Staatliche Förderung für Tierwohlschweine wird konkreter

Marktbeobachtungen von Hugo Gödde +++ Nun liegen sie auf dem Tisch – die Fach-Berechnungen, die das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) in Auftrag gegeben hat, um die Förderbedingungen und die Förderhöhen für Schweine in den Tierwohlstufen 3 (Außenklima), 4 (Auslauf) und 5 (Bio) zu begründen. Ende Oktober ließ das Ministerium die Ergebnisse des Thünen-Instituts und der KTBL vorstellen. Das Echo fiel entsprechend vielfältig aus. Von „endlich konkret“ bis „völlig falsch gerechnet“ reichten die ersten Kommentare.

Das Ministerium kocht die Erwartungen und Emotionen herunter. Es seien „nur“ Berechnungen, keine endgültige Fördersätze. Außerdem müsse das Bundesprogramm zunächst einmal von der EU notifiziert und vom Haushaltsausschuss des Bundestages genehmigt werden. Aber jeder weiß, wenn die Hürde EU genommen ist („in den nächsten Wochen“), wird an den Förderbedingungen nicht mehr (viel) geändert werden. Und die Förderhöhen können diskutiert werden, aber – so ließ das BMEL erkennen – „wenn wir einzelne Elemente ändern, werden alle Parameter hinterfragt und wir beginnen wieder von vorn und verlieren wichtige Zeit.“

Zum Hintergrund

Seit Monaten warten die Schweinehalter in Deutschland auf die Finanzierung des Umbaus der Schweinehaltung. Das BMEL hat sich nach langen kontroversen Diskussionen mit Verbänden und Bundesländern (und unter Missachtung der Borchert-Kommission-Empfehlungen) festgelegt, ein eigenes Bundesprogramm aufzulegen und die Förderung nicht den Ländern zu überlassen. Sie hat zudem beschlossen, eine Förderung für Investitionen (Um- und Neubauten) und ein Programm für laufende Mehr-Aufwendungen für Tierwohlschweine zu finanzieren. Grundlage ist, dass nur Tiere der höheren Stufen 3 (Außenklima), 4 (Auslauf) und 5 (Bio) begünstigt werden. Schweine der Stufe 2 („Stall plus“) werden über die Initiative Tierwohl des Einzelhandels, d.h. über den Markt abgegolten. Für das gesamte Bundesprogramm stehen in dieser Legislaturperiode 1 Mrd. € im Bundesetat.

Mit großer Ungeduld fragten die Schweineproduzenten, aber auch die Ferkelerzeuger immer wieder nach, wie die Förderbedingungen und wie die Förderhöhen aussehen. Berechnungen aus Beratung, Wissenschaft und von Praktikern gingen durch die Fachzeitungen und wurden heftig diskutiert, kritisiert, verworfen und erneut entworfen.

Richtlinien für Förderung der höheren Tierwohlstufen (3 - 5)...

Tatsächlich sind aber die Berechnungen nicht banal. Die Förderung mit ihren Kriterien entscheidet für nicht wenige Betriebe die Zukunft. Es geht für betroffene Betriebe um viel Geld sowie ihre Planungssicherheit und ihre betriebliche Perspektive.

Für den Bewilligungszeitraum 2024 werden Fördermittel für investive und für laufende Mehrkosten bereitgestellt. Der Katalog der einzelnen Kriterien und Zuwendungsvoraussetzungen ist lang und kann hier nicht in den Einzelheiten beschrieben werden (s. auch Bauernstimme-Nachrichten v. 5.4. und 12.4.2023).

... für investive Maßnahmen...

Festzuhalten bleibt eine finanzielle Unterstützung für Investitionen, die dem Stallbau dienen, wenn sie nicht zur Erweiterung der Tierhaltungskapazitäten führen und deren Viehbesatz 2 GVE/ha nicht übersteigt. Im aktuellen Richtlinienentwurf, der auch zur Notifizierung in Brüssel vorliegt, heißt es über die Höhe der Zuwendung: „Für förderfähige Ausgaben bis zu einem Betrag von 500.000 Euro kann eine Zuwendung in Höhe von 60% gewährt werden.“ Bis 2 Mio. € Ausgaben wird 50% und bis 5 Mio. € Investitionen 30% gewährt – bei maximal 5 Mio. € Investitionsvolumen bis 2027. Abgerechnet wird nach Aufwand.

