Im Jahr 2022 ist der Umsatz mit „Ohne Gentechnik“-Produkten in Deutschland um rund 21 Prozent auf knapp 16 Milliarden Euro gestiegen. Bei Eiern war das Wachstum mit über 24 Prozent noch stärker. Das teilt der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) mit. Für Rita Hagl-Kehl, SPD-Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft zeigt diese Entwicklung, dass Verbraucherinnen und Verbraucher zunehmend Wert auf gentechnikfreie Produkte legen, wie wichtig eine entsprechende Kennzeichnung ist und sie erklärt, dass die SPD sich mit Blick auf die Neue Gentechnik weiterhin für das Vorsorgeprinzip einsetzen wird. Und auch der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) sieht mit Blick auf die Überlegungen der EU-Kommission zur Novellierung des EU-Gentechnikrechts „das Vorsorgeprinzip, die Vorgaben zur Rückverfolgung und Kennzeichnung und damit die Wahlfreiheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern weiterhin als Eckpfeiler auch einer möglichen Neuregelung“.
Zu den Umsatzzahlen der „Ohne-Gentechnik“-Produkte erklärt VLOG-Geschäftsführer Alexander Hissting: „Das erfreuliche Wachstum zeigt, dass ‚Ohne Gentechnik‘ bei Verbraucherinnen und Verbrauchern weiterhin hoch im Kurs steht. Auch wenn die Interpretation im Detail schwierig ist, zeigen die Zahlen in jedem Fall, dass ,Ohne Gentechnik‘ sich auch im Krisenjahr 2022 sehr gut entwickelt hat, trotz aller Unkenrufe etwa über angeblich nicht verfügbare Futtermittel. Welchen Anteil am Wachstum Inflationseffekte haben, lässt sich nicht konkret beziffern. Klar ist aber, dass auch darüber hinaus das Plus größer ist als erwartet.“
„Zu Ostern freut uns das überdurchschnittliche Wachstum bei ,Ohne Gentechnik‘-Eiern ganz besonders. In unserer drittgrößten Produktgruppe können wir ein Umsatzplus um fast ein Viertel von 1,1 auf knapp 1,4 Milliarden Euro verzeichnen. Nach Branchenschätzungen werden inzwischen rund zwei Drittel der Eier in Deutschland ohne Gentechnik-Hühnerfutter hergestellt, darin sind auch die ebenfalls gentechnikfreien Bio-Eier enthalten“, so Hissting.
Keine versteckte Gentechnik im Osterei – EU-Standards bewahren!
Umso wichtiger sei es, die erfolgreiche ,Ohne Gentechnik‘-Wirtschaft vor der drohenden Absenkung der EU-Gentechnik-Standards zu bewahren, um weiterhin zuverlässig Transparenz für Verbraucher:innen gewährleisten zu können. „Gentechnik im Osterei künftig zu verstecken ist eine schlechte Idee, das muss auch der EU-Kommission klar sein“, mahnt der VLOG-Geschäftsführer.
Den größten Anteil an den fast 16 Milliarden Euro Verbraucherausgaben für „Ohne Gentechnik“-Produkte machten auch im Jahr 2022 Milch und Milchprodukte mit 11 Milliarden Euro (69 Prozent) aus. Mit Geflügelfleischprodukten wurden 3,1 Milliarden Euro (19 Prozent), mit Eiern 1,4 Milliarden Euro (9 Prozent) und mit sonstigen Produkten 0,5 Milliarden Euro (3 Prozent) erzielt.
Die Zahlen beruhen auf Auskünften der Lizenznehmer des „Ohne GenTechnik“-Siegels zuzüglich pauschaler Handelsspanne und Mehrwertsteuer. Nach den Prognosen der bisherigen Lizenznehmer würde sich der „Ohne Gentechnik“-Umsatz 2023 um 0,6 Prozent erhöhen. Die Prognosen wurden im Januar und Februar 2023 abgegeben. Angesichts weiter anhaltender Inflation und anderer Marktunsicherheiten ist die Vorhersage allerdings mit deutlich mehr Unsicherheiten behaftet als in früheren Jahren.
