AbL: „Ein Armutszeugnis für die Agrarministerkonferenz“

Unter dem Vorsitz von Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) tagten am 21. November die Agrarministerinnen und -minister sowie Agrarsenatorinnen und -senator der Länder und des Bundes in einer digitalen Sonder-Agrarministerkonferenz (AMK) zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und konnten sich auf keinen konkreten Beschluss zur Weiterentwicklung der GAP verständigen. Ein „Armutszeugnis“ nennt das die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Die Vorstellungen der Länder insbesondere zu den Öko-Regelungen, die auch die Ablehnung neuer Öko-Regelungen beinhalten, werden in den Statements einzelner Länder sowie von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir nach der Sonder-AMK deutlich.

Der Milchviehhalter Ottmar Ilchmann, Vorsitzender der AbL Niedersachen und Mitglied der AbL-Fachgruppe GAP, kommentiert das Ergebnis der Sonder-AMK zur GAP wie folgt: „Seit Jahren beteuern die Ministerinnen und Minister auf der Agrarministerkonferenz die Notwendigkeit der Stärkung von Betrieben mit viel Dauergrünland und Weidehaltung in den Öko-Regelungen. Dass hierzu heute erneut kein konkreter Beschluss gefallen ist, ist nicht nur ein Armutszeugnis für die AMK sondern lässt mich auch an der Ernsthaftigkeit dieser Runde zweifeln. Die Ministerinnen und Minister würden gut daran tun, ihre Politik zukünftig weniger stark von der Trägheit der Agrarverwaltung und den Interessen von Besitzstandswahrern abhängig zu machen. Dass dies möglich ist, zeigen die pragmatischen Positionen von Bundesländern wie Schleswig-Holstein und Niedersachen. In der Sache kommt es nun darauf an, dass Minister Özdemir an seinen Plänen für eine Weiterentwicklung der GAP festhält und einen mutigen Gesetzentwurf im Sinne der Zukunftskommission Landwirtschaft sowie bestehender Beschlüsse der AMK vorlegt.“ Schleswig-Holstein hatte sich beispielsweise bereits im Frühjahr für eine neue Grünlandförderung über die GAP eingesetzt.

Minister Werner Schwarz erklärt nach der AMK: "Mit Blick auf den GAP-Strategieplan 2025 zeichnet sich ab, dass Anpassungen des Gesetzes zu den GAP-Direktzahlungen schon im kommenden Jahr erforderlich werden. Die Mittel der Öko-Regelungen wurden in 2023 nicht ausgeschöpft. Hier gilt es nachzusteuern. In der heutigen Sonder-AMK standen dabei zahlreiche Detail-Fragen einer möglichen Weiterentwicklung im Vordergrund. Die eingebrachten Beschlussanträge der Länder deuteten bereits an, dass hierzu unterschiedliche Vorstellungen bestehen. Im Rahmen des intensiven Austausches wurde deutlich, dass eine einvernehmliche Position der Länder in die Gesetzesänderung einfließen soll, ehe der Bund Nägel mit Köpfen macht. Daran werden die Länder mit dem Bund jetzt weiterarbeiten."

