Widerstandsfähigere Systeme gegen den Klimawandel notwendig

Kommissionvizepräsident Maroš Šefčovič hat im EU-Parlament auf stärkere gemeinsame Anstrengungen der Europäischen Union bei der Bekämpfung des Klimawandels sowie bei den Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel gedrängt. Für den grünen EU-Angeordneten Martin Häusling ist die Klimaanpassung der Landwirtschaft die dringendste Aufgabe. Der Agrarsprecher der Europäischen Volkspartei (EVP), Herbert Dorfmann, fordert einen Aktionsplan, der sich unter anderem mit Technologien zum effizienteren Einsatz von Bewässerungsanlagen und neuen Biotechnologien zur Züchtung trockenheitsresistenter Sorten befasst.

Mit Verweis auf die neuesten wissenschaftlichen Zahlen erklärt Kommissionvizepräsident Maroš Šefčovič, „dass wir seit 2017 die intensivsten Waldbrände erlebt haben, die es je in Europa gab, und dass wir leider davon ausgehen, dass die Waldbrandsaison 2022 diesem Trend folgen könnte.“ In ähnlicher Weise zeigten die Zahlen, „dass die derzeitige Dürre in Europa die schlimmste aller Zeiten werden könnte.“ Mit Blick auf den Wald gelte es, wie im Rahmen des Green Deal vorgesehen, „unsere Wälder biodiverser und widerstandsfähiger zu machen.“ Das sei „ein Beispiel dafür, wie wir die Prävention stärken und das Katastrophenrisiko verringern können, indem wir mit der Natur und nicht gegen sie arbeiten.“ Es gelte insgesamt, „unsere Systeme widerstandsfähiger zu machen.“

Insbesondere mit Blick auf die auftretende Dürre erklärte Herbert Dorfmann im EU-Parlament, dass auch die Landwirtschaft lernen müsse, Wasser zu sparen. „Wir müssen in die Forschung investieren, um Systeme für eine effiziente Nutzung des verfügbaren Wassers zu finden. Präzisionslandwirtschaft, Sensoren und Satellitensysteme können hier einen wichtigen Beitrag leisten“, so Dorfmann. Auch immer mehr trockenheitsresistente Pflanzen würden benötigt. „Die genetische Verbesserung und auch der Einsatz neuer Biotechnologien sind notwendiger denn je, und wir müssen endlich auch in diesem Parlament Gesetze erlassen, um diese Technologien in Europa anwendbar zu machen.“ Und auch die Möglichkeiten der Agrarpolitik, beispielsweise mit den GAP-Strategieplänen, gelte es besser zu nutzen.

Vor dem Hintergrund des Berichts der Kommission zur jüngsten Hitzewelle und Dürre in der EU, erklärt Martin Häusling, agrarpolitscher Sprecher der Grünen im Europäischem Parlament und Mitglied im Umweltausschuss: „Die Klimakrise findet nicht in der Zukunft statt, sie ist Gegenwart. Die Landwirtschaft muss, widerstandsfähiger werden: gegen Dürre, aber auch gegen Starkregen. Wird dies ignoriert, könnte dies katastrophale Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion haben.“

Anfang Juni erreichte Europa Temperaturrekorde am Fließband. Am Samstag, dem 18. Juni, wurden allein in Frankreich 203 Hitzerekorde für diesen Monat gebrochen oder überboten und 18 Rekorde für die heißeste Temperatur zu irgendeiner Jahreszeit aufgestellt. „Diese beispiellose Hitze folgt auf einen der trockensten Winter aller Zeiten. Die daraus resultierende Dürre sollten wir als Alarmsignal sehen. Auch jenseits des Atlantischen Ozeans stehen die südwestlichen Bundesstaaten der USA vor der schlimmsten Dürre seit 1.200 Jahren. Wissenschaftler sind sich weltweit einig, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel Gegenwart ist“ so Häusling.

In Ostafrika habe es seit vier Jahren kaum noch geregnet und es erwarte uns dort eine humanitäre Katastrophe. Millionen von Menschen sind von Wasserknappheit bedroht. Die Lebensmittelpreise sind zusätzlich aufgrund schlechter Ernten und der Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die Getreideexporte rapide angestiegen. „Mehr als 18 Millionen Menschen in Äthiopien, Kenia und Somalia leben in akuter Ernährungsunsicherheit und wissen nicht, wann sie etwas zu essen haben werden.“

Die Situation in Europa ist nach Ansicht von Häusling nicht so drastisch wie in den USA und schon gar nicht vergleichbar mit der Tragödie, die sich in Ostafrika abspielt. Dennoch sei der Trend derselbe, „wir müssen dringend unsere Nahrungsmittelproduktion resilienter machen!“

Die Agrarindustrie versuche seit langem die Farm-to-Fork-Strategie der EU-Kommission zu kippen, und sei sich auch nicht zu schade, den Ukrainekrieg dafür in rhetorische Geiselhaft zu nehmen. „Doch zur Farm-to-Fork-Strategie, dem landwirtschaftlichen Teil des ‚Green Deals‘, gibt es aus meiner Sicht derzeit keine Alternative. Klimaanpassung und Artenschutz verlangen durchgreifende Veränderungen. Mehr ökologisch angepasste Anbauweisen, mehr Vielfalt, weniger Pestizide, weniger synthetischer Dünger, daran führt kein Weg vorbei“, erklärt der grüne EU-Abgeordnete und verweist dabei auch auf das internationale Expertengremium für nachhaltige Ernährungssysteme (IPES Food). Das hat im März 2021 den Hauptaussagen des Weltagrarberichtes von 2009 noch einmal Nachdruck verliehen. „Aussage: Es ist klar, dass eine agrarindustriell geprägte Zukunft nicht in der Lage sein wird, den Planeten und seine Nahrungsmittelsysteme wieder in einen überlebensfähigen Zustand zu bringen. Im Gegensatz dazu könnte eine Änderung des Systems, die auf Ernährungssouveränität und Agrarökologie setzt, 75 Prozent der Treibhausgasemissionen der Nahrungsmittelsysteme reduzieren und in den nächsten 25 Jahren unschätzbare Vorteile für das Leben und die Lebensgrundlagen von Milliarden von Menschen mit sich bringen. Darauf sollten wir hören!“

 

12.07.2022
Von: FebL/PM

Die Folgen des Klimawandels: Dürre und Trockenheit. Foto: pixabay