„Vertrauen in den Milchmarkt führt zum Blindflug“, erklärt der Vorstandsvorsitzende der MEG Milch Board, Frank Lenz, anlässlich der aktuell vom Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) vorgelegten Zahlen zum Milchmarkt. Angesichts der Volatilitäten am Milchmarkt, die sich zu Wellen entwickeln, die niemand mehr surfen mag, so Lenz, können Verträge zwischen Milcherzeugerorganisationen und Molkereien mit konkreten Mengen-, Preis-, Qualitäts- und Laufzeitvereinbarungen die Wogen glätten. Das European Milk Board (EMB) fordert mit Blick auf die neuesten Zahlen die Aktivierung des freiwilligen Lieferverzichts auf EU-Ebene, um mit kleinen temporären Mengenreduzierungen stabile Preise am Milchmarkt erreichen zu können.
Der vom BAL ermittelte Milch Marker Index (MMI), der die Entwicklung der Kosten der Milchproduktion aufzeigt, hatte im Juli 2023 einen Wert von 121, d. h. dass die Produktionskosten für deutsche MilcherzeugerInnen im Vergleich zum Basisjahr 2015 (2015 = 100) um 21 Prozent gestiegen sind. Durch den Anstieg der Milcherzeugungskosten von 46,87 im April 2023 auf 49,73 Cent pro Kilogramm Milch und den gleichzeitigen Rückgang der Milchauszahlungspreise von 45,11 auf 40,63 Cent vergrößerte sich die Unterdeckung der Kosten um ganze 14 Prozent. Die Preis-Kosten-Ratio verringerte sich von 0,96 auf 0,82.
Mit der Umstellung des MMI auf die neue Datenbasis des Informationsnetzes Landwirtschaftlicher Buchführungen der Europäischen Kommission (INLB) 2021 ergab sich ein sichtbarer Zuwachs bei den allgemeinen Betriebskosten (durchschnittlich 1,18 Cent). Auf die Verschlechterung der Wirtschaftlichkeit der Milcherzeugung hatte aber auch der deutliche Rückgang der Rindererlöse in den letzten Monaten einen großen Einfluss. Dazu stiegen die Kosten für das Zukauffutter seit April 2023 insbesondere in Süd- und Ostdeutschland um 2,46 bzw. 0,31 Cent. Im Durchschnitt für Deutschland sind die Kosten dadurch auf einen Stand von 13,58 Cent pro Kilogramm erzeugter Milch geklettert.
Die Milchauszahlungspreise fielen in der Region Süd um 5,61 Cent auf 44,18, in der Region Ost um 4,58 Cent auf 39,26 und in der Region Nord um 3,50 Cent auf 38,35 Cent pro Kilogramm.
Qualitätsware ist gefragt
Der starke Rückgang der Milchproduktion und die zunehmende Nachfrage haben zu einem Preisanstieg sowohl auf dem Spotmilchmarkt als auch auf dem Markt für Magermilchpulver, Industrierahm und Sahne geführt – allein in den letzten sechs Wochen waren das satte 21,5 Prozent. „Diese Entwicklung müsste sich viel stärker in den Milchauszahlungspreisen widerspiegeln,“ stellt Frank Lenz fest. „Der Exportmarkt für Standardware ist für deutsche Milch zu billig. ‚Made in Germany‘ ist in der Welt gefragt. Die Zahlen zeigen, dass für bestimmte Spezifikationen deutsche Qualität – auch im Export– eine wichtige Rolle spielt. Nicht die Menge, sondern die Qualität macht uns konkurrenzfähig!“
Ferner zeigt sich Lenz erstaunt, dass die Molkereien scheinbar gelassen auf die sich ankündigende Milchknappheit und anziehende Märkte reagieren und sich nicht trauen, damit offensiv und transparent auf ihre Vertragspartner – die Milchlieferanten - zuzugehen. Lenz geht davon aus, dass sich die Milchanlieferungen in Deutschland in den nächsten Wochen und Monaten an der Milchanlieferungskurve von 2021 orientieren werden. „Die Zahlen zum Milchmarkt sprechen für sich. Das sogenannte blinde Vertrauen in den Milchmarkt führt zum Blindflug! Ohne Verträge, die konkrete Mengen und Preise beinhalten, werden sich die Volatilitäten zu Wellen entwickeln, die niemand mehr surfen mag. Die nächste Welle zugunsten der Milcherzeugerpreise ist im Anmarsch. Ist das ein Grund zur Freude? Ja, mit dem Wissen, dass die Höhe der Welle die Tiefe des Tals bereits vorgibt.“
Lenz fährt fort: „Verträge zwischen Milcherzeugerorganisationen und Molkereien mit konkreten Mengen-, Preis-, Qualitäts- und Laufzeitvereinbarungen beinhalten das Potential, nicht nur für die Erzeuger und Erzeugerinnen, sondern auch für die Molkereien die Wogen zu glätten.“
Die Botschaft der MEG Milch Board: „Gemeinsam die Wogen glätten – Umsetzung des Artikel 148 GMO.“