Zu Beginn der Umweltministerkonferenz in Orscholz übergaben heute Bäuerinnen und Bauern der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) den Minister:innen ihr Forderungspapier zur geplanten Deregulierung neuer Gentechnik-Pflanzen. Die Bäuerinnen und Bauern fordern, dass die Minister:innen ihren Einfluss auf Bundes- und europäischer Ebene geltend machen sollen, um das EU-Vorsorgeprinzip und das Recht auf gentechnikfreie Erzeugung zu sichern – sowohl für biologisch als auch für konventionell wirtschaftende Betriebe.
Marlene Herzog, Bäuerin aus Contwig/Landkreis Südwestpfalz und Landesvorsitzende der AbL-Saarland/Rheinland Pfalz kommentiert: „Meine konventionellen Kolleginnen und Kollegen und ich wollen auch weiter das Recht und die Möglichkeit haben, gentechnikfreie Lebensmittel zu erzeugen. Aber durch die von der EU-Kommission geplante Deregulierung neuer Gentechnik-Pflanzen würden wir alle unsere Schutzmöglichkeiten vor Gentechnik-Verunreinigungen verlieren. Wir laufen Gefahr, dass unser Saatgut und unsere Ernte durch neue Gentechnik-Pflanzen verunreinigt werden. Dann könnten wir unsere Produkte nicht mehr als gentechnikfrei verkaufen. Wir würden das hohe Vertrauen unserer Kundinnen und Kunden und unsere wertvollen Märkte verlieren. Und: Wer zahlt uns die Schäden bei einer Verunreinigung mit Gentechnik? Das muss klar geregelt werden! Es kann nicht sein, dass die Gentechnik-Konzerne sich ihre Profite sichern, wir Bäuerinnen und Bauern aber auf den Schäden sitzen bleiben. Deshalb fordert die AbL klare Haftungsregelungen: Verursacher müssen für die Schäden aufkommen. Und wir fordern wirksame europäische Koexistenzregelungen, die uns vor Verunreinigungen schützen. Weiterhin braucht es Kennzeichnungspflicht bis zum Endprodukt und verpflichtende Nachweisverfahren durch diejenigen, die neue Gentechnik-Pflanzen auf den Markt bringen wollen. Nur so können wir die gentechnikfreie ökologische und konventionelle Lebensmittelerzeugung sichern!“
Annemarie Volling, AbL-Gentechnik-Expertin ergänzt: „Für Bäuerinnen und Bauern steht viel auf dem Spiel: Sollte der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission so oder so ähnlich durchkommen, wäre eine gentechnikfreie Saatgutzüchtung und Lebensmittelerzeugung nicht mehr möglich. Weder ökologisch noch konventionell. Unsere Wettbewerbsvorteile, die große Nachfrage nach gentechnikfreien Produkten zu bedienen, würden zerstört. Dem sollten die amtierenden Umweltminister:innen klar entgegentreten. Wir haben Verantwortung auch für zukünftige Generationen. Das EU-Vorsorgeprinzip auszuhebeln und den allergrößten Teil der zu erwartenden neuen Gentechnik-Pflanzen ohne Risikoprüfung, Nachweisverfahren, Rückverfolgbarkeit und Rückholbarkeit in unsere Umwelt und Lebensmit-telerzeugungskette zu entlassen, ist verantwortungslos. Einmal mehr, weil auch keine Haftungs-regelungen vorgesehen sind. Weder im wirtschaftlichen Schadensfall bei Verunreinigungen unserer Ernten oder des Saatguts, noch für mögliche Schäden der Gesundheit für Mensch und Tier oder Umwelt. Zudem soll den Bürger:innen ihre Wahlfreiheit beim Lebensmitteleinkauf entzogen werden. Auch für die absehbare Patentierungswelle durch die neuen Gentechnik-Pflanzen werden wirksame Lösungsvorschläge bisher abgelehnt. Deshalb fordern wir die Umweltminister:innen auf: Stärken Sie das EU-Vorsorgeprinzip, sorgen Sie für Wahlfreiheit und sichern sie das Recht, auch in Zukunft gentechnikfreie Lebensmittel erzeugen zu können!“