Wissenschaftler: Die GAP-Strategiepläne sollten verbessert werden

Um dem Verlust der biologischen Vielfalt aufzuhalten, könnte sich die Europäische Union bei der Gestaltung ihrer künftigen Agrarpolitik an sechs Grundsätzen orientieren, begleitet von mehrjährigen Vereinbarungen und progressiven Zahlungssystemen. Dies sind die Kernpunkte der Empfehlungen von über 300 Wissenschaftler:innen aus 23 EU-Mitgliedstaaten, die im Auftrag der Europäischen Kommission konsultiert wurden. Das teilt das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) mit Verweis auf eine jetzt veröffentlichte Zusammenfassung der Ergebnisse dieses Konsultationsprozesses mit.

Ein besonderer Schwerpunkt der Studie liegt auf dem neuen GAP-Instrument „Öko-Regelungen“ (Eco-Schemes). Über diese könnten die aktuell verfügbaren Mittel, zur Erhaltung der biologischen Vielfalt fast verdoppelt werden. Die Autoren zeigen auf, welche Maßnahmen wahrscheinlich wirksam sind (wie, zum Beispiel, Brachflächen und extensiv-genutztes Grünland). Sie warnen aber auch vor dem Risiko, dass große Teile des Budgets der Öko-Regelungen für die Beibehaltung des Status quo ausgegeben werden, anstatt die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen zu verbessern. „Dieses Risiko ist durchaus realistisch, wenn man sich die von den Mitgliedstaaten vorgelegten Strategiepläne ansieht“, sagt Pe'er. „Die Strategiepläne sollten verbessert werden – entweder vor ihrer Umsetzung oder kurz danach. Bei den Anpassungen muss auch die Weltmarktsituation berücksichtigt werden. Außerdem müssen wir sicherstellen, dass wir nicht den Zusammenbruch von Ökosystemen und Ernteausfälle herbeiführen, indem wir als Reaktion auf den Krieg noch mehr Druck auf die Flächen und die Biodiversität ausüben“, erklärt Dr. Guy Pe'er, Ökologe beim iDiv und am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und Hauptautor der Studie.

Prof. Sebastian Lakner, Agrarökonom an der Universität Rostock und Mitautor der Studie, betont: „Unsere Studie kommt zu einem wichtigen Zeitpunkt, da der Krieg in der Ukraine auch zu Turbulenzen auf den internationalen Agrarmärkten geführt hat. Gerade in einer solchen Zeit der multiplen Krisen brauchen wir rationale und kosteneffiziente Entscheidungen. Angesichts des hohen Preisniveaus auf dem Weltmarkt sollten wir höhere Zahlungen für Öko-Regelungen und Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AECM) in Betracht ziehen, um die erforderlichen Biodiversitätseffekte in der EU zu erzielen. Mit kleinen Änderungen können wir die knappen Steuermittel besser nutzen und in effiziente Öko-Regelungen und AECM investieren. Ohne eine solche zielgerichtete Anpassung kann diese GAP-Reform 2021 zu einer verpassten Chance werden.“

Die sechs Grundsätze, die aus der Konsltation hervorgingen und die nach Ansicht der Wissenschaftler:innen für den erfolgreichen Biodiversitätsschutz durch die GAP entscheidend sind, lauten: 

  • Schutz und Wiederherstellung von (halb-)natürlichen Landschaftselementen und extensivem Grünland,
  • Belohnung von Vielfalt und Multifunktionalität, z. B. durch Zahlungen, die proportional zum Umweltnutzen sind, oder durch die Bündelung von Maßnahmen, die zusammen mehrere Umweltziele erfüllen,
  • Verbesserung der Raumplanung, damit die Maßnahmen auf Landschaftsebene umgesetzt werden, 
  • Unterstützung der kooperativen und koordinierten Umsetzung der GAP, z. B. durch Gruppen von Landwirten-, um die Zusammenarbeit untereinander zu verbessern, wodurch größere Gebiete abgedeckt werden könnten,
  • Ausweitung ergebnisorientierter Ansätze, bei denen die Landwirte mehr Freiraum bei der Erreichung eines bestimmtes Umweltziels erhalten – im Gegensatz zu Ansätzen, die Landwirten vorschreiben, was zu tun ist,
  • Förderung einer besseren Kommunikation und eines stärkeren Engagements mit und unter den Landwirten, um die Umsetzung von Pflichtmaßnahmen und die Akzeptanz freiwilliger Maßnahmen zu verbessern.

 

04.07.2022
Von: FebL/PM

Artenreiches Grünland im Erzgebirge bei Fürstenau, Deutschland. Bild: Sebastian Lakner