Bäuer:innen fordern Agrarminister:innen auf, das Recht auf gentechnikfreie Erzeugung, strikte Koexistenz- und Haftungsregelungen zu sichern

Zur Agrarministerkonferenz in Baden-Baden führten Bäuer:innen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und Mitglieder des Aktionsbündnisses gentechnikfreie Landwirtschaft in Baden-Württemberg eine Aktion vor Ort durch. Sie forderten die Agrarminister der Bundesländer auf, das Recht auf gentechnikfreie Erzeugung sicherzustellen durch strikte Koexistenz- und Haftungsregelungen und übergaben den anwesenden Agrarminister:innen ihr Forderungspapier.

Barbara Endraß, Bäuerin und Landesvorsitzende der AbL-Baden-Württemberg und Sprecherin im Aktionsbündnis kommentiert: „Die geplante Deregulierung neuer Gentechnik-Pflanzen würde unsere gentechnikfreien ökologischen und konventionellen Märkte zerstören und damit unsere großen Wettbewerbsvorteile und womöglich unsere Existenzen. Gentechnikfreiheit ist ein wichtiges Verkaufs- und Vertrauensargument, da die Bürger:innen keine Gentechnik auf ihrem Teller wollen. Über 90 Prozent der Verbraucher:innen wollen Kennzeichnungspflicht – um die Wahlfreiheit zu behalten. Und sie wollen Risikoprüfung auch neuer Gentechnik-Pflanzen. Diesem Wunsch sollten die Agrarminister:innen dringend nachkommen und von der neuen Bundesregierung strikte Koexistenz- und Haftungsregelungen einfordern, um so das Recht auf gentechnikfreie Erzeugung zu sichern.“

Sophie Kraul, Demeter-Bäuerin aus Wildberg und Mitglied im Aktionsbündnisses ergänzt: „Die Versprechen der Gentechnik-Branche sind groß – aber bisher uneingelöst, deshalb sollten sich die Agrarminister:innen nicht darauf einlassen. Erfahrungen unserer US-Kolleg:innen zeigen, dass die Preise für Gentechnik-Saatgut um ein Vielfaches gestiegen sind im Vergleich zu herkömmlichem Saatgut. Im Kielwasser der geplanten Deregulierung und der abzusehenden Patentierungswelle würden weiter steigende Betriebsmittelkosten auch auf uns Bäuer:innen zukommen, die uns jetzt schon große Probleme bereiten. Die bisherige Gentechnikregulierung bietet Rechtssicherheit für alle Akteure, sowohl den Gentechnik-Nutzern, als auch denjenigen, die weiter gentechnikfrei wirtschaften wollen. Solche fairen Rahmenbedingungen braucht es auch bei den neuen Gentechniken. Wenn solche Grundprinzipien nicht erfüllt werden, darf dem Gesetzesvorschlag am Ende nicht zugestimmt werden.“

In einem Brief an die Agrarminister:innen der Bundesländer im Vorfeld der AMK fordert die AbL von den Minister:innen:

- Setzen Sie sich für das Recht ein, auch in Zukunft gentechnikfrei erzeugen zu können (ökologisch und konventionell), auch damit wir alle tatsächlich eine Wahlfreiheit haben und dieses hohe Gut des Verbraucherschutzes aber auch der unternehmerischen Freiheit gewährleistet wird.

- Sichern Sie das Vorsorgeprinzip. NGTs bergen Risiken, die untersucht werden müssen, bevor diese in die Umwelt und unsere Lebensmittel gelangen.

- Sichern Sie das Verursacherprinzip. Diejenigen, die NGT-Produkte auf den Markt bringen wollen, müssen auch für eventuelle Schäden (für Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt sowie wirtschaftlichen Schäden durch Verunreinigungen des Saatguts oder der Ernten) haften.

- Sichern Sie unsere Schutzmöglichkeit vor Verunreinigungen. Es bedarf wirksamer und europaweiten Koexistenzmaßnahmen, die Verunreinigungen unseres Saatguts und unserer Ernten sicher verhindern.

- Sichern Sie verpflichtende Nachweisverfahren, Kontroll- und Referenzmaterial durch die Inverkehrbringer. Es braucht Rückverfolgbarkeit und Kontrolle in der Lebensmittelerzeugung.

- Sichern Sie Exit-Strategien. Bei Schäden für Mensch, Tier und Umwelt müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die NGTs sicher aus dem Verkehr zu ziehen.

- Sichern Sie den freien und ungehinderten Zugang zu genetischen Ressourcen und damit die Vielfalt in der Saatgutzüchtung. Setzen Sie sich für ein Verbot von Patenten auf Pflanzen und Tiere ein.

Ein ausführlicher Beitrag von der AbL-Expertin Annemarie Volling zum Stand der Gentechnik-Diskussion, zu den nächsten Schritten und den aktuellen Forderungen findet sich in der April-Ausgabe der Unabhängigen Bauernstimme.