In einer Übersichtsarbeit haben Agrarwissenschaftler aus den USA und Italien das Scheitern von gentechnisch veränderter Bt-Baumwolle in Indien erklärt. Sie empfehlen den Landwirten, auf heimische gentechnikfreie Baumwollsaat umzusteigen und warnen davor, Bt-Baumwolle in Afrika einzuführen.
In Indien wächst auf mehr als 90 Prozent der Felder gentechnisch veränderte Bt-Baumwolle. Sie produziert ein eigenes Gift, das Schadinsekten wie den Baumwollkapselwurm töten soll. Nach der Erhebung der Agrarwissenschaftler Gutierrez, Kenmore und Ponti liegt es an dieser Gentech-Baumwolle, dass die durchschnittliche Baumwollernte pro Hektar in kaum einem Land so niedrig ist wie in Indien. Sie nennen dafür mehrere Gründe: Zum einen wird das Bt-Saatgut in weiten Reihen gesät, was den Ertrag grundsätzlich verringert. Und es braucht viel Zeit bis zur Ernte, was Schädlingen und extremen Wetterereignissen mehr Zeit lässt, die Ernte zu dezimieren. Eine Alternative dazu sehen die Autoren in gentechnikfreien Sorten, die sehr dicht ausgesät werden und schnell wachsen. Deren Erträge wären nach Angaben der Autoren potentiell doppelt so hoch. Das liege auch daran, dass sie Monate später ausgesät werden als BT-Saatgut. Zu diesem Zeitpunkt neigt sich der Lebenszyklus des Kapselbohrers bereits seinem Ende zu.
Ein weiterer Grund: Das Bt-Saatgut ist etwa viermal teurer als das kaum noch vorhandene gentechnikfreie. Da es Hybridsaaten sind, können die Landwirte daraus auch nicht selbst wieder Saatgut erzeugen. Und das Geld, das sie jedes Jahr neu für teures Saatgut ausgeben müssen, können sie nicht in Dünger oder Bewässerung investieren, was die Erträge wirkungsvoll steigern würde. Hinzu kommt, dass der Baumwollkapselwurm, eine Schmetterlingsraupe, gegen das Bt-Gift der Pflanzen schon 2008 resistent wurde. Andere Schadinsekten wie die weiße Fliege nahmen überhand, weil die Bt-Baumwolle das ökologische Gleichgewicht gestört hatte. Bereits 2012 seien wieder so viele Insektizide auf Baumwollfeldern ausgebracht worden wie vor der Einführung der Bt-Baumwolle 2002, heißt es in der Arbeit.
Auch diese Spritzgifte kosten die Bauern Geld, das sie nicht für Dünger und Wasser ausgeben können. Deren Bedeutung belegen die Autoren mit Daten aus südindischen Bundesstaaten, wo der Großteil der Baumwolle im Regenfeldbau angebaut wird. Demnach würden die durchschnittlichen Erträge mit dem Anteil an bewässerten Flächen, der Menge an Dünger pro Hektar und mit den durchschnittlichen Monsunregenfällen von Juni bis Dezember steigen. Kleinbauern, denen das Geld für Wasser und Dünger fehlt, lebten beim Anbau gentechnisch veränderter Baumwolle dementsprechend oft weit unter dem Armutsniveau.
Das Fazit der Autoren lautet, dass die indischen Landwirte in eine Tretmühle aus Pestiziden und Gentechnik gerieten, „als sie versuchten, agronomische und insektizidbedingte Schädlingsprobleme mit einer ungeeigneten Bt-Baumwoll-Hybridtechnologie zu lösen“. Eine Technologie, „die suboptimale Pflanzdichten erzwang, was zu niedrigen, stagnierenden Erträgen, zunehmender Verschuldung und Zwangsvollstreckungen führte, wobei Tausende von Landwirten im Selbstmord Zuflucht suchten“.
Diese Entwicklung fürchten die Autoren auch für afrikanische Baumwollländer, von denen Kenia oder Nigeria eigene Bt-Baumwolle entwickelt haben. Weitere Länder liebäugeln mit deren Einführung. Denn auch dort wird der größte Teil der Baumwolle von Kleinbauern im Regenfeldbau, also ohne Bewässerung, erzeugt. Innovationen könnten auch Auswirkungen haben, die den besten Interessen der Gesellschaft zuwiderlaufen, schrieben die Autoren, und weiter: „Die Bt-Hybridbaumwolle in Indien sollte zu dieser Liste hinzugefügt werden, und wir warnen vor ihrer unkritischen Einführung in Afrika.“
Eine Meldung des Informationsdienst Gentechnik.