Die Blütenträume der Gentechnik

Eine Auswertung aktueller wissenschaftlicher Publikationen zeigt, dass wichtige artspezifische Merkmale von Pappeln mit Hilfe der Neuen Gentechnik (NGT) drastisch verändert werden können. Dafür müssen keine zusätzlichen Gene eingefügt oder neuartige oder veränderte Eiweißstoffe in den Pflanzen gebildet werden. Natürlicherweise blühen Pappeln erst nach sieben bis zehn Jahren. Nach dem Eingriff mit der Gen-Schere blühten die Bäume in einem Experiment aber bereits nach vier Monaten. Um diese Ergebnisse zu erzielen, waren nur kleine Veränderungen an regulatorischen Genen nötig. Das teilt das Institut für unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie Testbiotech mit.

Ein Ziel des Eingriffs ist es, die sehr früh blühenden Gentechnik-Pappeln wie Ackerpflanzen sehr rasch vermehren, kreuzen und selektieren zu können. Durch solche Eingriffe ist es möglich, die Markteinführung von gentechnisch veränderten Pappeln erheblich zu beschleunigen.

Pappeln können im Laufe ihres Lebens Milliarden von Pollen und Samen produzieren, die mit dem Wind kilometerweit transportiert werden. Das gentechnisch veränderte Erbgut kann sich aber nicht nur über Pollen und Samen, sondern auch über Sprösslinge in der Umwelt ausbreiten.

Die Bäume stehen mit ihrer Umwelt in vielfältiger Beziehung, z.B. über andere Pflanzenarten, Wurzelpilze, Insekten und Wildtiere. So sind Pappeln für viele Insekten wie Käfer und Schmetterlinge, aber auch für Bienen wichtige Nahrungspflanzen. Kreuzen sich die Gentechnik-Bäume mit natürlichen Pappel-Populationen, können sich die veränderten Gene schnell ausbreiten. Dies kann bspw. zum Zusammenbruch der Wildpopulationen führen, weil die neuen Eigenschaften nicht an die Umwelt angepasst sind. Unter anderem können NGT-Bäume so den Fortbestand der besonders geschützten Schwarzpappel gefährden. Die Schäden könnten irreversibel sein, da sich die veränderten Gene nicht aus der Umwelt zurückholen lassen.

Mit dem im Umweltausschuss des EU-Parlaments gefassten Beschluss über die künftige Regulierung von Pflanzen aus Neuer Gentechnik können bspw. gentechnisch veränderte Bäume und Sträucher ebenso wie Ackerpflanzen oder auch Wildgräser und Wildblumen ohne Risikoprüfung in die Umwelt gelangen.

Dagegen fordern EU-Abgeordnete wie Christophe Clergeau (S&D) oder Martin Häusling (Greens/EFA) eine verpflichtende Risikoprüfung für alle Pflanzen aus Neuer Gentechnik. Diese Position stützt sich u.a. auf Stellungnahmen der zuständigen französischen Behörde ANSES (Agency for Food, Environmental and Occupational Health & Safety) oder auch der Gesellschaft für Ökologie aus Deutschland, Österreich und der Schweiz (GfÖ), die insbesondere vor den Gefahren für Wildpflanzen warnt. In diesem Zusammenhang weist die Ökologin Prof. Dr. Katja Tielbörger darauf hin, dass rund 300.000 Wildpflanzenarten von der drohenden Deregulierung betroffen sein könnten, mit unabsehbaren und fatalen Folgen für Ökosysteme und Biodiversität.

Testbiotech fordert das Europäische Parlament deswegen auf, die geplante weitreichende Deregulierung abzulehnen und jede NGT-Pflanze einer fallspezifischen Risikoprüfung zu unterziehen.

24.01.2024
Von: FebL/PM

Eine Auswertung aktueller wissenschaftlicher Publikationen zeigt, dass wichtige artspezifische Merkmale von Pappeln mit Hilfe der Neuen Gentechnik (NGT) drastisch verändert werden können.