GAP ökologischer und gerechter machen!

Wir kennen sie alle, die vielen Diskussionen um die Probleme in der Landwirtschaft und die Mahnungen, aber auch Vorschläge an die Politik, endlich Veränderungen einzuleiten. Seit Jahren arbeiten wir zusammen mit der Verbändeplattform daran. Aber der Glaube an Technik, ständigen Fortschritt und unendliches Wachstum und die Macht der Großkonzerne haben dringend notwendige politische Schritte ständig ausgebremst. Doch inzwischen bestimmen Krisen wie Klimawandel, Kriege, Flüchtlingsströme und immer noch die Corona-Pandemie nicht nur unsere Nachrichten, sie verändern auch unser Leben. Sie zeigen uns deutlich die Schwachstellen in unserem weltweiten Wirtschaftssystem, im internationalen Machtgefüge. Und in den Reden von Landwirtschaftspolitiker:innen wird inzwischen auf allen Ebenen betont, wie wichtig eine gesicherte Lebensmittelversorgung ist, wie elementar Klima-, Umwelt- und Tierschutz in der Landwirtschaft sind. Nicht nur der Koalitionsvertrag der Bundesregierung gibt klar vor: Das BMEL muss ein Konzept vorlegen, wie die Direktzahlungen durch Honorierung von Klima- und Umweltleistungen ersetzt werden können. Auch die ZKL (Zukunftskommission Landwirtschaft), in der die ganze Breite der Ernährungswirtschaft zusammengearbeitet hat, setzt auf Veränderung in dieser Richtung.

Minister Özdemir sagt selber: „Wachsen oder Weichen“ muss vorbei sein, Abhängigkeiten müssen reduziert und ein resilientes Agrarsystem muss aufgebaut werden. Recht hat er! Doch wo bleiben die Taten, die auf diese hehren Worte folgen! Die GAP muss komplett auf die Bewältigung dieser Herausforderungen ausgerichtet werden.

Wenn sie aber nur auf die Honorierung öffentlicher Leistungen setzt und die Einkommensgrundstützung vernachlässigt, bleibt sie auf dem sozialen und agrarstrukturellen Auge blind. Das Ziel der Bundesregierung, eine gesunde Agrarstruktur zu erhalten, wird Makulatur. Es ist aber gerade die Vielzahl unterschiedlicher Höfe, die für den notwendigen Transformationsprozess dringend gebraucht wird. Vielfältige Höfe ermöglichen regional angepasste Lösungen. Rein technische Lösungen allein werden es nicht richten und mit wachsenden Strukturen wachsen auch die Abhängigkeiten.

Das AbL-Punktesystem hat ökologische, soziale und agrarstrukturelle Fragen in einem Prämienmodell miteinander verbunden. Es fehlt also nicht an Ideen und Möglichkeiten zur Umgestaltung der Agrarpolitik. Und wer ernsthaft möchte, dass auch die Landwirtschaft ihren Beitrag zum Klimaschutz leistet, muss die GAP der Zukunft nicht nur ökologischer, sondern auch sozial gerechter gestalten!

In diesem Jahr sammeln wir die ersten Erfahrungen mit den neuen Ökoregeln. Wir haben aber nicht die Zeit, lange abzuwarten und zu schauen, wie es sich entwickelt. Wir können hier nicht stehen bleiben. Es muss jetzt nachgesteuert, jetzt müssen Förderungen eingeführt werden, wenn Betriebe Tierwohl, Klimaschutz betreiben und Biodiversität fördern. Um nur ein Beispiel zu nennen: Grünlandbetriebe, die ihre Kühe auf die Weide lassen, werden immer noch nicht ausreichend gefördert. Auch werden die Möglichkeiten der Umverteilungsprämie auf die ersten Hektare zu wenig genutzt, Degression und Kappung erst gar nicht angefasst.

Mit jedem neuen europäischen Finanzhaushalt, also alle sieben Jahre, bekommen wir eine neue Agrarreform. Doch nicht nur Reformen haben einen regelmäßigen Turnus, sondern auch Wahlen. In der Landwirtschaft die soziale Frage zu vernachlässigen, lässt rechte Parteien erstarken und ist auf dem Land auch entscheidend für den Ausgang von Wahlen. Die Bundesregierung mit Minister Özdemir täte gut daran, den nationalen GAP-Strategieplan jetzt schon auf Zukunftsfähigkeit zu programmieren. Nicht abwarten und evaluieren, sondern handeln!