LEH startet mit Haltungsformkennzeichnung bei Milch

Nachdem aus den Reihen des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) zunächst Rewe bereits Ende 2021 erste konkrete Angaben für eine Haltungsformkennzeichnung bei Milch gemacht hatte, folgen Anfang 2022 Edeka, Lidl und Aldi – mit mal mehr, mal weniger genauen Angaben zu Schritten und Zeitplan. Ein Bestandteil der angekündigten stärkeren Berücksichtigung des Tierwohls bei der Kennzeichnung ist der Verzicht auf die Anbindehaltung in den höheren Haltungsstufen. Ende 2021 teilt Rewe mit: „Die REWE Group führt ab Januar nächsten Jahres bei ihren Milch und Molkerei-Produkten schrittweise die bisher nur bei Fleisch und Fleischwaren bekannte vierstufige Haltungskennzeichnung ein. Den Auftakt macht die REWE Bio-Frischmilch, die ab 1. Januar entsprechend gelabelt ist. In den kommenden Wochen folgen dann weitere Produkte – auch bei PENNY.“ Edeka: Verzicht auf Haltungsstufe 1
Anfang 2022 macht EDEKA dann erste Angaben zur Haltungsformkennzeichnung bei Milch. „Als erste große Lebensmittelhändler haben sich EDEKA und Netto Marken-Discount zum Ziel gesetzt, im Jahresverlauf 2022 das gesamte Trinkmilch-Sortiment ihrer Eigenmarken auf die Haltungsformen 2 oder höher umzustellen. Perspekti­visch ist dieser Schritt auch für weitere Milch- und Molkereiprodukte geplant. Gemeinsam mit seinen regionalen Partner-Molkereien gibt der EDEKA-Verbund mit dieser Entscheidung ein wichtiges Signal zur Verbesserung der Haltungs­bedingungen von Milchkühen in Deutschland“, teilt EDEKA am 10. Januar mit. Demnach sollen ab dem Frühjahr 2022 alle Trinkmilchprodukte der Eigenmarken GUT&GÜNSTIG, EDEKA und EDEKA Bio schrittweise mit den Haltungsformen 2 (Stallhaltung Plus), 3 (Außenklima) oder 4 (Premium) gekennzeichnet werden. Das bedeutet laut der Unternehmensmitteilung, dass EDEKA in diesem absatzstarken Segment konsequent auf die niedrigste Haltungs­form 1 verzichtet – und damit beispielsweise auch keine ganzjährige Anbindehaltung mehr zulässt. Dies gilt sowohl für frische Milch auch für haltbare (H-)Milch. Parallel werde der Anteil der Haltungsstufen 3 und 4 weiter ausgebaut. Besonders hohe Kriterien erfüllt laut Unternehmensangaben die „EDEKA-Bio“-Milch: Sie wird mit der Premium-Haltungsform 4 gekennzeichnet. Verbraucher:innen erkennen so auf den ersten Blick, dass die Milchkühe mehr Bewegungsfläche, Weidegang sowie zusätzliche Auslauf­möglichkeiten haben. Auch die regional erhältliche „EDEKA Weidemilch“, die mit zwei Sternen des Deutschen Tierschutzbundes und dem Label „Für mehr Tierschutz“ ausgezeichnet wurde, erhält diese höchste Haltungsform. Zu den Artikeln mit Haltungs­form 3 (Außenklima) zählt beispielsweise die regional erhältliche EDEKA-Milch in der PET-Flasche, die mit einem Stern des Deutschen Tierschutzbundes ausgelobt wurde. Diese Haltungsform bedeute, dass den Tieren unter anderem ein größeres Platz­angebot sowie Beschäftigungsmöglichkeiten, die weit über das gesetzliche Mindestmaß hinausgehen, zur Verfügung stehen. Alle gekennzeichneten Milchsorten erfüllen die grundsätzlichen Haltungskriterien wie beispielsweise ein Verbot von ganzjähriger Anbindehaltung, ausreichend Scheuermöglichkeiten sowie genügend Liege- und Bewegungsfläche für die Milchkühe. Lidl setzt auf Pro Weideland, Tierschutzbund und Bioalnd
Lidl äußert sich am 12. Januar und teilt mit: „Ab diesem Jahr kennzeichnet Lidl sukzessive Milch und Milchprodukte seiner Eigenmarken mit der Haltungskennzeichnung. Damit schafft das Unternehmen als Erfinder des Haltungskompasses und Initiator der aktuellen Haltungsform nach Frischfleisch und Wurst in einer weiteren Warengruppe über alle vier Haltungsstufen eine vollständige Transparenz, sodass Kunden sich beim Kauf bewusst für mehr Tierwohl entscheiden können. Als erstes bringt der Lebensmittelhändler die Haltungsform auf der Verpackung der Trinkmilch auf, die bereits heute zu 100 Prozent aus Deutschland stammt.