Hagl-Kehl: Es muss sich für die Landwirtinnen und Landwirte lohnen, gentechnikfrei zu wirtschaften
Anlässlich der vom VLOG vorgelegten Zahlen erklärt die SPD-Bundestagsabgeordnete Rita Hagl-Kehl: „Das Ohne Gentechnik-Siegel bewährt sich auch in Krisenzeiten eindrücklich. Es ermöglicht den Verbraucherinnen und Verbrauchern, sich beim Einkauf bewusst für oder gegen gentechnisch veränderte Produkte zu entscheiden. Eine eindeutige Kennzeichnung ist deshalb umso wichtiger, um die notwendige Transparenz zu schaffen. Das Siegel trägt dazu bei, dass die Lebensmittelwirtschaft den Verbraucherwünschen und -anforderungen besser gerecht wird. Es ermöglicht eine klare Unterscheidbarkeit im Markt und hilft dabei, neue Absatzmärkte zu erschließen. Der konstante Umsatzanstieg in den vergangenen Jahren untermauert die grundsätzlich große Nachfrage nach Produkten, die ohne Gentechnik hergestellt werden. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass es sich für unsere Landwirtinnen und Landwirte weiterhin lohnt, gentechnikfrei zu produzieren, ohne einen Wettbewerbsnachteil zu haben.“ Und angesichts der Deregulierungspläne auf EU-Ebene erklärt die SPD-Vertreterin: „Mit Blick auf die Zulassung neuer gentechnischer Verfahren werden wir weiter nach dem Vorsorgeprinzip handeln: Für neue Gentechniken muss ein striktes Zulassungsverfahren und die Kennzeichnungspflicht gelten. Es muss weiterhin gelingen, sowohl die konventionelle als auch die ökologische Landwirtschaft vor gentechnischen Verunreinigungen zu schützen.“
BVLH: Vorsorgeprinzip, Vorgaben zur Rückverfolgung und Kennzeichnung als Eckpfeiler
Ähnlich äußert sich in seiner jüngsten Mitteilung auch der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH): „Die Unternehmen des Lebensmittelhandels haben sich von Beginn an im Rahmen der Gentechnikdiskussion für höchstmögliche Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher ausgesprochen. In den zurückliegenden Jahren wurden neue gentechnische Verfahren (wie CRISPR/Cas) entwickelt, die es erlauben, zielgerichtete Eingriffe im Erbmaterial einer Zelle durchzuführen. Hierzu hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom Juli 2018 festgestellt, dass die neuen Verfahren in die geltende EU-Gentechnik-Gesetzgebung eingeordnet werden müssen. Auch die im April 2021 vorgelegte EU-Studie zu den neuen Genomtechniken bestätigt dies, lieferte aber gleichzeitig den Auftakt für die Diskussion, um mögliche politische Optionen zu prüfen“, erklärt der BVLH.
Für den Lebensmittelhandel sei die Regulierung neuer gentechnischer Verfahren und der daraus gewonnenen Produkte europarechtlich nachvollziehbar. Damit würden auch diese Produkte einem Zulassungsverfahren mit einer Risikoprüfung unterworfen. „Die nach diesem Verfahren vorgeschriebene Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit sichert Verbraucherinnen und Verbrauchern Wahlmöglichkeit und eine eigenverantwortliche Kaufentscheidung. Mit Blick auf die Ankündigung der EU-Kommission, noch im Jahr 2023 einen Vorschlag zur Novellierung des EU-Gentechnikrechts vorzulegen, werden Überlegungen laut, für spezifische Techniken und Anwendungsbereiche, die auch in natürlichen Prozessen möglich sein können, gesonderte Regelungen zu schaffen. Der Handel sieht das Vorsorgeprinzip, die Vorgaben zur Rückverfolgung und Kennzeichnung und damit die Wahlfreiheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern weiterhin als Eckpfeiler auch einer möglichen Neuregelung“, heißt es in der BVLH-Stellungnahme.
Weiter sieht der Handel die EU-Kommission sowie die nationalen Regierungen gefordert, die Entwicklung und Bereitstellung von Nachweisverfahren für Produkte, die mit neuer Gentechnik erzeugt wurden, mit hoher Priorität voranzutreiben. Dies gelte insbesondere dann, wenn entsprechende Produkte aus Drittländern in die Europäische Union eingeführt werden sollten.