Deutsche Umwelthilfe und foodwatch erzielen ersten Erfolg gegen hochgiftiges Pestizid: Chemiekonzern Syngenta verzichtet auf Neuzulassung

„Einen ersten Erfolg gegen die Zulassung hochgiftiger Pestizide“ vermelden die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und foodwatch. Nachdem die DUH im Frühjahr ein Rechtsverfahren zur Aberkennung der Zulassung eines vergleichbaren Pestizid-Produkts, des Herbizids Gardo Gold, eingeleitet hatte, zieht der Agrarchemiekonzern Syngenta AG nun eine selbst angestrengte Klage für das Pestizid Lumax, ein Herbizid zum Einsatz im Mais, zurück. Im Zentrum der Aktivitäten von DUH und foodwatch stehen die Wirkstoffe S-Metolachlor und Terbuthylazin, die beide in den genannten Pestiziden enthalten sind und auf deren „Problematik beim Einsatz“ beispielsweise auch die Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen hinweist. Und zum Wirkstoff Terbuthylazin heißt es bei der LWK: „Der Wirkstoff Terbuthylazin zählt seit vielen Jahren zum Grundbaustein des chemischen Pflanzenschutzes im Mais.“ Und er „wurde auf den Maisflächen unseres Dienstgebietes in den vergangenen Jahren nahezu flächendeckend gegen breitblättrige Unkräuter eingesetzt.“ Weitere „Erfolge“ von DUH und foodwatch könnten also weitreichende Folgen für den Einsatz von Pestiziden haben.

Mit der jetzt zurückgezogenen Klage wollte Syngenta gegen die abgelehnte Neuzulassung des Pestizids Lumax vorgehen. Die DUH hatte bereits eine Beiladung zu dem Verfahren beantragt, um ihre Rechtsauffassung in diesem Prozess geltend machen zu können. Dazu erklärt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die Syngenta AG hat offensichtlich erkannt, dass es das Gericht nicht von der Unbedenklichkeit seines Produkts überzeugen kann. Mit der Klagerücknahme kommt Syngenta einer ansonsten erwartbaren Klageabweisung durch das Gericht zuvor. Damit wird das Pestizid Lumax nicht auf den deutschen Markt kommen. Wir gehen davon aus, dass auch die von uns initiierten Rechtsverfahren gegen Pestizide mit dem hochgiftigen Wirkstoff S-Metolachlor und die dort vorgebrachten Argumente das Unternehmen zu diesem Schritt bewogen haben. Wir fordern nun den Agrarchemiekonzern dazu auf, sämtliche Mittel mit dem hochgiftigen Wirkstoff S-Metolachlor freiwillig vom Markt zu nehmen. Pestizide, die eine Bedrohung für unser Grundwasser, unsere Gesundheit und den Erhalt der Artenvielfalt darstellen, haben keine Zukunft! Mit unseren Rechtsverfahren werden wir notfalls vor Gericht dafür sorgen, dass hochgiftige Pestizide von unseren Äckern verschwinden.“

Neben Lumax stellt die Syngenta AG unter anderem das Pestizid Gardo Gold her, gegen dessen Zulassung die DUH bereits im Mai mit Unterstützung von foodwatch Klage eingereicht hat. Beide Mittel beinhalten den hochproblematischen Wirkstoff S-Metolachlor. Laut aktuellen Studien ist dieses Gift mit einem hohen Risiko für wurmfressende Säugetiere verbunden. Zudem ist bei einer Anwendung S-Metolachlor-haltiger Pflanzenschutzmittel auch eine Kontamination des Grundwassers zu befürchten – teilweise durch gesundheitsrelevante Stoffe, bei denen laut DUH ein krebserregendes Potenzial nicht ausgeschlossen werden konnte. Frankreich hat aufgrund der Risiken für das Grundwasser bereits sämtliche Zulassungen S-Metolachlor-haltiger Pflanzenschutzmittel aufgehoben.

Die LWK Niedersachsen schreibt zu S-Metolachlor: „S-Metolachlor-Produkte sollten nicht auf grundwassersensiblen Standorten eingesetzt werden. Dies ist keine Auflage, sondern ein Appell. S-Metolachlor ist in den Produkten Gardo Gold und Dual Gold enthalten. Diese wiederum sind Bestandteil zahlreicher Packs: z.B. Zintan Gold, Zintan Platin, Elumis Gold, Dual Gold, Callisto-P-Dual, ACDC und ACDC forte.

Hintergrund: Abbauprodukte von S-Metolachlor, sogenannte nicht relevante Metabolite, werden mitunter im Grundwasser gefunden. Man spricht von nicht relevanten Metaboliten, wenn die Abbauprodukte als toxikologisch unbedenklich eingestuft sind. Bei Überschreitung von festgesetzten Leitwerten werden die Stoffe jedoch zu problematischen Kontaminanten. In bestimmten Wasserschutzgebieten mit erhöhten Einträgen hat die Überschreitung des Leitwertes (10 μg/l) bereits zu einem Verbot der Anwendung geführt.“

Annemarie Botzki, Pestizid Expertin bei foodwatch, erklärt: „Der Rückzug der Klage von Syngenta ist ein erster Schritt, um S-Metholachlor endgültig vom Markt zu verbannen. S-Metholachlor ist ein Risiko für die Umwelt und die menschliche Gesundheit, weil es insbesondere das Grundwasser stark belastet und eine Gefahr für unser Trinkwasser darstellt. Wir müssen endlich umweltfreundlichere Methoden der Unkrautbekämpfung fördern, damit unsere Landwirtschaft nicht länger von gefährlichen Ackergiften wie S-Metholachlor abhängig ist.“

Die Verfahren von DUH und foodwatch richten sich an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zuständige Behörde. Im Fokus stehen verschiedene Pestizid-Produkte, bei denen nach Ansicht der zwei Organisationen „massive schädliche Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit zu befürchten sind“. Bezüglich des Herbizids Gardo Gold vom Hersteller Syngenta AG mit den Wirkstoffen S-Metolachlor und Terbuthylazin hat die DUH bereits Klage beim Verwaltungsgericht Braunschweig eingereicht. Daneben hat die DUH weitere Rechtsverfahren bezüglich des Herbizids Roundup Powerflex von der Monsanto Agrar Deutschland GmbH mit dem Wirkstoff Glyphosat und der Herbizide Tactic (Adama) und Elipris (Corteva GmBH München) mit den Wirkstoffen Diflufenican und Flufenacet initiiert. Für den Fall, dass das BVL den Anträgen der DUH auf Aufhebung beziehungsweise Verweigerung der Zulassungen nicht folgt, hat die DUH Klage angekündigt. In Bezug auf ein weiteres Produkt, das Insektizid Sherpa Duo von den Herstellern SBM Developpement SAS und SBM Life Science GmbH, unter anderem mit dem Wirkstoff Cypermethrin, hat die DUH die Beiladung zu einem anhängigen Gerichtsverfahren beantragt.

21.06.2023
Von: FebL/PM

Werbung von Syngenta für das Pestizid Lumax.