“ Durch „die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der heimischen Landwirtschaft“ sei das Unternehmen schon heute Vorreiter in Sachen Tierwohl in der Branche: „100 Prozent der Bio-Milch sind nach höchstem Bioland-Standard zertifiziert, 65 Prozent des Trinkmilchsortiments wird zukünftig mit den Haltungsformstufen 3 bzw. 4 ausgelobt und 50 Prozent der Lidl-Filialen bieten Weidemilch als Mindeststandard im Frischebereich an. Um Tierwohl weiterhin in die Breite zu bringen, wird Lidl auch zukünftig gemeinsam mit seinen Erzeugern auf Organisationen wie Pro Weideland, den Deutschen Tierschutzbund und Bioland setzen“, erklärt das Unternehmen. Und am 13. Januar meldet sich dann auch Aldi. „Bis spätestens 2030 bieten ALDI Nord und ALDI SÜD in Deutschland nur noch Trinkmilch aus den tierwohlgerechteren Haltungsformen 3 und 4 an. Bereits ab 2024 beziehen die Unternehmen Trinkmilch nur noch aus heimischer Landwirtschaft. Damit weitet ALDI sein wegweisendes Tierwohlversprechen nun auch auf Milch aus“, teilt Aldi mit. Aldi mit Stufenplan und Meilensteinen
Im Juni 2021 hatten ALDI Nord und ALDI SÜD mit dem „#Haltungswechsel“ einen weitreichenden Umstieg auf tierwohlgerechtere Haltungsformen bei Frischfleisch verkündet. Hierfür haben die Discounter nach eigenen Angaben großen Zuspruch erfahren und eine breite Debatte über die notwendige Transformation der deutschen Landwirtschaft angestoßen. Im nächsten Schritt weitet ALDI sein Tierwohlversprechen auf das gesamte Milchsortiment (betrifft Trinkmilch der Eigenmarken, ausgenommen sind Markenartikel und internationale Spezialitäten) aus. Die Umstellung folgt laut Unternehmensangaben dabei einem Stufenplan mit klar definierten Meilensteinen:
- Schon heute stammen 25 Prozent der Milch (bezogen auf Umsatz - Durchschnitt ALDI Nord & ALDI SÜD - in Deutschland mit Trinkmilch der Eigenmarken; ausgenommen sind Markenartikel) bei ALDI Nord und ALDI SÜD aus den Haltungsformen 3 und 4.
- Bis 2023 wird dieser Anteil auf 40 Prozent steigen.
- Bis 2024 wird ALDI vollständig auf die Haltungsform 1 bei Milch verzichten. Ab diesem Zeitpunkt beziehen die Unternehmen Milch nur noch aus deutscher Herkunft.
- Spätestens bis 2030 werden dann 100 Prozent der Milch bei ALDI Nord und ALDI SÜD aus den Haltungsformen 3 und 4 stammen. Dr. Tanja Hacker, Managing Director Category Management bei ALDI Nord erklärt: „Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt: Die Nachfrage nach Tierwohl-Produkten wächst stetig. Mit unserer Ankündigung schaffen wir marktseitig Planungssicherheit, um auch in der Milchviehhaltung den Umstieg zu mehr Tierwohl in der Breite zu erreichen.“ Erik Döbele, Managing Director National Buying von ALDI SÜD ergänzt: „Bereits heute stammen rund 25 Prozent unserer Milch aus den Haltungsformen 3 und 4. Die verstärkte Nachfrage unserer Kundinnen und Kunden hat uns in unserer Entscheidung bestärkt, den Haltungswechsel auch bei der Milch umzusetzen.“ Dabei setze ALDI konsequent auf Milch aus deutscher Herkunft: So beziehen ALDI Nord und ALDI SÜD bereits heute ihre Frischmilch und ab 2024 auch ihre H-Milch vollständig aus deutscher Landwirtschaft. Umstellung geht nur gemeinsam
ALDI gibt mit seinem Haltungswechsel und den damit verbundenen Meilensteinen nach eigenen Angaben ein klares Signal in den Markt: „Wir verstehen uns ausdrücklich als Partner in der Wertschöpfungskette und bieten Landwirtinnen und Landwirten mit einem realistischen Stufenplan über Jahre hinaus Planungssicherheit und verlässliche Absatzperspektiven für Tierwohlware aus Deutschland“, sagt Erik Döbele. „Gleichzeitig möchten wir weiter an Politik, Handel und Industrie appellieren, gemeinsam mit uns an einem der bedeutsamsten Transformationsprojekte - der Zukunftssicherung der deutschen Landwirtschaft - mitzuarbeiten. Denn nur gemeinsam können wir den Wandel schaffen.“r Zwar betonen beispielsweise Lidl und Aldi eine „vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der heimischen Landwirtschaft“ und verstehen sich als „Partner in der Wertschöpfungskette“, zu den aus der Haltungskennzeichnung resultierenden Konsequenzen für die Landwirtschaft teilen die Vertreter des LEH jedoch nichts mit. Wie werden die aus den erhöhten Anforderungen resultierenden Umbaumaßnahmen auf den Höfen finanziert, wie die aus dem Betrieb resultierenden Kosten langfristig abgegolten, ist der LEH bereit die vollständigen Produktionskosten auf der Erzeugerseite über seine Einkaufspreise auszugleichen und viele weitere Fragen bleiben seitens des LEH unbeantwortet.