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Ukrainisches Getreide vor allem für Spaniens Schweine ++ Import, Export und der Einfluss auf den Schweinepreis

 

Ukrainisches Getreide vor allem für Spaniens Schweine

Den Getreidemarkt der letzten Woche bestimmte in besonderer Weise Russlands wechselnder Kurs zum Getreideabkommen mit der Ukraine. Zunächst hieß es, man steige aus der Vereinbarung aus. Vier Tage später dann die Kehrtwende. Nun unterstützt Russland wieder den humanitären Korridor für den Export von Getreide aus der Ukraine über das Schwarze Meer. Aber die Verhandlungen über die Verlängerung des Abkommens über den 19. November hinaus sind nicht abgeschlossen.

Der Getreidemarkt an den Börsen in Chicago und Paris reagierte naturgemäß nervös. Zunächst stieg der Weizenpreis um über 6%, um nach dem Wiedereinstieg um 4% zu fallen. Aber noch bleibt der Spekulationsanteil weiterhin hoch. Die Unsicherheit schlägt bis zum Getreidepreis in Deutschland durch. Viele Bauern fragen sich, ob und wann sie ihr gelagertes Getreide verkaufen sollen. Täglich berichten die Agrarzeitungen über das Auf und Ab der Börsenmeldungen.

Einer der (vorgeschobenen?) Gründe Putins für den Ausstieg war, dass das Getreide nicht vertragsgemäß an die ärmeren Länder Afrikas und Asiens geliefert werde, sondern vor allem in den Westen.

Die armen Länder bekommen 3,2%, die reichen 50%

Das Beobachtungszentrums (JCC) in Istanbul, das zur Überwachung des Getreideabkommens eingerichtet worden ist, hat nun aktuelle Zahlen veröffentlicht. Demnach wurden vom 1. August bis zum 2. November auf dem Seeweg insgesamt fast 10 Mio. t Agrarprodukte aus den ukrainischen Schwarzmeerhäfen verschifft. Davon entfielen auf Mais ungefähr 43%, auf Weizen 28%, auf Rapssaat 7%, auf Sonnenblumenöl und -schrot jeweils 6%. Wichtigster Abnehmer war Spanien mit knapp 20%, gefolgt von der Türkei mit 13% und China mit 10%. Auf den Plätzen vier bis sieben rangierten Italien mit 869 Mio. t Agrargütern, die Niederlande mit 467 Mio. t, Ägypten mit 429 Mio. t und Deutschland mit 272 Mio t. Der mengenmäßige Anteil der Seewegbezüge von Volkswirtschaften mit einem niedrigen Einkommensniveau belief sich auf 3,2% und der von Volkswirtschaften mit hohem Einkommensniveau auf 50%.

Der Marktbeobachter hält ganz neutral fest, dass mal wieder die reichen Länder profitieren, vor allem Spanien mit seiner auf Export ausgerichteten wachsenden Schweineproduktion, für die schon lange in erheblichem Umfang Mais aus der Ukraine verfüttert wird. Die von der UNO benannten „hungernden Menschen Schwarzafrikas“ spielen kaum eine Rolle. Ob das bei dem Fortgang der Verhandlungen berücksichtigt wird?

 

Import, Export und der Einfluss auf den Schweinepreis

Der Schweine- und vor allem der Ferkelpreis dümpelt seit Monaten unterhalb der Kostengrenze vor sich hin. Die Verluste der Schweinehalter türmen sich auf und wer keinen Ausgleich durch gute Getreidepreise oder durch eine Biogasanlage hat, kommt nicht aus den roten Zahlen. Entsprechend heftig umkämpft ist der für den Markt entscheidende Notierungspreis, der von der VEZG (Vereinigung der Erzeugergemeinschaften) auf Grund der Markteinschätzung festgelegt wird und der dann von den Abnehmern übernommen wird oder mit Hauspreisen unterlaufen wird. In den letzten Wochen verteidigt die VEZG die Erzeugerpreise mit großer Kraftanstrengung gegen den Preisdruck von Handel und Industrie. Dadurch ist der Schweinepreis in Deutschland im Verhältnis zu den wichtigsten europäischen Konkurrenten (Dänemark, Niederlande, auch Spanien, wenn man den realen Preis und nicht den veröffentlichten zugrunde legt) relativ hoch. Die VEZG begründet das mit dem ausgewogenen Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Die Schweineschlachtungen sind seit Jahresanfang um 10% reduziert, aber auch der Export und der inländische Konsum sind zurückgegangen. Die Industrie, vor allem in den veredelungsstarken Regionen im Nordwesten, hält die Schlachtzahl immer noch für zu hoch für den aktuellen Absatz, und auch der LEH und die Discounter reden den Preis herunter mit dem Argument der Überschüsse. Die AMI als Marktberichter spricht aktuell von leichten Überhängen und erwartet „Preiszugeständnisse“ in den nächsten Wochen. Viele Schweinehalter fragen sich, woher die Überschüsse kommen, wenn doch so viele Betriebe die Produktion einstellen oder zurückfahren.

27,5% des Schweinefleisches wird importiert

Im letzten Jahr hatten sich nach Gesprächen im Agrardialog Handel und Landwirte darauf verständigt, dass nur deutsches Fleisch mit 5xD (geboren, aufgezogen, gemästet, geschlachtet und verarbeitet in Deutschland) im Rahmen der Initiative Tierwohl (ITW) vermarktet wird. Da inzwischen nach Aussage der ITW fast 50% der Mastschweine in diesem Programm gehalten werden, müssten eigentlich die Bedingungen für die heimischen Produzenten trotz höherer Preise nicht schlecht sein. Tatsächlich berichten aber Marktteilnehmer regelmäßig, dass sich einzelne Handelskonzerne nicht an die Absprachen halten. Während sich nach Aussagen von Brancheninsidern die großen Discounter im Fleischbereich weitgehend auf dem heimischen Markt bedienen, sind andere (z.T. auch Supermarktketten) stark auf günstigen Auslandsmärkten unterwegs. Vor allem die Wurstfabrikanten kaufen in großen Mengen billiger in Dänemark, Spanien und Holland ein. Einige auch führende Wurstmarkenhersteller würden, so heißt es, kaum heimische Ware handeln. Begründet wird diese Vorgehensweise mit dem harten Kampf im europäischen Wettbewerb.

Laut dem Schweinemarktexperten Albert Hortmann-Scholten von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen werden in diesem Jahr etwa 27,5% des Schweinefleisches importiert, besonders Teilstücke für die Verarbeitung. Damit unterlaufen Industrie und Handel die (schon niedrigen!) deutschen ITW- oder 5xD-Standards. Zudem werden jährlich etwa 10 Mio. Ferkel vor allem aus Dänemark und den Niederlanden eingeführt, etwa 20% der Gesamterzeugung. Andererseits exportiert Deutschland etwa doppelt so viel Schweinefleisch wie es importiert, davon 80% in die EU.

Der Marktbeobachter hält deshalb eine Herkunftskennzeichnung (möglichst eine eindeutige) für dringend erforderlich, auch damit eine verbindliche Haltungskennzeichnung in Deutschland nicht umgangen und konterkariert wird. Dann kann die heimische Verbraucherschaft sich klar entscheiden, welche Fleisch- und Wurstwaren sie bevorzugt. Wer aber eine Kennzeichnung des Herkunftslandes nur als Mauer gegen (vor allem innereuropäische) Importe versteht, wird auch über den deutschen Fleischexport in andere EU-Länder nachdenken müssen.