Neue Gentechnik: EU-Parlament im Irrgarten - Berichterstatterin präsentiert absurde Änderungsanträge

Im EU-Parlament herrscht zunehmend Verwirrung über die künftige Regulierung von Pflanzen aus Neuer Gentechnik (NGT). Die zuletzt diskutierten Änderungsanträge der Berichterstatterin Jessica Polfjärd (Fraktion der Europäischen Volkspartei, EVP) entbehren einer ausreichenden wissenschaftlichen Grundlage und würden die Risikoprüfung von NGT-Pflanzen zu einer seltenen Ausnahme machen. Zudem wird die unrealistische Hoffnung geschürt, dass NGT-Pflanzen vom Patentschutz ausgenommen werden könnten. Das teilt Institut für unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie Testbiotech mit.

Die Berichterstatterin schlägt in aktuellen Dokumenten vor, dass nur NGT-Pflanzen auf Risiken geprüft werden sollen, die neue (‚chimäre‘) Eiweißstoffe bilden. Das Problem: Die Neue Gentechnik wird bei Pflanzen meist dazu eingesetzt, um bestimmte Gene auszuschalten. In der Folge können die NGT-Pflanzen neue Eigenschaften und Risiken aufweisen, die über die Ergebnisse der Züchtung und die Merkmale der natürlichen Arten weit hinausgehen. Es ist dafür aber keineswegs notwendig, dass NGT-Pflanzen neue ‚chimäre‘ Proteine bilden.

Es gibt zahlreiche Beispiele für drastische Veränderungen von NGT-Pflanzen, wie blutdrucksenkende (GABA) Tomaten, Agrosprit-Camelina, neu domestizierte Tomaten und frühblühende Pappeln. In keinem dieser Fälle ist aber beabsichtigt, dass die Pflanzen ‚chimäre‘ Eiweißstoffe produzieren. Um die Risiken dieser Pflanzen zu prüfen, müssten vielmehr ihre gewollten und ungewollten genetischen Veränderungen geprüft werden. Doch nach dem Vorschlag der Berichterstatterin wäre dies in keinem dieser Fälle vorgeschrieben.

Dagegen kommen Behörden verschiedener Mitgliedsländer wie Frankreich, Österreich und Deutschland sowie mehrere Gruppen unabhängiger wissenschaftlicher ExpertInnen zu der Einschätzung, dass NGT-Pflanzen wie blutdrucksenkende Tomaten in jedem Fall eingehend auf ihre Risiken geprüft werden müssen.

Testbiotech hat auch jene Vorschläge der Berichterstatterin analysiert, mit denen Patente auf NGT-Pflanzen verhindert werden sollen und kommt zu dem Ergebnis, dass diese weitgehend wirkungslos wären. Es fehlen zudem geeignete Vorschläge, um Patente auf die jeweiligen technischen Verfahren zu begrenzen. Ohne entsprechende gesetzliche Vorschriften können CRISPR-Patente sogar auf die konventionelle Zucht ausgeweitet werden.

Die Berichterstatterin plant, die entsprechenden Vorschläge am kommenden Mittwoch, dem 24.1., dem Umweltausschuss zur Abstimmung vorzulegen.

17.01.2024
Von: FebL/PM

Bildquelle: Testbiotech