Ökoreglungen – noch viel Luft nach oben

Mit Beginn der neuen Förderperiode der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP) wurde rund eine Mrd. Euro der ersten Säule für das neue Instrument der Ökoregelungen reserviert. Im Zuge der ersten Antragstellung haben die Bäuerinnen und Bauern in Deutschland hiervon allerdings nur rund 60 Prozent beantragt. Die Höhe der nicht beantragten Mittel liegt bei rund 450 Mio. Euro. Die Verausgabung dieses „übrigen“ Geldes für das Antragsjahr 2023 erfolgt nun nach einem in der GAP-Gesetzgebung festgelegten Vorgehen. So werden die Prämien aller Ökoregelungen voraussichtlich um 30 Prozent und die der sogenannten Basisprämie, inklusive der Umverteilungsprämie und der Junglandwirt:innenförderung, um zehn Prozent ansteigen. Kurz: Alle Betriebe bekommen mehr als geplant und die Ökoregelungen werden 2023 besser bezahlt als ursprünglich angenommen.

Prämienerhöhungen 2024

Die massive Unterzeichnung der Ökoregelungen hat zwischen dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sowie den Bundesländern unterdessen zu intensiven Debatten geführt, wie die Ökoregelungen noch in diesem Jahr so angepasst werden können, dass deren Beantragung in der Praxis im Jahr 2024 deutlich erfolgreicher läuft als bisher. Anpassungen sind auch notwendig, da sich Deutschland gegenüber der Europäischen Kommission verpflichtet hat, mindestens 23 Prozent der ersten Säule für die Ökoregelungen zu verausgaben, und dieses Ziel bisher offenkundig deutlich verfehlt.

Weitestgehend einig scheinen sich Bund und Bundesländer bisher darin, die Prämien für einzelne Ökoregelungen im kommenden Jahr anzuheben und damit deren wirtschaftliche Attraktivität zu steigern. So soll die Prämie für den Anbau vielfältiger Kulturen bzw. eine weite Fruchtfolge mit Leguminosenanteil nach aktuellem Stand der Debatte wohl von aktuell 45 Euro pro Hektar auf 60 Euro erhöht werden. Auch eine Anhebung der Prämien für den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel auf 150 Euro und für Agroforststreifen auf bis zu 200 Euro scheint weitestgehend unstrittig. Teil der Debatte sind zudem kleinere inhaltliche Anpassungen. Diese sollen gewährleisten, dass bestimmte Ökoregelungen von einer etwas größeren Anzahl Betriebe umgesetzt werden können.

Kommt jetzt die Weideprämie?

Ein besonders praktikabler Weg, aus dem aktuellen Schlamassel bei den Ökoregelungen herauszukommen und gleichzeitig die seit 2021 bekannte Förderlücke für Milchviehbetriebe mit Weidehaltung zu schließen, wäre die Einführung einer entsprechenden zusätzlichen Ökoregelung ab 2024. Einen Vorstoß in diese Richtung gab es bereits von Verbänden aus Landwirtschaft, Natur- und Tierschutz zur Agrarministerkonferenz (AMK) von Bund und Bundesländern in diesem Frühjahr in Büsum. Gescheitert ist dieser damals, trotz breiter Unterstützung in der Sache, vor allem an Bedenken der Bundesländer, dass eine Weideprämie für Milchkühe in den Ökoregelungen zu Schwierigkeiten mit bestehenden Förderprogrammen einzelner Bundesländer führen könnte. Hintergrund ist, dass es in der zweiten Säule einiger Bundesländer bereits Förderangebote für die Beweidung von Dauergrünland gibt und eine Doppelförderung derselben Maßnahme aus der ersten und zweiten Säule nicht zulässig ist.

Eine Möglichkeit, diesen Bedenken Rechnung zu tragen und die Situation von Grünlandbetrieben in der Förderung trotzdem zu verbessern, wäre die Einführung einer Ökoregelung für Dauergrünland, welches maximal zwei Mal geschnitten wird. Hier würde die Weidehaltung zwar nicht direkt gefördert, aber die Maßnahme wäre für Betriebe mit Weidehaltung vergleichsweise gut umsetzbar und würde diesen damit überproportional zugutekommen. Viel Unterstützung erhielt die Einführung dieser Ökoregelung in den letzten Wochen nicht nur über Partei- und Bundeslandgrenzen hinweg, sondern auch von einer Vielzahl unterschiedlichster Verbände wie z. B. der AbL, dem Deutschen Bauernverband (DBV) und dem WWF.

Entsprechend unverständlich ist es, dass die Agraramtschefs bei Beratungen Ende Juli offenbar entschieden haben, die Einführung einer Ökoregelung für Dauergrünland mit maximal zwei Schnitten frühestens für das Antragsjahr 2025 oder 2026 umsetzen zu wollen. Auf der Bremse stehen bislang offenbar vor allem die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg. Der Milchviehhalter und Landesvorsitzende der AbL Niedersachsen sowie Mitglied der AbL-Fachgruppe GAP, Ottmar Ilchmann, forderte vor diesem Hintergrund Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir auf, die Umsetzung dieses Vorschlages zu Chefsache machen. Die Einführung eines zusätzlichen Angebotes für Grünlandbetriebe in den Ökoregelungen dürfe, so Ilchmann, nicht weiter aufgeschoben werden. Fakt ist: Änderungen des deutschen GAP-Strategieplanes müssen bis Ende September von der Europäischen Kommission genehmigt werden. Entsprechend groß ist aktuell der Druck, dass die notwendigen politischen Entscheidungen in den kommenden Wochen getroffen werden.