„Unions-Parteien wollen Verbraucher und Bauern entmündigen“

Die im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments (ENVI) erhobenen Forderungen von Unionsvertretern innerhalb der konservativen Fraktion (EVP) zur Deregulierung Neuer Gentechniken haben scharfe Kritik von Bioland und dem grünen EU-Abgeordneten Martin Häusling ausgelöst. „Es ist nicht hinnehmbar, dass die Unions-Parteien den Willen der gesamten Bio-Branche komplett ignorieren, weiterhin gentechnikfrei wirtschaften zu können. Peter Liese, EVP-Sprecher für Umwelt, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, fordert besonders offensiv und vorbehaltlos die komplette Deregulierung Neuer Gentechniken, auch im Ökolandbau. Damit tritt er auch den Verbraucherschutz mit Füßen. Denn nicht allein die Bio-Branche, sondern eine überwältigende Mehrheit der Verbraucher*innen möchte, dass mithilfe Neuer Gentechnik hergestellte Produkte geprüft und gekennzeichnet werden müssen“, erklärt Bioland-Präsident Jan Plagge. Eine gesunde Skepsis vor den Heilsversprechungen industrieller Gentechnik-Lösungen wäre angebracht, denn wissenschaftlich fundierte Nachweise gebe es bislang schlichtweg nicht. „Auf dieser Basis Vorsorgeprinzip und Wahlfreiheit für Bauern und Bürger zu opfern, ist inakzeptabel und unverantwortlich. Vor allem vor dem Hintergrund der fortlaufenden Patentierung von Pflanzen und deren Eigenschaften mithilfe der Neuen Gentechnik, die landwirtschaftliche Betriebe in Abhängigkeiten zu den großen Konzernen zwingt. Die EVP will im Eiltempo ein Gesetz durchpeitschen, ohne eine Lösung zur Patentfrage zu haben“, so Plagge.

Und auch Häusling findet deutliche Worte. "Nichts würde besser durch den Vorschlag, der auf dem Tisch liegt und jetzt in hoher Geschwindigkeit von den Konservativen offenbar im Schnellverfahren durchgedrückt werden soll. Im Gegenteil: Diese Art Zwangsbeglückung im Turbo durch die Konservativen geht klar auf Kosten der Verbraucherwünsche, ruiniert die ökologische Landwirtschaft und dokumentiert die Aufgabe des Vorsorgeprinzips. Noch haben wir in Europa klare gesetzliche Regeln, die auch für die Gentechnik gelten und nicht aufgegeben werden dürfen. Denn auch neue Gentechnologie ist Gentechnik und nach dem Gerichtsurteil von 2018 vom Europäischen Gerichtshof klar als solche definiert. In Zeiten, wo in Europa aus Vorsorge jeder Staubsauger und jeder Toaster auf Herz und Nieren geprüft werden, kann man nicht allen Ernstes die Prüfung der Gentechnik über Bord werfen. Damit bekämen wir eine schlechtere Rechtslage in der EU als in den USA.“

Die Versprechungen der Industrie zur neuen Gentechnik sind für den grünen EU-Abgeordneten eine Märchenstunde und profitorientiertes Wunschdenken. „Wo Gentechnik eingeführt wurde, hat dies nicht zu einer Minderung, sondern zu einer drastischen Zunahme zum Beispiel des Pestizidabsatzes geführt. Man sieht das sehr deutlich in den USA bei Soja und auch beim Maisanbau. Die quasi zwangsweise Einführung durch diesen Vorschlag würde auch den Ökolandbau massiv treffen und zerstören. Das wäre ein Markteingriff durch die Hintertür und würde zulasten eines 18 Milliarden Euro Marktes für gentechnikfreie Produkte gehen, den die Verbraucher:innen genau so wollen. Es ist daher irreführende Augenwischerei, wenn behauptet wird, dies würde den Ökolandbau nicht benachteiligen“, kritisiert Häusling und fordert abschließend: „Schluss mit den Märchen, lassen Sie uns ehrlich und auf wissenschaftlichen Tatsachen fußend über die möglichen Folgen dieses unseligen Vorschlags sprechen. Dafür müssen wir uns Zeit nehmen, so sind das Verfahren und der Vorschlag nicht akzeptabel und können von uns nicht akzeptiert werden.“

08.11.2023
Von: FebL/PM

Unmissverständliche Forderung an Minister Özdemir sowie die Politik in Deutschland und Brüssel.