Kritik am EU-Mercosur-Abkommen im Braker Hafen

Anlässlich der bevorstehenden Gespräche der EU-Handelsminister:innen in Brüssel zum geplanten EU-Mercosur-Handelsabkommen hatte der gemeinnützige Verein Aktion Agrar mehrere Landwirtschafts-Expert:innen zum Hafen Brake an der Unterweser in Niedersachsen eingeladen. Über den Industriehafen in Brake werden etwa 4 Millionen Tonnen Futtermittel jährlich importiert und zu Futtermitteln weiterverarbeitet. In Deutschland stammen laut Bundeslandwirtschaftsministerium rund 28 Prozent des Futteraufkommens an verdaulichem Eiweiß aus importierten Futtermitteln. Durch das EU-Mercosur-Abkommen könnten nicht nur nach Ansicht von Aktion Agrar die Futtermittelimporte erheblich steigen und die bestehenden Konflikte in den Anbauländern wie auch für die europäische Klima- und Agrarpolitik massiv befeuern.

Am Sonntag reisten deshalb Antônio Andrioli, Professor für Agrarökölogie und nachhaltige ländliche Entwicklung aus Brasilien und Dominik Groß, Experte für Menschenrechte und Klimaschutz in Agrarlieferketten der Christlichen Initiative Romero (CIR) nach Brake. Aus der Region kamen Ottmar Ilchmann, Milchbauer in Ostfriesland, und Ada Fischer, Biolandbäuerin in Cuxhaven hinzu, beide aktiv in der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Einer Einladung von Aktion Agrar an Vertreter:innen der im niedersächsischen Landtag vertretenen Parteien war die SPD-Landtagsabgeordnete Karin Logemann gefolgt, die die Gelegenheit zum Austausch nutzte.

Dominik Groß berichtete, wie seine Organisation den Futtermittelkonzern Agrarvis zur Rede stellte. Obwohl das Unternehmen einer der größten Futtermittelimporteure ist, ließe seine Bereitschaft, Verantwortung für die eigene Lieferkette zu übernehmen, sehr zu wünschen übrig. So kam es zu gewaltsamen Vertreibungen von Menschen durch Mitglieder des Soja-Handelspartners in Brasilien.

Ada Fischer aus Cuxhaven erzählte, wie sie den Hof ihrer Eltern auf eine nach Bioland-Regeln wirtschaftende Landwirtschaft umstellte, die keine Futtermittel aus Übersee importieren muss. Außerdem befürchtet sie, dass der weitere Hafenausbau mit der geplanten Weservertiefung und damit verbundenen Ausgleichsmaßnahmen das Ende ihrer Mutterkuhherde bedeuten könnte.

Antônio Andrioli warnte eindrücklich vor den Auswirkungen des Freihandelsabkommens zwischen der EU und den südamerikanischen Mercosur-Staaten. Es würde zu zusätzlichen Menschenrechtsverletzungen wie Vertreibung und Vergiftungen führen und es schwerer machen, nachhaltiges, agrarökologisches Wirtschaften von und mit Kleinbäuer:innen weiter zu entwickeln.

Der Vorsitzende der AbL in Niedersachsen, Ottmar Ilchmann, betonte, dass der Sojahafen Brake seit vielen Jahren die extreme Konzentration der Tierhaltung im Oldenburger Münsterland befeuert und ermöglicht habe – stattdessen brauche es einen Umbau der Tierhaltung mit deutlicher Reduktion dort, wo die Tierdichte viel zu hoch sei. Mercosur drohe die negative Entwicklung noch weiter zu verschärfen. So wie das Abkommen derzeit vorliegt, sei es abzulehnen.

Und auf Facebook schreibt die SPD-Abgeordnete Karin Logemann unter anderem: „Für mich steht fest, ein Aus der Futtermittel-Importe im Braker Hafen würde gar nichts an der Gesamtsituation ändern. Die Warenströme suchen sich ihren Weg und würden sich im Umschlag in rasanter Geschwindigkeit einen anderen Hafen suchen. Der Braker Hafen ist ein wichtiger mittelständischer Hafen und ja, er ist einer der wichtigsten Importhäfen für Futtermittel. Die Frage des Imports von Soja ist für mich eine andere: klima- und ressourcenschonende Landwirtschaft bedeutet auch regionalen Futtermittelanbau und Lebensmittelerzeugung. Der Anbau einheimischer Leguminosen aber auch der Anbau von Soja sollten forciert werden. Lebensmittelverschwendung ist ebenfalls ein großes Thema. Bewusst ökologisch, saisonal und regional einkaufen ist wichtig.
Auch zum Merkosur-Abkommen habe ich eine klare Haltung: hier gilt es umsetzbare, rechtlich verbindliche und kontrollierbare Verpflichtungen bei den Menschenrechten, sowie beim Klima- und Umweltschutz und natürlich bei den Sozialstandards zu vereinbaren.“

Aktion Agrar-Sprecherin Jutta Sundermann kündigte weitere Aktionen und Termine in Brake an.