Nein zum EU-Mercosur-Freihandelsabkommen!

Mit deutlichen Worten kritisieren landwirtschaftliche Verbände, so die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), das European Milk Board (EMB) und der Bauernverband (DBV), die Einigung zum EU-Mercosur-Freihandelsabkommen in Uruquay. Jetzt muss dem Vertrag noch im EU-Rat von ausreichend vielen, nämlich 15 Mitgliedsstaaten zugestimmt werden, die zugleich mindestens 65 % der EU-Bevölkerung repräsentieren, damit es in Kraft tritt. Länder wie Österreich und Frankreich versuchen mittels Sperrminorität das Abkommen zu stoppen, auch Italien hat bereits seine Ablehnung bekundet.

AbL: Bundesregierung muss Abkommen ablehnen

Die AbL-Bundesvorsitzenden fordern die deutsche Bundesregierung auf, das Abkommen abzulehnen. AbL-Bundesvorsitzende Claudia Gerster sagt: „Wir Bäuerinnen und Bauern wollen unsere landwirtschaftliche Erzeugung weiterentwickeln und fair für unsere Arbeit bezahlt werden. Wir wollen mehr Klimaschutz, Tierwohl und Artenvielfalt umsetzen. Das EU-Mercosur-Freihandelsabkommen macht diese Bemühungen zunichte. Wir sollen mehr billig und industriell intensiv erzeugtes Fleisch nach Europa importieren. Gleichzeitig können billige EU-Exporte bäuerliche Strukturen in den Mercosur-Ländern schaden. Die deutsche Bundesregierung muss das Abkommen im EU-Rat ablehnen. Die vielen Bauernproteste allen voran in Frankreich und Belgien haben gezeigt: wir Bäuerinnen und Bauern wollen das Abkommen nicht.“
Und AbL-Bundesvorsitzender Martin Schulz führt weiter aus: „Ich bin empört, dass Ursula von der Leyen das EU-Mercosur-Abkommen für die EU-Kommission beschlossen hat. In ihrer Antrittsrede hat sie noch verkündet, dass wir Bäuerinnen und Bauern in der Wertschöpfungskette gestärkt werden sollen, statt unter den Produktionskosten verkaufen zu müssen. Auch hat sie deutlich gemacht, dass ein Wirtschaften innerhalb der planetaren Grenzen geboten ist. Aber das ist mit diesem Freihandels-Abkommen nicht machbar: Verlierer dieses Abkommens sind Bäuerinnen und Bauern in der EU und den Mercosur-Staaten, der Klimaschutz und die Menschenrechte. Die deutsche Bundesregierung hat jetzt die Möglichkeit, mit anderen Ländern das Abkommen zu  stoppen. Dann macht sie auch den Weg frei für einen qualifizierten Welthandel, der soziale und ökologische Kriterien stärkt und stützt.“

EMB: Bedrohung für die Landwirtschaft weltweit

Starke Bedenken zum Freihandelsabkommen äußert auch das EMB. Der Verband, der zahlreiche Milcherzeugerorganisationen aus ganz Europa vertritt, sieht das Abkommen als ernsthafte Bedrohung für die Landwirtschaft und die Bevölkerung weltweit.
„Dieser Deal bringt einen klaren Vorteil für die Industrie, aber auf Kosten der Landwirte und der Verbraucher“, so Kjartan Poulsen, Vorsitzender des EMB und Milcherzeuger aus Dänemark. „Das Abkommen fördert weder die soziale noch ökologische Nachhaltigkeit und wird die ohnehin schwierige Lage der europäischen Landwirte weiter verschärfen.“ Es gefährde Arbeitsplätze, Einkommen und die Lebensgrundlage vieler Bauern.

Ein zentrales Problem des Abkommens sei die Gefahr, dass die lokale landwirtschaftliche Produktion durch billige Importe aus Südamerika verdrängt wird. „Diese Importe entsprechen häufig nicht den hohen Standards der EU – weder in Bezug auf die Produktionsmethoden noch auf die Inhaltsstoffe“, erklärt der französische Milcherzeuger und EMB-Vizevorsitzende Boris Gondouin.

Das EMB kritisiert insbesondere auch die Unvereinbarkeit des Abkommens mit den Nachhaltigkeitszielen der EU. Es wird viel über Klimaschutz und nachhaltige Landwirtschaft gesprochen, aber gleichzeitig werden durch den globalen Transport von Nahrungsmitteln diese Bemühungen untergraben. Zudem wird der Deal auch die Etablierung von nachhaltigen Produktionsmethoden in der Union negativ beeinflussen. Dieses Abkommen steht daher in direktem Widerspruch zu den Zielen, die die EU für die Reduktion von schädlichen Emissionen und den Umweltschutz im Allgemeinen verfolgt.

Das Mercosur-Abkommen wird auch einen sicherheitspolitischen Einfluss haben. „Die Erzeugung von Lebensmitteln ist ein zentraler Bestandteil der nationalen Sicherheit“, betont Kjartan Poulsen. „Indem das Abkommen die europäische Landwirtschaft schwächt und die Abhängigkeit von globalen Märkten verstärkt, wird die Versorgungssicherheit für die Bevölkerung und damit auch die nationale Sicherheit in Frage gestellt.“

Problematisch ist nach Ansicht des EMB zudem, wenn die EU-Kommission die finale Zustimmung in der EU zu diesem weitreichenden Handelsabkommen um jeden Preis forcieren und dabei den demokratischen Prozess in der EU aufweichen würde. Dies wäre ein äußerst schlechtes Signal in Zeiten, in denen eine Betonung demokratischer Strukturen und Prozesse essentiell ist angesichts der vielzähligen Angriffe auf demokratische Werte weltweit.

Das EMB fordert daher eine Handelspolitik, die die Interessen der europäischen Landwirte sowie der Verbraucher schützt, die Prinzipien der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit ernst nimmt sowie demokratischen Werten folgt und diese nicht übergeht.

DBV: in dieser Form nicht annehmen

Der DBV-Präsident, Joachim Rukwied, zeigt sich enttäuscht, dass das Mercosur-Abkommen ohne wesentliche Veränderungen des Agrarteils zum Abschluss gebracht wurde: „Wir Bauern wurden nicht gehört. Dieses Abkommen geht einseitig zu Lasten der europäischen Bauern und schwächt unsere Betriebe massiv im Wettbewerb. Damit ist es das Gegenteil der von der EU-Kommission zugesagten Stärkung der europäischen Landwirtschaft. Die geplanten Mechanismen zum Schutz europäischer Standards für Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung sind nach wie vor völlig unzureichend. Das Europäische Parlament und der Europäische Rat als nun entscheidende Institutionen dürfen das Abkommen in dieser Form nicht annehmen!“