigt einen Weg auf für den Umbau der Milchkuhhaltung, der Tierwohl in der gesamten Milchkuhhaltung verbessert, klimaverträglich ist und bäuerliche Höfe erhält und stärkt.
Lucia Heigl, konventionell wirtschaftende Milchbäuerin und stellvertretende AbL-Vorsitzende, sagt: „Wir begrüßen als AbL den Umbau der Tierhaltung. Der ist notwendig. Aber er muss so gestaltet sein, dass Milchviehhöfe das auch leisten können. Unsere Molkerei will mit QM+ höhere Tierhaltungskriterien umsetzen. Diese sind von den Molkereien, dem Einzelhandel und Bauernverband festgelegt worden, ohne uns Bäuerinnen und Bauern zu beteiligen. Die geplante Finanzierung des Preisaufschlags für die höheren betrieblichen Kosten ist völlig unzureichend und soll nur den Teil der Milch betreffen, der auch verwertet wird. Das heißt, wir bekommen einen kleinen Anteil unserer Milch honoriert, aber der gesamte Stall muss umgebaut werden. Das bedeutet doch, die Molkereien und der Handel verbessern ihr Image, lassen uns aber mit den höheren Kosten im Regen stehen. Die höheren Kosten werden bequem an uns Bäuerinnen und Bauern weitergegeben. Das finanzielle Risiko tragen wieder einmal vollumfänglich die Höfe.“
Die AbL fordert, dass Landwirtschaftsminister Özdemir rasch eine staatlich verbindliche Tierhaltungskennzeichnung einführt. „Sie muss für die Privatwirtschaft eine Orientierung darstellen und transparent für Verbraucher- und Bauernschaft sein. Diese Kennzeichnung sollte über den gesetzlichen Mindeststandard hinaus in 3 Stufen eingeteilt sein, das Tierwohl deutlich verbessern, für Höfe praktikabel sein und Weidegang in Wert setzen. Die Vorschläge der Borchert-Kommission sind hierbei zu berücksichtigen“, so Heigl.
Die AbL fordert zudem die Bundesregierung auf, zeitgleich eine langfristige und planungssichere Finanzierung der Mehrkosten nach den Borchert-Plänen auf den Weg zu bringen. „Nur dann wird das Umbauprogramm kein Ausstiegsprogramm für Milchviehbetriebe. Das alles kann nur funktionieren, wenn Schluss ist mit Dumping-Milchpreisen. Diese führen zu einem Höfesterben. Die damit verbundene Intensivierung in der Milchkuhhaltung ist kontraproduktiv. Deshalb braucht es ebenso dringend marktpolitische Instrumente“, erklärt die stellvertretende AbL-Vorsitzende.
Konkret führt das Positionspapier der AbL die folgenden Forderungen auf:
-
Bäuerliche Kriterien für die Tierhaltungskennzeichnung - Staatliche Tierhaltungskennzeichnung zügig umsetzen
- Tierwohl-Kriterien für viele Betriebe und Weidehaltung
- Tierzahlreduktion differenziert betrachten – Qualitätskriterien führen zum Ziel
-
Marktdifferenzierung nutzen für Marktgestaltung und faire Preise - Finanzierung der Mehrkosten zeitgleich und verbindlich umsetzen
- Weidehaltung honorieren
- Kostendeckende Preise müssen vorwärts kalkuliert werden
-
Anbindehaltung umbauen - Umbau der ganzjährigen Anbindehaltung in zehn Jahren
- Wirtschaftliche Perspektiven: Kombinationshaltung in Stufe 1 der Tierwohlkennzeichnung
- Beratungsoffensive: Viele Höfe für jetzige und künftige Herausforderungen
-
„Qualifizierter Marktzugang“ für den Welthandel.
„Erst wenn die Rahmenbedingungen auf dem Markt Perspektiven bieten, tragfähige Einkommen zu erwirtschaften, werden sich gerade junge Betriebsleiter:innen auf den Weg machen“, heißt es in dem Positionspapier, denn auch hier gilt „Jeder Hof zählt“.