Özdemir will Verbot unter Produktionskosten prüfen

Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir hat in der Diskussion um die Preisgestaltung bei Lebensmitteln innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette auch die Prüfung eines Verbots des Verkaufs im Lebensmitteleinzelhandel unter Produktionskosten angekündigt. Eine deutliche Absage zu einem solchen Verbot erhält er daraufhin vom Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH). Die AbL sieht in einem solchen Verbot durchaus positive Wirkungen und fordert den Handel auf, den durchaus konstruktiven Gesprächen im Agrardialog jetzt endlich Taten folgen zu lassen. Im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland hatte Özdemir auf die Frage nach der Rolle des Handels auch mit Blick auf die Preise erklärt: „Die großen Player dürfen nicht mehr länger die Preise diktieren und Margen optimieren. Für alle in der Lebensmittelkette braucht es faire Bedingungen. Wir wollen dafür unter anderem die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht und die Fusionskontrolle im Bundeskartellamt stärken, weiter gegen unlautere Handelspraktiken vorgehen und prüfen, ob der Verkauf von Lebensmitteln unter Produktionskosten unterbunden werden kann.“ Für den BLHV-Präsidenten Friedhelm Dornseifer ist ein Verbot unter Produktionskosten keine Option. „Davon halte ich überhaupt nichts. Wir haben schon das Verbot, unter Einstandspreis zu verkaufen. Die Prüfarbeit kann man sich sparen“, erklärt er in einem Interview mit der Lebensmittelzeitung (LZ). Produktionskosten seien von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich und man müsse zudem bedenken, dass Landwirte in der Regel keine direkten Lieferbeziehung zum Handel haben. Bei Schweinen etwa müsse der Schlachthof kalkulieren, was er für die einzelnen Teilstücke nimmt, die ja gar nicht alle an den Handel gehen. Das Gleiche gelte bei der Milch. Da gehe nur ein Teil in die Trinkmilch. Die Molkereien hätten ein großes Produktportfolio und oft einen hohen Exportanteil. Bei der Diskussion um die Produktionskosten geht es nach Ansicht von Dornseifer „doch um etwas ganz anderes“, nämlich „eigentlich um die Frage, wie die Geschäftsbeziehungen in der Lebensmittellieferkette funktionieren.“ Diese Debatte müsse endlich mit Fakten geführt werden. „In der letzten Legislaturperiode hat es daran gemangelt. Stattdessen wurde immer mit dem Finger auf den Lebensmittelhandel gezeigt. Fakt ist aber: Der LEH hat bei Frischfleisch einen Marktanteil von maximal einem Viertel. Bei der Milch ist es ein Drittel des Marktes. Der Rest geht in andere Absatzkanäle, Gastronomie, Großverbraucher, Export. Das ganze Handels-Bashing hat den Erzeugern überhaupt nichts gebracht. Hier erhoffen wir uns von der neuen Regierung konstruktive Gespräche. Wir müssen die gesamte Wertschöpfungskette in die Diskussion einbeziehen“, so der BLHV-Präsident. In der LZ auf diesen Versuch der Einbeziehung der gesamten Wertschöpfungskette im Agrardialog angesprochen, äußert Dornseifer: „Mit dem Agrardialog ist es erstmals gelungen, dass in den Themen Schwein, Milch und Herkunft konstruktiv zusammengearbeitet wird. Das soll jetzt mit der Koordinationszentrale ZKHL auf eine höhere Stufe geführt werden. Da müssen alle mitmachen. Das Problem liegt weniger bei den Händlern, sondern vielmehr bei den bäuerlichen Organisationen. Ich bin der Meinung, dass alle gleichrangig beteiligt werden sollten.“ Ein Verbot des Verkaufs unterhalb der Produktionskosten wäre nach Ansicht von Ottmar Ilchmann, Vorsitzender der AbL in Niedersachsen und Agrardialog-Teilnehmer, durchaus deutlich wirkungsvoller als das Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis. „Das weiß Herr Dornseifer auch, und deshalb wendet er sich so vehement dagegen. Verständlich, dass der BVLH diesen politischen Eingriff oder andere Vorstöße, wie sie Landwirtschaftsminister Özdemir in mehreren Interviews angekündigt hat, vermeiden möchte. Gerade deshalb täte er gut daran, den langen, durchaus konstruktiven Gesprächen im Agrardialog jetzt endlich Taten folgen zu lassen. Noch kann man das partnerschaftlich und marktwirtschaftlich mit den gemeinsam erarbeiteten Konzepten lösen. Wenn dazu die Bereitschaft des Handels und der Verarbeiter fehlt, wird an einem Eingreifen der Politik letztlich kein Weg vorbei führen", so der Vorsitzende der AbL-Niedersachsen.