„Wort halten, Olaf!“ – Das fordern die Initiative „Save Our Seeds“ und die Aurelia Stiftung mit einer Plakataktion zur Neuen Gentechnik. Ein Trecker mit Riesenpostern, der vergangene Woche von der SPD-Zentrale zum Bundeskanzleramt rollte, und tausende Plakate in der Berliner Innenstadt erinnern Bundeskanzler Olaf Scholz an sein Wahlversprechen.
In einem Brief vom 22.6.2021 schrieb der damalige Kanzlerkandidat u.a. an die Aurelia Stiftung und „Save Our Seeds“: „Auch für die neuen Gentechniken muss das Vorsorgeprinzip uneingeschränkt gelten. Risikoüberprüfung und Kennzeichnungspflicht müssen Sicherheit, Wahlfreiheit und Transparenz für die Verbraucher*innen, Lebensmittelherstellung und Umwelt gewährleisten. Deshalb werde ich mich auch weiterhin auf allen Ebenen für eine strikte Regulierung der neuen Gentechniken einsetzen.“
Gemeinsam mit über 130 Verbänden aus dem Umwelt-, Natur-, Klima- und Verbraucherschutz sowie der biologischen Landwirtschaft fordern „Save Our Seeds“ und die Aurelia Stiftung die Kennzeichnungspflicht und Risikoprüfung für Neue Gentechnik. Die Plakataktion verweist auf die Webseite www.scholz-gentechnik.de mit weiteren Informationen und Aktionen zu der geplanten Deregulierung.
Bereits in der nächsten Woche sollen die EU-Agrarminister über den Vorschlag der EU-Kommission abstimmen, künftig die meisten gentechnisch veränderten Pflanzen und Lebensmittel ohne Risikoprüfung, Kennzeichnung und Rückholbarkeit in die Natur freizusetzen und zu vermarkten. Die Bundesbürger:innen haben dazu eine klare Meinung: Über 90 Prozent verlangen in einer repräsentativen Forsa-Umfrage auch für Neue Gentechniken Kennzeichnung und Risikoprüfung.
Benny Haerlin, Koordinator von „Save Our Seeds“, warnt: „Im Schatten von Kriegen, Seuchen und Klimakatastrophen sieht die Gentechnikindustrie jetzt ihre Chance zum Durchmarsch. In Wirklichkeit geht es vor allem um ein neues Geschäftsmodell zur Privatisierung und Patentierung der genetischen Vielfalt.“
Und Bernd Rodekohr, Fachreferent „Biene und Gentechnik“ der Aurelia Stiftung, betont: „Wir erwarten vom Bundeskanzler die gleiche Haltung zur neuen Gentechnik wie vom Kanzlerkandidaten Scholz. Ob die tiefen Eingriffe in unsere Lebensgrundlagen, die CRISPR-Cas ermöglicht, der Allgemeinheit und dem Ökosystem nutzen oder schaden, hängt entscheidend von kluger Regulierung und einer verpflichtenden Technikfolgen-Abschätzung ab.“
Zum Hintergrund heißt es von „Save Our Seeds“ und der Aurelia Stiftung: Der zuständige Landwirtschaftsminister Cem Özdemir fordert in Bezug auf den Vorschlag der EU-Kommission zwar Änderungen im Detail, bekennt sich aber nicht zu Risikoprüfung und Kennzeichnung. Einigt sich die Ampel-Koalition nicht, muss sie sich bei der Ratssitzung am 10. und 11. Dezember enthalten. Anders als beim gescheiterten Glyphosat-Verbot vor zwei Wochen, wo dies der Zulassung des Pestizids für weitere zehn Jahre Vorschub leistete, wäre eine Enthaltung hier so gut wie eine Stimme gegen den Vorschlag der EU-Kommission, der mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden muss.