139 Verbände fordern strikte Regulierung von Gentechnik - Offener Brief an Bundesminister Özdemir

In einem Offenen Brief an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir anlässlich der EU-Agrarratssitzung in Brüssel am vergangenen Montag haben der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) gemeinsam mit den Jugendorganisationen BUNDjugend und junge AbL (jAbL) den Erhalt von Wahlfreiheit, Sicherung der gentechnikfreien konventionellen und ökologischen Lebensmittelerzeugung, Transparenz und den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und die weiterhin strikte Regulierung neuer Gentechniken gefordert.

Damit haben sie die Forderungen einer Verbändeposition von 139 Verbänden und Bündnissen aus der Land- und Lebensmittelwirtschaft, dem Umwelt- und Verbraucherschutz, der Entwicklungszusammenarbeit und Jugendbewegungen aufgenommen, die in ihrem ebenfalls am Montag veröffentlichten gemeinsamen Positionspapier die Folgen einer unkontrollierten Deregulierung benennen, und die Abschaffung der bisher geltenden Prinzipien des Gentechnikrechts kritisieren.

„Wir Bäuerinnen und Bauern wollen auch weiterhin konventionell und ökologisch gentechnikfrei wirtschaften, d.h. unsere Wirtschaftsweise selbst bestimmen. Dafür muss Minister Özdemir jetzt die  Beibehaltung der strikten Gentechnik-Regulierung inkl. wirksamer Koexistenz- und Haftungsregelungen durchsetzen“, erklärt Elisabeth Waizenegger, Milchbäuerin und Bundesvorstand der AbL. Und Carla Klusmann, Jungbäuerin und aktiv bei der jAbL ergänzt: „Es darf nicht sein, dass die Marktmacht auf einzelne Konzerne aufgeteilt wird. Wir brauchen viele, vielfältige Höfe und standortangepasste Züchtungen. Eine Landwirtschaft, die für uns Jungbäuer:innen eine echte Alternative ist und uns nicht von Beginn an in wirtschaftliche Abhängigkeiten drängt.“

Auch für Olaf Bandt, Bundesvorsitzender des BUND, muss Gentechnik reguliert bleiben. „Der von der EU-Kommission vorgelegte Vorschlag widerspricht dem europäischen Vorsorgeprinzip und internationalen Vereinbarungen zum Schutz der Biodiversität; Risikoprüfung, Rückverfolgbarkeit und Wahlfreiheit als zentrale Errungenschaften des europäischen Gentechnikrechts würden damit abgeschafft.” Nach Ansicht von Moritz Tapp, Mitglied des Bundesvorstands der BUNDjugend, würde mit der geplanten Deregulierung unsere Ernährungssicherheit aufs Spielgesetzt. „Profitieren von einer Neuregulierung würden die großen Konzerne, die Patente halten und damit ihre Marktmacht ausbauen – diesen Konzerninteressen würde bei Annahme des Vor­schlags das Recht der Verbraucher*innen, zu entscheiden, was sie auf ihrem Teller haben wollen, geopfert, und unsere Ernährungssicherheit aufs Spiel gesetzt”, so Tapp.

Und Tina Andres, Vorstandsvorsitzende des BÖLW, erklärt: „Ökologische Landwirtschaft arbeitet ohne Gentechnik, transparent und nachhaltig - wie es dem Wunsch von über 90% der Verbraucher entspricht. Die Gentechnik-Industrie will uns jetzt ihr Wirtschaftsmodell aufzwingen – das darf eine Bundesregierung mit Ziel 30 Prozent Bio nicht zulassen!“

Die unterzeichnenden Verbände fordern Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir in dem Offenen Brief dazu auf, die in Brüssel geplanten Bestrebungen für eine Abschaffung zentraler europäischer Umwelt- und Verbraucherschutzstandards entschlossen abzulehnen.

„Statt einer Abschaffung bestehender Gentechnikregelungen ist die Erforschung und Entwicklung agrarökologischer Systeme und Anbaumethoden, sowie ihrer regionalen Anpassung und Umsetzung, notwendig, um der Klimakrise und Verlust der Biodiversität entgegenzuwirken, und muss stärker gefördert werden. Das gilt auch für die ökologische und konventionelle gentechnikfreie Züchtung“, heißt es abschließend in der von 139 Verbänden und Bündnissen unterzeichneten Stellungnahme.

21.11.2023
Von: FebL/PM

Der offene Brief an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und die von 139 Verbänden und Bündnissen unterzeichnete Verbändeposition.