Der grüne Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir betont in seinem Statement einmal mehr die Notwendigkeit von Angeboten für Milchviehhalter und Grünlandbetriebe: "Wir haben heute mit den Agrarministerinnen und -ministern intensiv über die notwendige Anpassung des GAP-Strategieplans 2025 diskutiert. Dieser frühe Austausch mit den Ländern war richtig und mir sehr wichtig. Das hat gute Tradition, wenn es um die nationale Ausgestaltung der GAP geht. Mein Ministerium hatte bereits Anfang Oktober eine umfassende Diskussionsgrundlage vorgelegt, wie die Kompensationsverpflichtungen aufgrund des verbesserungswürdigen Abflusses des Ökoregelungen-Budgets in 2023 erfüllt werden kann. Zudem hat das Papier explizit Beschlüsse der AMK, Empfehlungen der ZKL sowie Wünsche aus dem Berufsstand aufgegriffen. Auf dieser Basis können wir unsere Landwirtschaft und die ländlichen Räume auf dem bereits eingeschlagenen Weg zu mehr Nachhaltigkeit und Krisenfestigkeit unterstützen. Deshalb brauchen wir Angebote, die gezielt Milchviehalter und Grünlandbetriebe ansprechen. Dafür ist jetzt der richtige Zeitpunkt,“ so der Minister. Dem es wichtig ist, „dass wir das Nutzen und Schützen unserer natürlichen Lebensgrundlagen zusammenbringen. Und natürlich braucht unsere Landwirtschaft frühzeitig Planungssicherheit und Regelungen, die praxisnah gestaltet sind. Es besteht aber auch unmittelbarer Handlungsbedarf aufgrund EU-rechtlicher Kompensationsverpflichtungen. Denen können wir dauerhaft und gesichert nur nachkommen, wenn wir das Budget für die Öko-Regelungen in Deutschland ab 2025 substanziell steigern.“

Peter Hauk (CDU), Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz des Landes Baden-Württemberg, betont: "Aktuell geht es um Verlässlichkeit und Kontinuität und darum auf präziserer Datengrundlagen nur die zwingend notwendigen Anpassungen vorzunehmen. Zudem ist es wichtig, dass der einkommenswirksame Anteil der Direktzahlungen verlässlicher Bestandteil des landwirtschaftlichen Einkommens bleibt. Daher brauchen wir zunächst keine neuen, sondern eine Optimierung der Ökoregelungen. Wir müssen jetzt die Lernphase für notwendige Anpassungen nutzen, um die Regelungen praxisnah und unbürokratisch zu gestalten. Hierzu soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt werden, um den geplanten Gesetzentwurf mit den länderspezifischen Aspekten zu begleiten, mit dem Ziel einen einvernehmlichen Gesetzentwurf mit den Ländern abzustimmen."

Priska Hinz, ausscheidende grüne Staatsministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Hessen, sagt: "Wir sind uns heute einig geworden, dass wir als Agrarministerinnen und –minister die Umweltziele erreichen müssen und gleichzeitig die Einkommen der Landwirtinnen und Landwirte dafür sichern. Dafür braucht es den weiteren intensiven Austausch zwischen Ländern und Bund. Der neue geänderte Strategieplan und das dafür notwendige Gesetz müssen diesen Zielen gleichermaßen Rechnung tragen."

Und Dr. Till Backhaus (SPD), Minister für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern, bekräftigt: "Wir stehen in der Pflicht, 25 Prozent der GAP-Mittel für die Ökologisierung der Landwirtschaft einzusetzen. Dafür wurden die sogenannten Ökoregelungen aufgesetzt, die in Deutschland regional bislang jedoch sehr unterschiedlich angenommen werden. Für Mecklenburg-Vorpommern kann ich sagen, dass wir mit rund 600.000 ha in Öko-Regelungen gebundener Fläche bereits auf einem guten Weg sind. Vom Grundsatz her brauchen wir daher keine neuen Öko-Regelungen. Das würde nur wieder zusätzliche Anforderungen für Landwirte und Verwaltung bedeuten und die Akzeptanz der Öko-Regelungen schwächen. Zumal es keine Garantie dafür gibt, dass neue Öko-Regelungen besser angenommen werden. Stattdessen müssen wir an der Passgenauigkeit der Öko-Regelungen arbeiten, sie deutlich vereinfachen und auch finanziell attraktiver gestalten. Denn die Landwirte müssen nach dem Grundsatz „öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ angemessen honoriert werden, wenn sie gesunde Lebensmittel produzieren und gleichzeitig Leistungen für Umwelt, Klima, Artenvielfalt und sauberes Wasser erbringen. Ich setze darauf, dass Bund und Länder hierzu schnellstmöglich Einvernehmen erzielen, damit wir im GAP-Direktzahlungsgesetz die notwendigen Änderungen vornehmen können und die Landwirte Planungssicherheit haben."