Der grüne EU-Haushaltskontrollpolitiker Daniel Freund kritisiert im Interview mit Agra Europe (AgE) das System der landwirtschaftlichen EU-Direktzahlungen. Nicht nur, dass bekanntermaßen 80% der EU-Agrargelder an 20% der größten Betriebe gehen, sondern es gebe ein viel größeres Problem. „In vielen Mitgliedstaaten, vor allem in der östlichen EU, hat sich eine Kaste an durch Agrarbeihilfen gezüchteten Agrarmilliardären gebildet“, die oft exzellente Verbindungen in Regierungskreise haben. Als Beispiele nennt Freund den ehemaligen tschechischen Premierminister Andrej Babiš oder das Umfeld um den ungarischen Regierungschef Viktor Orbán. So habe es in Ungarn Orbáns Schulfreund Lőrinc Mészáros in wenigen Jahren vom kleinen Gasinstallateur mithilfe von EU-Geldern zum reichsten Bürger des Landes gebracht.
Ein Positivbeispiel ist für Freund „sicherlich Polen“. Hier habe der Druck über das Einfrieren von mehr als 100 Mrd. Euro an EU-Geldern aus dem Kohäsionshaushalt und aus dem Corona-Wideraufbaufonds (NextGenerationEU) einen wichtigen Beitrag zur Wahlniederlage der bis Ende letzten Jahres regierenden PiS-Regierung geleistet. Die neue Regierung habe dann im Rekordtempo die Entwicklung zur Rechtsstaatlichkeit wieder zum Besseren gewendet.
Kritik übt Freund im Interview mit Agra Europe auch an der fehlenden Transparenz bei der Vergabe der EU-Gelder. Zwar habe er selbst die Revision der EU-Finanzordnung für das Europaparlament verhandelt und dabei sei durchgesetzt worden, dass es eine einheitliche Datenbank gibt, in der auch die allergrößten Empfänger der GAP-Beihilfen transparent gemacht werden sollen. Allerdings hätten die Mitgliedstaaten dafür gesorgt, dass dies leider erst 2028 geschieht. Wichtig sind für Freund im Hinblick auf die GAP auch, die Gelder zielgerichteter gegen den Biodiversitätsschwund und gegen das Höfesterben einzusetzen. „Hierbei kann auch eine effektive Obergrenze der Direktzahlungen helfen. Es ist einfach nicht anständig Industriebetriebe mit teilweise Hunderten Millionen Euro unter die Arme zu greifen“, so der grüne EU-Abgeordnete gegenüber AgE.