Die Regulierung des Bodenmarkts ist ein schwieriges Geschäft, die Lobby dagegen ist stark. Investoren kaufen weiterhin Landwirtschaftsbetriebe und Agrarflächen auf, die Bodenpreise steigen unaufhörlich. Um diesen Entwicklungen Einhalt zu gebieten, bräuchte es Agrarstrukturgesetze. Die Regierungen Brandenburgs, Thüringens und Sachsens haben daher auch Gesetzesentwürfe erarbeitet, das Zeitfenster für eine Verabschiedung umfasst aber in den drei Bundesländern nur noch drei Monate. Dann enden die jeweiligen Legislaturperioden. Wie ist also der Stand? Wird es Agrarstrukturgesetze geben?
Bodenmarktregulierung benötigt
Agrarstrukturgesetze werden so dringend benötigt, weil das bestehende Grundstückverkehrsgesetz nur Direktverkäufe von Land reguliert. Investoren kaufen Betriebe, denen Boden gehört, auf und bringen so auch das Land in ihren Besitz, bisher völlig unreguliert und komplett unter dem Radar der Behörden. Die Aufkäufe finden vor allem in Ostdeutschland statt, da hier die Betriebe aus historischen Gründen größer sind, viele Agrarbetriebe in Form von GmbHs oder Genossenschaften betrieben werden und beides zusammen interessant für Investoren ist. Zuständig für den Bodenmarkt sind seit der Förderalismusreform 2006 die Bundesländer. Langfristig wird kein bestehender landwirtschaftlicher Betrieb gegen die kapitalstarken Unternehmen bestehen können, egal ob groß oder klein, ob in Ost- oder Westdeutschland. Denn überall wirtschaften Landwirtschaftsbetriebe überwiegend auf Pachtland. Gegen den Investorenbetrieb werden alle bestehenden Betriebe in der Konkurrenz um Pachtflächen verlieren, denn dieser wird immer einen Hunderter mehr bieten. Die Situation ist also ernst und man könnte meinen, dass das Erlassen von Agrarstrukturgesetzen ein Selbstläufer wäre. Dem ist aber nicht so.
Brandenburg
In Brandenburg stehen mittlerweile alle Signale für ein Agrarstrukturgesetz auf Stillstand. Ein Entwurf des Agrarministeriums aus dem vergangenen Jahr spiegelt trotz Überarbeitung immer noch nicht den politischen Willen der Koalition wieder. Insbesondere die Fraktion der SPD spielt Opposition – obwohl selbst Teil der Regierungskoalition mit Bündnisgrünen und CDU. Die SPD stellt sich gegen den Entwurf von Agrarminister Axel Vogel (B90/Grüne) und agiert dabei Hand in Hand mit dem Landesbauernverband. Beide pflegen im Land seit vielen Jahren ein enges Verhältnis. AbL-Landesgeschäftsführerin Julia Bar-Tal hierzu: „In dem Entwurf sind einige wichtige Elemente, zum Beispiel eine maximale Flächenbegrenzung von 2.600 Hektar. Kommt das Gesetz nicht zustande, geht der Ausverkauf der landwirtschaftlichen Flächen weiter. Das kann nicht im Interesse der brandenburgischen Bäuerinnen und Bauern sein.”
Sachsen
In Sachsen wurde der Regierungsentwurf für ein Agrarstrukturgesetz Ende 2023 an den Landtag übergeben. Die öffentliche Anhörung am 18. Januar hat die bestehenden Konfliktlinien deutlich zutage treten lassen. Während alle Expertinnen und Experten sowie die AbL mit vielen Argumenten belegen, warum eine Regulierung von Investorenkäufen alternativlos ist, wenn wir die bestehenden Betriebe erhalten wollen, blockieren der Sächsische Bauernverband (SLB), Genossenschaftsverband, Familienbetriebe Land & Forst sowie Land schafft Verbindung jede Regulierung. Von einem „Bürokratiemonster“ und großem Misstrauen in die staatlichen Behörden ist hier die Rede. Begründen müssen sie ihr Handeln auch nicht. Insbesondere die CDU möchte ihre Zustimmung zu dem Gesetzesentwurf der eigenen Koalition nicht geben, solange die Mehrheit der Verbände dagegen ist. Doch schon lange geht es nicht mehr um Argumente. Wie stark die Kräfte sein müssen, die das Gesetz verhindern wollen, wird vor allem daran deutlich, dass sich in Sachsen nur ein Mitgliedsbetrieb des Bauernverbands öffentlich zum Agrarstrukturgesetz äußert. Alle anderen schweigen, selbst in Chatgruppen. Die AbL Mitteldeutschland hat deshalb einen Brief an einen Großteil der 6.000 sächsischen Betriebe geschrieben, um klar zu machen, dass es hier um die Existenz aller Betriebe geht. Die Bauernzeitung hat darüber auf einer halben Seite berichtet. Bisher kam keine Reaktion.
Thüringen
Auch nach zehn Jahren links geführtem Agrarministerium gibt es in Thüringen immer noch kein Agrarstrukturgesetz! Dies liegt aber eher an der Führungsschwäche der Ministerinnen und ihrer Staatssekretäre als an der politischen Agenda der Partei. Die Erarbeitung des Entwurfs wurde zunächst verzögert. Der nun immerhin in den Landtag eingebrachte Entwurf sieht bezeichnenderweise keine Möglichkeiten vor, die Übernahme durch Investoren zu regulieren. Doch immerhin wurde durch die Abgeordneten ein Alternativvorschlag erarbeitet, der gemeinsam mit dem Regierungsentwurf am 11. April im Landtag angehört werden soll. Ob bis zum Ende der Legislatur noch ein wirksames Gesetz verabschiedet werden kann, ist mehr als fraglich.
In dem Ringen um die Verhinderung von wirksamen Agrarstrukturgesetzen treten in den Bundesländern unterschiedliche Akteure hervor. Das können die SPD oder die CDU sein, immer aber die Landesbauernverbände (übrigens im Gegensatz zu Stellungnahmen des DBV). Daran wird deutlich, wie stark die Lobby im Hintergrund tätig ist und die finanziellen Interessen von einzelnen Landwirtschaftsbetrieben und Konzernen schützt. Lernen kann man daraus, dass der Bodenmarkt besser schon dann reguliert werden sollte, solange sich Investoren noch nicht so breit gemacht haben in der Landwirtschaft wie in Ostdeutschland. Also an alle westdeutschen Bundesländer: Ihr habt jetzt noch eine Chance auf eine zukunftsweisende Bodenmarktgesetzgebung! Alles was später kommt, wird deutlich anstrengender und konfliktreicher durchzusetzen.