Deutsche Umwelthilfe und foodwatch leiten erstmals Rechtsverfahren gegen die Zulassung von fünf Pestiziden ein

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und foodwatch gehen erstmals juristisch gegen die Zulassungen von Pestizid-Produkten vor. Dazu hat die DUH Widersprüche beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gegen die Zulassungen mehrerer Pflanzenschutzmittel, unter anderem mit Glyphosat, eingereicht. Die DUH kündigt an zu klagen, sollte den Widersprüchen nicht abgeholfen werden. Ziel der zunächst fünf Musterverfahren ist es, den Verkauf von ausgewählten Produkten mit besonders giftigen und umweltschädlichen Wirkstoffen zu stoppen. Bislang hindert die Bundesregierung deutsche Umweltverbände daran, die Zulassung von Pestiziden zum Schutz der Chemiekonzerne gerichtlich zu überprüfen. Bereits im November vergangenen Jahres hatte die DUH durch den Europäischen Gerichtshof klären lassen, dass Umweltverbände in Deutschland basierend auf der Aarhus-Konvention gegen alle Typ- und Produktzulassungen mit schädlichen Umweltauswirkungen vorgehen dürfen. Das im aktuellen Umweltrechtsbehelfsgesetz enthaltene Verbot solcher Klagen sei schlicht EU-rechtswidrig und ab sofort nichtig.

Rechtsanwältin Caroline Douhaire, die die DUH in den Verfahren vertritt: „Es ist skandalös, dass die Bundesregierung mit dem Umweltrechtsbehelfsgesetz jahrelang unrechtmäßig verhindert hat, dass Umweltverbände die Zulassung von so umwelt- und gesundheitsschädlichen Produkten nicht gerichtlich überprüfen lassen konnten. Das ist mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nun Geschichte. Deshalb können wir endlich gegen die rechtlich höchst fragwürdigen Zulassungen von hochgiftigen Mitteln vorgehen.“

Konkret gehen die Organisationen gegen die Herbizide Gardo Gold der Syngenta AG mit den Wirkstoffen S-Metolachlor und Terbuthylazin, Roundup Powerflex der Monsanto Deutschland GmbH mit dem Wirkstoff Glyphosat, Tactic des Chemieunternehmens Adama und Elipris der Corteva GmbH München mit den Wirkstoffen Diflufenican, Flufenacet und Pendimethalin sowie gegen das Insektizid Sherpa Duo von den Herstellern SBM Developpement SAS, SBM Life Science GmbH mit den Wirkstoffen Cypermethrin und Piperonylbutoxid vor. Alle Produkte enthalten nach Ansicht der Organisationen hoch toxische Wirkstoffe, die Gewässer vergiften, wichtige Nahrungspflanzen und dadurch Tiere töten und über Wasser und Nahrung auch in den menschlichen Körper gelangen. Teilweise lassen sich diese Stoffe nicht wieder aus der Umwelt entfernen. Die hiermit einhergehenden Gefahren für Umwelt und Gesundheit sind aus Sicht von DUH und foodwatch völlig inakzeptabel.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, erklärt dazu: „Vor 41 Jahren ist es mir noch gelungen, Politikerinnen und Politiker von der Notwendigkeit des Verbots ultragiftiger Pestizide wie damals Endrin zu überzeugen. Vor fünf Jahren hat Landwirtschaftsminister Schmidt mit seiner einsamen Exekution von Bayer-Konzerninteressen entgegen der Entscheidung der Bundesregierung aufgezeigt, wer heute in Deutschland über die Bewertung und Zulassung giftiger Pestizide entscheidet. Bereits zum Jahresanfang hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit mitgeteilt, dass S-Metolachlorhaltige Herbizide wie Gardo Gold aufgrund der zu hohen Grundwasserbelastung keine erneute Wirkstoffgenehmigung erhalten. Während Frankreich direkt reagiert hat und die Produkte vom Markt nehmen will, bleibt das zuständige deutsche Amt untätig. Wir werden sofort eine gerichtliche Entscheidung beantragen, sollte das Bundesamt diese und weitere der von uns kritisierten Produktzulassungen nicht aufheben. Und diese Verfahren werden nur die ersten sein.“

Und Annemarie Botzki von foodwatch ergänzt: „Die Wirkstoffe in Pestiziden haben fatale Folgen für Verbraucher*innen, Tiere und Natur. Sie vernichten die Artenvielfalt und bleiben teilweise als nicht mehr zu entfernende Chemikalien für immer in unserem Wasser und unseren Körpern. Diese Giftstoffe dürfen nicht länger eingesetzt werden.“

Zum Hintergrund teilen die Organisationen mit: In Pflanzenschutzmitteln enthaltene Wirkstoffe wie beispielsweise Glyphosat werden auf europäischer Ebene in einem politischen Prozess genehmigt. Gegen diesen Genehmigungsprozess können Umwelt- und Verbraucherschutzverbände juristisch vorgehen. Pestizid-Produkte, die diese Wirkstoffe enthalten und verkauft werden, müssen jedoch von den einzelnen EU-Mitgliedstaaten, in Deutschland vom beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, zugelassen werden. Gegen diese Produkte richten sich nun die Verfahren.

04.04.2023
Von: FebL/PM

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und foodwatch gehen erstmals juristisch gegen die Zulassungen von Pestizid-Produkten vor. Foto: FebL