... und für laufende Mehrkosten

(Noch) komplizierter sind die Anerkennungsvoraussetzungen, Art, Umfang und Höhe der Zuwendungen bei den laufenden Mehrkosten. Interessierte und betroffene Landwirte sollten unbedingt die Richtlinien studieren und gern auch Beratung (Kammer, Ämter, Verbände, auch Neuland) hinzuziehen. Einzuhalten sind eine Vielzahl an Auflagen jeweils für Sauen, Ferkelaufzucht und Mastverfahren, z.B. Platz pro Tier, Klimaschutz, Bodenstrukturierung, aber auch Tierwohlkriterien wie Ringelschwanz, Abferkelung usw.

Nach Vorlage des Ministeriums kann „eine Zuwendung (...) als nicht förderfähige Ausgaben gewährt werden... Der Fördersatz beträgt

  • bis zu 80% der förderfähigen Ausgaben pro Tier für Tierzahlen bis zur Obergrenze der Stufe 1 und
  • bis zu 70% der förderfähigen Ausgaben pro Tier bis zur Obergrenze der Stufe 2 für die Anzahl der Tiere, die über die Obergrenze der Stufe 1 hinausgehen.“

Die Stufeneinteilung hat nichts mit der Tierwohlstufe zu tun, sondern bezieht sich ausschließlich auf Bestandsgrößen. Stufe 1 beinhaltet bis 50 Sauen, bis 1500 Aufzuchtsferkel und 1500 Mastschweine pro Jahr. Stufe 2 gilt für 50 bis 200 Sauen, 1500 bis 6000 Ferkel bzw. ebenso Mastschweine.

Förderhöhen nach Berechnungen für das BMEL

Nach den Berechnungen der Institute für das Landwirtschaftsministerium läuft es auf folgende Höchstsätze hinaus:
1. Außenklima (Stufe 1, Bestände s.o.):
Sauen: 310 €/Sau/Jahr
Ferkelaufzucht: 6,40 € je Ferkel
Mast: 15,20 € je Schwein

2. Außenklima (Stufe 2, Bestände s.o.)
Sauen: 271 €/Sau/Jahr
Ferkelaufzucht: 5,60 €/Ferkel
Mast: 13,30 €/Schweine

3. Auslauf (Stufe 1, s.o.)
Sauen: 397 €/Sau/Jahr
Ferkelaufzucht: 9,60 €/Ferkel
Mast:   21,60 €/Schwein

4. Auslauf (Stufe 2, s.o.)
Sauen: 347 €/Sau/Jahr
Ferkelaufzucht: 8,40/Ferkel
Mast: 18,90 €/Schwein

5. Öko (Stufe 1, s.o.)
Mast: 28 €/Schwein

6. Öko {Stufe 2, s.o.)
Mast: 24,50 €/Schwein.

Die Sauen- und Ferkelförderung muss nach Angaben des Thünen-Instituts zusammengerechnet werden. Sie hängen – wie bei den anderen – von der Ferkelzahl pro Sau ab. Berechnet für z.B. 20 Ferkel pro Sau würden sich daraus für die erste Stufe 28,80 € und für die zweite Stufe 25,20 € ergeben - umgelegt auf das Ferkel.

Daraus ergeben sich bei vollständiger Förderung von der Geburt bis zur Schlachtung - überschlägig – Fördermittel von etwa 28 bis 37 € für die Schweine mit Außenklima. Für die Auslaufschweine bei vollständiger Förderung aller Lebensabschnitte ergeben sich Fördermittel von ca. 38 bis 48 € und bei Ökohaltung von ca. 50 bis 56 €.

Der Marktbeobachter stellt wie andere Marktrechner fest, dass die laufenden Kosten eher recht niedrig angesiedelt sind und auch die Zahlen noch intensive Diskussionen nach sich ziehen werden. Natürlich steckt der Teufel im Detail. Ob andere Vorgehensweisen in den Berechnungen der sich stetig ändernden Kosten überzeugender werden, erscheint nicht zwingend. Sicher werden einzelne Interessenvertreter die Ergebnisse in Zweifel ziehen, die Vertreter des Ökolandbaus haben es schon angekündigt. Andererseits sind die Förderhöhen einschließlich der Bestandsabgrenzungen schon bedeutsam und „ein ordentlicher Schluck aus der Pulle“. Sollten das Fördersystem und die Summen wie berechnet umgesetzt werden, wird es den kleinen Markt für Tierwohlfleisch tiefgreifend verändern. Aber nur mit der Förderung und ohne Mehrerlöse am Markt wird das Geld nicht reichen, um wirtschaftlich zu sein. Landwirte und Verbandsvertreter sollten sich weniger um berechnungsbedingte Ungereimtheiten oder vielleicht sogar Ungerechtigkeiten kümmern (so nachvollziehbar sie im Einzelnen auch sein mögen) als um die schnelle Umsetzung in den nächsten Monaten – wenn nicht die Politik (EU, Bundestag, Regierung) wieder die Reset-Taste drückt und alles von vorn losgeht.